Entscheidungsstichwort (Thema)
Einreihung von Filmrecordern in den Zolltarif; Bindung an die Zulassung der Revision durch das FG
Leitsatz (NV)
- Filmrecorder, die die von einem Personal Computer stammenden digitalen Daten umwandeln, damit sie für die Belichtung eines Filmes verwendet werden können, sind als andere Ausgabeeinheiten in die Unterpos. 8471 92 90 KN einzureihen, weil sie ausschließlich mit einem automatischen Datenverarbeitungssystem zusammenarbeiten können. Es handelt sich nicht um Maschinen mit "eigener Funktion".
- Eine Einreihungsverordnung der Kommission gilt stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat. Sie kann auch nicht als Argumentationshilfe herangezogen werden, wenn die Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten nicht mit derjenigen der im Streitfall einzureihenden Ware übereinstimmt (Fortführung des BFH-Beschlusses vom 22. April 2002 VII B 142/01, BFH/NV 2002, 1183).
- Eine Einreihungsverordnung der Kommission kann nicht analog bei der Einreihung von Waren angewendet werden, die vor ihrem Inkrafttreten eingeführt wurden (Fortführung des BFH-Urteils vom 14. Dezember 1999 VII R 78/98, BFH/NV 2000, 898).
- Die frühere Rechtsprechung des BFH, wonach keine Bindung des Revisionsgerichts an eine offensichtlich gesetzwidrige Zulassung der Revision durch das FG bestand, ist durch § 115 Abs. 3 FGO überholt.
Normenkette
KN 1993 Pos. 8471 UPos. 9290; KN 1993 Kap. 84 Anm. 5 B; KN 1993 Pos. 9006 UPos. 5900; FGO § 115 Abs. 3
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte in den Jahren 1991 bis 1993 Lasergraphic Filmrecorder (Filmrecorder) aus den USA ein und ließ diese beim Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt ―HZA―) in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Die Filmrecorder befinden sich in einem Metallgehäuse und werden mit einem Kabel an einen Personal Computer (PC) angeschlossen. Ohne diesen Anschluss können sie nicht arbeiten. In dem Gehäuse ist ein Prozessor vorhanden, der die von dem PC übermittelten digitalen Daten durch eine Aufteilung in die drei Grundfarben rot, grün und blau verarbeitet. Diese Farben werden nacheinander auf eine Kathodenstrahlröhre übertragen, die einen Lichtstrahl für jede Farbe erzeugt, der durch einen Farbfilter auf einen zu belichtenden Film projiziert wird. Der zu belichtende Film befindet sich in einem Kamerarückteil des Geräts. Ohne den dort vorhandenen Kabelanschluss kann das Kamerarückteil nicht aktiviert werden. Wenn die Bearbeitung von Bildern oder Graphiken in einem PC abgeschlossen ist, wird der an den PC angeschlossene Filmrecorder aktiviert, indem ein Druckauftrag in den PC eingegeben wird. Der sodann belichtete Film muss grundsätzlich konventionell in einem Labor entwickelt werden.
Die Klägerin meldete die Filmrecorder in ihren in dem Zeitraum vom 31. Dezember 1991 bis zum 21. Juni 1993 abgegebenen Zollanmeldungen unter der Unterpos. 8471 92 90 der Kombinierten Nomenklatur (KN) an.
Im Anschluss an eine Außenprüfung kam das HZA zu dem Ergebnis, dass die Filmrecorder in die Unterpos. 9006 59 00 KN einzureihen seien. Es forderte deshalb mit Steueränderungsbescheiden vom 23. Dezember 1994, 27. Februar 1995 und 20. Dezember 1995 insgesamt … DM Zoll von der Klägerin nach.
Nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 1996) erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG). Während des finanzgerichtlichen Verfahrens erstattete das HZA der Klägerin … DM Zoll. Das FG gab der Klage aus den in der Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 2002, 170 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der Revision macht das HZA geltend, entgegen der vom FG vertretenen Auffassung sei die Übertragung von Bilddaten auf einen lichtempfindlichen Film, um dadurch ein Diapositiv oder ein Papierbild herzustellen, die wesentliche Funktion des Filmrecorders. Indem das FG dieser fotografischen Funktion nicht die erforderliche Bedeutung beigemessen habe, habe es die Anm. 5 E zu Kap. 84 KN nicht beachtet. Unzutreffend sei ferner die Ansicht des FG, das in der Verordnung (EWG) Nr. 646/89 (VO Nr. 646/89) der Kommission vom 14. März 1989 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ―ABlEG― Nr. L 71/20) beschriebene Gerät zum Übertragen von auf Magnetband aufgezeichneten Informationen auf Mikrofilm könne nicht mit dem Filmrecorder verglichen werden. Vielmehr könnten auch hiermit digital gespeicherte Daten auf einen lichtempfindlichen Film übertragen werden. Anders als das FG meine, sei der Filmrecorder hinsichtlich seines technischen Aufbaus und seiner Funktion mit dem in der Verordnung (EG) Nr. 1508/2000 (VO Nr. 1508/2000) der Kommission vom 11. Juli 2000 (ABlEG Nr. L 174/3) beschriebenen Digitalfilmrecorder zu vergleichen. Ein solcher Digitalfilmrecorder müsse auch mit einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine zusammenarbeiten. Unzutreffend sei ferner die Ansicht des FG, der in dem Avis zum Harmonisierten System (HS) zu Unterpos. 9006 10 Rz. 04.0 genannte Laserfotoplotter könne nicht mit dem Filmrecorder verglichen werden. Der Laserfotoplotter gebe gleichfalls ein gespeichertes und in digitalisierter Form vorhandenes Bild wieder. Der Umstand, dass der Laserfotoplotter mit einem Laserstrahl, der Filmrecorder jedoch mit einer Kathodenstrahlröhre zusammenarbeite, sei demgegenüber unerheblich. In Anbetracht der in den Vertragsstaaten des HS-Übereinkommens und in der Gemeinschaft herrschenden Tarifierungsauffassung, wonach Geräte zur Übertragung digital gespeicherter Daten auf lichtempfindliche Träger in die Pos. 9006 HS einzureihen seien, sei der Hinweis des FG auf eine Entwicklung in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) bei der Auslegung der Anm. 5 zu Kap. 84 KN unschlüssig. Das Übertragen von digital gespeicherten Daten auf einen lichtempfindlichen Träger unter Anwendung fotografischer Techniken sei als eigene Funktion i.S. der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN anzusehen, die nicht der Datenverarbeitung zuzurechnen sei.
Das HZA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise sie als unbegründet zurückzuweisen.
Sie trägt vor, die Revision sei unzulässig, weil sie vom FG nicht nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hätte zugelassen werden dürfen. Darüber hinaus genüge die Revisionsbegründung des HZA nicht den Erfordernissen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO. Das HZA setze sich nicht mit dem vom FG angewendeten Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Fall FGO auseinander. Ferner habe das HZA keine Rechtsnorm bezeichnet, die für die Annahme einer Rechtsverletzung in Frage kommen könne. Das Rechtsschutzziel des HZA sei nicht erkennbar. Die Revisionsbegründung enthalte nur unsubstantiierte Angriffe gegen das Urteil der Vorinstanz. Es sei noch nicht einmal ersichtlich, dass einer Einreihung des Filmrecorders in die Pos. 8471 KN widersprochen werde. Die Revision sei jedenfalls unbegründet. Das FG habe den Filmrecorder zutreffend in die Pos. 8471 KN eingereiht. Die Hauptaufgabe des Filmrecorders sei es, die von einem PC stammenden Daten lesbar zu machen. Hierbei handele es sich nicht um eine eigene Funktion i.S. der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN, weil das Gerät nicht ohne einen PC arbeiten könne. Die VO Nr. 1508/2000 könne nicht rückwirkend angewendet werden. Darüber hinaus könne der dort beschriebene Digitalfilmrecorder nicht mit den von ihr eingeführten Filmrecordern verglichen werden.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Revision ist statthaft. Das FG hat die Revision zugelassen (§ 115 Abs. 1 FGO). Hieran ist der Senat gebunden (§ 115 Abs. 3 FGO). Die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach keine Bindung an eine offensichtlich gesetzwidrige Zulassung der Revision bestand (vgl. etwa BFH, Urteil vom 27. März 1991 VI R 51/88, BFHE 164, 75, 78, BStBl II 1991, 575, 576), ist durch § 115 Abs. 3 FGO überholt.
Die form- und fristgerecht eingelegte Revision ist auch zulässig. Insbesondere genügt die Revisionsbegründung des HZA den Erfordernissen des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO.
a) Die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO), erfordert, dass die erhobene Rüge eindeutig erkennen lassen muss, welche Norm der Revisionskläger für verletzt hält. Ferner muss der Revisionskläger die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angeben, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen. Das folgt aus dem Sinn und Zweck des § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO, das Revisionsgericht zu entlasten und den Revisionskläger zu zwingen, Inhalt, Umfang und Zweck des Revisionsangriffs von vornherein klarzustellen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2002 VII R 109/00, BFH/NV 2002, 1185, m.w.N. zur Vorgängerregelung in § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO a.F.). Demgemäß muss sich der Revisionskläger mit den tragenden Gründen des finanzgerichtlichen Urteils auseinander setzen und darlegen, weshalb er diese für unrichtig hält (vgl. BFH, Beschluss vom 16. Oktober 1998 III R 7/98, BFH/NV 1999, 501, 502; Urteil vom 16. März 2000 III R 21/99, BFHE 192, 169, 172, BStBl II 2000, 700, 702). Demgegenüber ist es nicht erforderlich, dass sich der Revisionskläger noch mit den Zulassungsgründen des § 115 Abs. 2 FGO auseinander setzt. Denn die Zulassung der Revision führt zur sog. Vollrevision, mit der sämtliche nach § 118 Abs. 1 FGO zulässigen Revisionsgründe vorgebracht werden können (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235, 236).
b) Das HZA hat in seiner Revisionsbegründung dargelegt, welche Rechtsnormen es durch die Entscheidung der Vorinstanz für verletzt hält. So hat das HZA die Verletzung der Anm. 5 E zu Kap. 84 KN sowie der VO Nr. 646/89 und der VO Nr. 1508/2000 gerügt. Dabei ist es unerheblich, dass die Anm. 5 E zu Kap. 84 KN erstmals durch die Verordnung (EG) Nr. 3009/95 (VO Nr. 3009/95) der Kommission vom 22. Dezember 1995 (ABlEG Nr. L 319/1) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1996 eingeführt wurde, während hier noch die KN i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 2472/90 der Kommission vom 31. Juli 1990 (ABlEG Nr. L 247/1), der Verordnung (EWG) Nr. 2587/91 der Kommission vom 26. Juli 1991 (ABlEG Nr. L 259/1) sowie der Verordnung (EWG) Nr. 2505/92 der Kommission vom 14. Juli 1992 (ABlEG Nr. L 267/1) anzuwenden ist. Denn Anm. 5 E zu Kap. 84 KN i.d.F. der VO Nr. 3009/95 entspricht im Wesentlichen der Anm. 5 B letzter Absatz zu Kap. 84 KN in der hier maßgeblichen Fassung (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juni 2001 Rs. C-479/99 ―CBA Computer―, EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 25).
c) Das HZA hat sich auch mit den tragenden Gründen des finanzgerichtlichen Urteils auseinander gesetzt und dargelegt, weshalb diese unrichtig sein sollen. So hat das HZA nicht nur im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen das FG die genannten Rechtsnormen unzutreffend angewendet haben soll. Es hat sich insbesondere mit der vom FG vertretenen Ansicht auseinander gesetzt, wonach bei der Auslegung der Anm. 5 zu Kap. 84 KN die Entwicklung in der Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen sei. Es ist auch erkennbar, dass sich das HZA gegen die Einreihung der Filmrecorder in die Pos. 8471 KN wendet. Dies ergibt sich aus dem Hinweis auf das Avis (HS) zur Unterpos. 9006 10 Rz. 04.0. Die hiernach vom HZA für richtig gehaltene Einreihung der Filmrecorder in die Pos. 9006 KN schließt notwendig eine Einreihung in die Pos. 8471 KN aus.
2. Die Revision ist jedoch unbegründet. Das FG hat zutreffend erkannt, dass die von der Klägerin eingeführten Filmrecorder in die Pos. 8471 KN und nicht in die Pos. 9006 KN einzureihen sind. Die Voraussetzungen für die Nachforderung des Zolls nach Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1697/79 des Rates vom 24. Juli 1979 (ABlEG Nr. L 197/1) sowie ―soweit die Zollschuld hier nach dem 31. Dezember 1993 entstanden ist― nach den Art. 220 Abs. 1 Satz 1, 221 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 (ABlEG Nr. L 302/1) liegen deshalb nicht vor.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH wie auch des erkennenden Senats (vgl. etwa EuGH-Urteil vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00 ―Turbon International―, EuGHE 2002, I-1389 Rdnr. 21; Senatsurteile vom 23. Mai 2000 VII R 1/99, BFH/NV 2000, 1266, 1267; vom 14. November 2000 VII R 83/99, BFH/NV 2001, 499; vom 9. Oktober 2001 VII R 69/00, BFH/NV 2002, 560, 561) ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt sind. Dazu gibt es auch Erläuterungen (Erl), die für das HS vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens sowie für die KN von der Europäischen Kommission ausgearbeitet wurden und ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen darstellen (vgl. EuGH-Urteil in EuGHE 2002, I-1389 Rz. 22).
b) Aus dem Wortlaut der Pos. 8471 KN ergibt sich, dass diese u.a. automatische Datenverarbeitungsmaschinen und ihre Einheiten erfasst. In die Unterpos. 8471 92 90 KN sind (andere) Ein- oder Ausgabeeinheiten einzureihen. In den ErlHS ―zu Pos. 8471/2 Rz. 20.0 bis 23.0― werden die Begriffe Ein- und Ausgabeeinheit definiert. Ein vollständiges digitales Datenverarbeitungssystem hat nach den ErlHS neben der Zentraleinheit mindestens eine Eingabeeinheit, welche die einzugebenden Daten empfängt und sie in Signale umwandelt, die von der Maschine verarbeitet werden können. Ferner ist eine Ausgabeeinheit vorhanden, welche die von der Maschine gelieferten Signale in eine verständliche Form (z.B. in geschriebene Texte oder in Grafiken oder Bildschirmanzeigen, usw.) umwandelt oder in codierte Daten für andere Verwendungszwecke (z.B. für die Verarbeitung oder die Steuerung, usw.) bereitstellt. Aus der Anm. 5 B Abs. 1 Satz 2 zu Kap. 84 KN in der hier maßgeblichen Fassung folgt, dass eine Einheit, die an die Zentraleinheit anschließbar und in der Lage ist, Daten in einer Form ―Codes oder Signale― zu empfangen oder zu liefern, die vom System verwendbar sind, als zu einem vollständigen System einer automatischen Datenverarbeitungsmaschine gehörender Teil anzusehen und mithin in die Pos. 8471 einzureihen ist (vgl. EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2000 Rs. C-339/98 ―Peacock―, EuGHE 2000, I-8947 Rdnr. 20; EuGH-Urteil in EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 22).
c) Die von der Klägerin eingeführten Filmrecorder wandeln die von einem PC gelieferten digitalen Daten um, damit sie für die Belichtung eines Films im Kamerarückteil der Geräte verwendet werden können. Wie das FG für den Senat bindend festgestellt hat (§ 118 Abs. 2 FGO), können die Filmrecorder ohne diesen Anschluss nicht arbeiten. Sie können ausschließlich mit einem automatischen Datenverarbeitungssystem zusammenarbeiten und sind in der Lage, Daten in einer Form ―Codes oder Signale― zu empfangen. Es handelt sich mithin um Ausgabeeinheiten i.S. der Unterpos. 8471 92 90 KN (vgl. ErlHS zu Pos. 8471 Rz. 23.0).
Die Voraussetzungen der Anm. 5 B letzter Abs. zu Kap. 84 KN liegen nicht vor. Danach sind Maschinen mit eigener Funktion, in die eine automatische Datenverarbeitungsanlage eingebaut ist oder die an eine automatische Datenverarbeitungsmaschine angeschlossen werden und mit ihr zusammenarbeiten, aus der Pos. 8471 KN auszuweisen (ebenso ErlHS zu Pos. 8471 Rz. 07.0 sowie zu Kap. 84 Rz. 51.0). Derartige Maschinen sind der ihrer Funktion entsprechenden Position, oder, falls keine solche Position vorhanden ist, der dann zutreffenden Sammelposition zuzuweisen. Eine eigene (andere) Funktion schließt danach die für "Einheiten" vorausgesetzte Beschaffenheit aus (vgl. Senatsurteile vom 17. September 1991 VII K 13/90, BFH/NV 1992, 351, 352; vom 24. November 1992 VII K 1/92, BFH/NV 1993, 759, 760; vom 7. November 2000 VII R 46/98, BFH/NV 2001, 352, 354). Von diesem Grundsatz geht auch die Rechtsprechung des EuGH aus. Hiernach können Maschinen, die an eine automatische Datenverarbeitungsanlage angeschlossen sind und mit dieser zusammenarbeiten, nur dann als Maschinen mit eigener Funktion angesehen werden, wenn sie eine andere Funktion als die der Datenverarbeitung ausüben (vgl. EuGH-Urteil vom 18. Dezember 1997 Rs. C-382/95 ―Techex―, EuGHE 1997, I-7363 Rdnr. 15, und EuGH-Urteil in EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 23). Der Begriff der Datenverarbeitung in diesem Sinne umfasst jedoch auch die Verarbeitung von Bildern. Denn diese stellen eine Unterform von Daten dar (vgl. EuGH-Urteile in EuGHE 1997, I-7363 Rdnr. 17, sowie in EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 24 und 27; Senatsurteil vom 10. März 1998 VII R 110/94, BFH/NV 1998, 1141, 1142). Die Umwandlung digitaler Bilddaten in solche, die auf einen zu belichtenden Film projiziert werden können, stellt sich daher nicht als eigene Funktion i.S. der Anm. 5 B letzter Abs. zu Kap. 84 KN dar. Es verbleibt deshalb bei der Einreihung der Filmrecorder in die Pos. 8471 KN.
d) Demgegenüber kommt eine Einreihung der Filmrecorder in die Pos. 9006 KN ―dort in die Unterpos. 9006 59 00 KN als (andere) Fotoapparate― nicht in Betracht. Die Ausweisungsvorschrift der Anm. 1 Buchst. m zu Abschn. XVI KN kommt hier nicht zum Tragen.
Die Filmrecorder bestehen nicht nur aus dem Kamerarückteil. Maßgebend für die Funktion dieser Geräte sind vielmehr der Prozessor und die Kathodenstrahlröhre, die die von einem PC gelieferten digitalen Daten umwandeln und für die Belichtung eines Films aufbereiten. Diese Funktion können die Filmrecorder nicht ohne den Prozessor und die Kathodenstrahlröhre ausüben. Das FG hat ferner für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass das Kamerarückteil ohne den Kabelanschluss nicht aktiviert werden kann. Dieses Kamerarückteil kann daher nicht als charakterbestimmender Bestandteil der Filmrecorder i.S. der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 3b angesehen werden. So hat auch der EuGH zu einem Gerät, dessen Funktion es ist, decodierte Computerdaten, die hauptsächlich aus einem Zentralcomputer stammen, in lesbare Schriftzeichen umzusetzen und auf Mikrofilm oder Mikrofiche zu übertragen, ausgeführt, dass der charakterbestimmende Bestandteil eines solchen Geräts nicht die fotografische Einrichtung sei (vgl. Urteil vom 12. Juli 1990 Rs. C-43/89 ―Gerlach―, EuGHE 1990, I-3219 Rdnr. 11).
Die von der Klägerin eingeführten Filmrecorder weisen zudem nicht die in den ErlHS zu Pos. 9006 Rz. 02.1 bis 25.3 beschriebenen Merkmale und Eigenschaften auf. Insbesondere handelt es sich nicht um Laserfotoplotter (ErlHS zu Pos. 9006 Rz. 21.3 und 25.3, Avise (HS) zu Unterpos. 9006 10 Rz. 04.0 und zu Unterpos. 9006 59 Rz. 06.0). Die Filmrecorder werden nicht zum Herstellen latenter Bilder von gedruckten Schaltungen verwendet (ErlHS zu Pos. 9006 Rz. 21.3, Avis (HS) zu Unterpos. 9006 59 Rz. 06.0). Der Senat teilt auch die Auffassung des FG, dass die Funktionsweise der von der Klägerin eingeführten Filmrecorder nicht mit derjenigen eines Laserfotoplotters i.S. der ErlHS zu Pos. 9006 Rz. 25.3 und des Avis (HS) zu Unterpos. 9006 10 Rz. 04.0 verglichen werden kann. Ein solches Gerät erzeugt ein Bild, indem die ausgewählten Grundfarben (Cyan, Magenta und Gelb) von einer automatischen Datenverarbeitungsanlage oder einem Rasterbildprozessor in gerasterte Daten umgesetzt werden. Dabei ist es unerheblich, ob ein bereits anderweitig gespeichertes Bild (nochmals) wiedergegeben wird. Die von der Klägerin eingeführten Filmrecorder wandeln indessen die von einem PC gelieferten digitalen Daten dergestalt um, dass sie auf einen zu belichtenden Film projiziert werden können, ohne dass hierbei gerasterte Daten entstehen. Unbeschadet dessen können die Filmrecorder ersichtlich nicht als Fotoapparate von der zum Herstellen von Klischees oder Druckformzylindern verwendeten Art i.S. der Unterpos. 9006 10 00 KN angesehen werden, wie dies der Avis (HS) zu Unterpos. 9006 10 Rz. 04.0 hinsichtlich des dort beschriebenen Laserfotoplotters voraussetzt.
e) Die VO Nr. 646/89 steht dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Einreihungsverordnungen gelten stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat (vgl. EuGH-Urteil vom 17. Mai 2001 Rs. C-119/99 ―Hewlett Packard BV―, EuGHE 2001, I-3981 Rdnr. 19; Senatsbeschluss vom 22. April 2002 VII B 142/01, BFH/NV 2002, 1183, 1184). Das im Anhang zur VO Nr. 646/89 beschriebene Gerät zum Übertragen von auf Magnetband aufgezeichneten Informationen auf Mikrofilm ist nicht mit den Filmrecordern identisch. Insbesondere ist dieses Gerät neben einem Bandgerät zum Abspielen des Magnetbandes mit einem Blitzlichtgerät, einem Fotoapparat sowie einer Einheit zum Entwickeln des Films und zum Herstellen von Abzügen in Form von Mikrofiches ausgestattet. Diese gänzlich andersartige Zusammensetzung schließt es auch aus, die VO Nr. 646/89 als Argumentationshilfe heranzuziehen, weil es sich noch nicht einmal um eine den in Rede stehenden Filmrecordern ähnliche Ware handelt (vgl. Senatsurteile vom 5. Oktober 1999 VII R 42/98, BFHE 190, 501, 506; vom 9. Mai 2000 VII R 14/99, BFH/NV 2001, 72, 73).
f) Schließlich kann sich das HZA für die von ihm vertretene Auffassung auch nicht auf die VO Nr. 1508/2000 stützen. Dabei kann dahinstehen, ob der im Anhang unter 3. zu dieser Verordnung beschriebene Digitalfilmrecorder mit den von der Klägerin eingeführten Filmrecordern verglichen werden kann. Die VO Nr. 1508/2000 ist nach ihrem Art. 3 erst am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im ABlEG ―am 13. Juli 2000― in Kraft getreten; ihr wurde keine Rückwirkung verliehen. Eine analoge Anwendung der VO Nr. 1508/2000 auf die hier fraglichen Einfuhren der Klägerin aus den Jahren 1991 bis 1993 scheidet deshalb aus (vgl. EuGH-Urteil vom 20. November 1997 Rs. C-338/95 ―S.I. Wiener GmbH―, EuGHE 1997, I-6495 Rdnr. 18; EuGH-Urteil in EuGHE 2001, I-4391 Rdnr. 31; Senatsurteil vom 14. Dezember 1999 VII R 78/98, BFH/NV 2000, 898, 900).
Der Senat hält die hiernach gebotene zolltarifliche Einreihung in die Pos. 8471 KN auf Grund der Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der Anm. 5 zu Kap. 84 KN für eindeutig. Ein Anlass zur Einholung einer erneuten Vorabentscheidung des EuGH besteht demnach nicht (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 ―C.I.L.F.I.T.―, EuGHE 1982, 3415 Rdnr. 16).
Fundstellen
BFH/NV 2003, 525 |
HFR 2003, 506 |