Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung des FA in Konkursmasse bei Unzulänglichkeit der Konkursmasse: zulässiger Rechtsbehelf, Unzulässigkeit der Vollstreckung, Darlegungslast und Beweislast des Konkursverwalters - Umsatzsteuer aus Verwertung von Sicherungsgut durch den Konkursverwalter als Massekosten - Geltendmachung von Steuerforderungen nach Konkurseröffnung
Leitsatz (amtlich)
1. Die sich aus der Unzulänglichkeit der Konkursmasse ergebende Unzulässigkeit der Vollstreckung des FA in die Konkursmasse ist mit der Anfechtungsklage geltend zu machen.
2. Eine Vollstreckung des FA als Massegläubiger in die Konkursmasse ist unzulässig, wenn sich ihre Unzulänglichkeit i.S. von § 60 KO herausgestellt hat.
3. Zur Darlegungslast und Beweislast des Konkursverwalters hin- sichtlich der von ihm geltend gemachten Unzulänglichkeit der Konkursmasse.
Orientierungssatz
1. Die Vollstreckungsgegenklage, mit der die Erklärung der Unzulässigkeit der vom FA betriebenen Vollstreckung unmittelbar durch das Gericht angestrebt wird, ist im steuerlichen Vollstreckungsverfahren nicht gegeben.
2. Eine Umsatzsteuerforderung, die aus der Lieferung von sicherungsübereignetem Vorratsvermögen durch den Konkursverwalter entstanden ist, gehört zu den Massekosten nach § 58 Abs.2 KO.
3. Nach Konkurseröffnung sind für die Geltendmachung aller Steuerforderungen gegen die Konkursmasse die Vorschriften der KO maßgeblich.
4. Die Masseunzulänglichkeit als Einwendung gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung ist vom Konkursverwalter geltend zu machen. Diesen trifft die Darlegungslast und Beweislast für die Voraussetzungen des § 60 KO. Der Beweis ist nicht allein dadurch als geführt anzusehen, daß der Konkursverwalter vor Beginn der Vollstreckung die Masseunzulänglichkeit dem Konkursgericht sowie dem FA angezeigt und sie öffentlich bekannt gemacht hat.
Normenkette
AO 1977 § 251 Abs. 2 S. 1, §§ 252, 257; BGB § 812 Abs. 1; KO § 14 Abs. 1, § 58 Nr. 2; FGO § 40 Abs. 1; KO § 60; ZPO § 767
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 13.12.1993; Aktenzeichen XV 221/90) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Konkursverwalter über das Vermögen einer GmbH & Co. KG (Gemeinschuldnerin). Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erließ wegen rückständiger Forderungen in Höhe von insgesamt ... DM eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung zur Vollstreckung in das vom Kläger bei der Sparkasse eingerichtete Konkurs-Anderkonto. Der Betrag setzte sich aus rückständiger Umsatzsteuer, die ihren Grund in der Lieferung von Sicherungsgut durch den Konkursverwalter hatte, und Säumniszuschlägen sowie Kosten zusammen. Nach erfolglos gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung eingelegter Beschwerde war die Klage erfolgreich. Der Kläger hatte darin die Auffassung vertreten, daß die Pfändungs- und Einziehungsverfügung nach Eintritt der Masseunzulänglichkeit nicht mehr hätte ausgebracht werden dürfen. Das Finanzgericht (FG) hob die ausgebrachte Pfändungs- und Einziehungsverfügung sowie die Beschwerdeentscheidung aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1994, 554 veröffentlichten Gründen auf.
Mit seiner Revision rügt das FA die unrichtige Anwendung des § 251 Abs.2 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 60 der Konkursordnung (KO). Die Vollstreckungshandlung des FA könne --Masseunzulänglichkeit unterstellt-- allenfalls eine Rückerstattungsverpflichtung des FA auslösen, nicht aber als solche unzulässig sein.
Weiterhin wird unrichtige Anwendung der Vollstreckungsschutz- bzw. -abwehrvorschriften der §§ 765a, 766, 767 der Zivilprozeßordnung (ZPO) gerügt. Das FG gehe rechtsfehlerhaft davon aus, daß es die materielle Vorfrage, ob Masseunzulänglichkeit vorliege, selbst prüfen könne. Im Streit wegen angeblicher Masseunzulänglichkeit stehe dem Konkursverwalter nur die Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO zu. Im anhängigen Verfahren könne der Kläger daher mit seinem Einwand der Masseunzulänglichkeit überhaupt nicht gehört werden. Das FG habe ferner zu Unrecht angenommen, daß die ausstehende Klärung der Masseunzulänglichkeit zu Lasten des FA gehe. Allein der Konkursverwalter habe die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete Masseunzulänglichkeit. Es treffe auch nicht zu, daß das FA einen Schadensersatzanspruch gegen den Kläger als Konkursverwalter nur pauschal behauptet habe. Schließlich verkenne das FG, daß der "Feststellung" (Behauptung) der Masseunzulänglichkeit durch den Konkursverwalter keine konstitutive Wirkung zukomme.
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise --in analoger Anwendung des § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO)-- die Verhandlung bis zu einer Entscheidung über die vom Kläger behauptete Masseunzulänglichkeit vor dem "Prozeßgericht" auszusetzen,
hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat die Verwaltungsentscheidungen zu Recht aufgehoben, weil die vom FA gegenüber der Sparkasse in das Konkurs-Anderkonto ausgebrachte Pfändungs- und Einziehungsverfügung rechtswidrig ist. Die dagegen vom FA mit der Revision geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch.
1. Der Kläger hat die Unzulässigkeit der Vollstreckung des FA in die Masse nach der erfolglosen Beschwerde zulässigerweise mit der Anfechtungsklage geltend gemacht.
a) Ihrer Zulässigkeit steht nicht etwa aus der Erwägung eines fehlenden Rechtsschutzinteresses entgegen, daß sich der Kläger gegen die Vollstreckung des FA in die Konkursmasse mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO hätte wehren können. Die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO kommt --anders als das FA meint-- im Streitfall nicht als Rechtsschutzmöglichkeit in Betracht.
Der Senat hat mehrfach entschieden, daß die Vollstreckungsgegenklage, mit der die Erklärung der Unzulässigkeit der vom FA betriebenen Vollstreckung unmittelbar durch das Gericht angestrebt wird, im steuerlichen Vollstreckungsverfahren nicht gegeben ist (vgl. Bundesfinanzhof --BFH--, Beschlüsse vom 21. April 1971 VII B 106/69, BFHE 102, 446, BStBl II 1971, 702; vom 14. Juni 1988 VII B 15/88, BFH/NV 1989, 75; vom 11. September 1989 VII B 129/89, BFH/NV 1990, 212; vom 19. Februar 1991 VII B 188/90, BFH/NV 1991, 759; anders nur bei Einwendungen des FA gegen die Vollstreckungsverfügung nach § 152 FGO, dazu BFH, Beschluß vom 20. Dezember 1983 VII B 73/83, BFHE 139, 494, BStBl II 1984, 205).
Die Vollstreckung von abgabenrechtlichen Verwaltungsakten richtet sich nach den §§ 249 ff. AO 1977. Diese Vorschriften schließen die Anwendung des zivilrechtlichen Vollstreckungsrechts auf das steuerliche Beitreibungsverfahren aus, soweit im Abgabenrecht eigene Regelungen getroffen worden sind (vgl. auch Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 10.Aufl., § 256 AO 1977 Rz.24; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16.Aufl., § 256 AO 1977 Tz.5). Einwendungen gegen den Vollstreckungsakt im Rahmen der nach §§ 251 und 257 AO 1977 zulässigen Vollstreckung und die Ansprüche gegen das FA als Vollstreckungsbehörde auf ein bestimmtes Tätigwerden im Rahmen des § 257 AO 1977 können nach Durchführung des in der AO 1977 vorgeschriebenen Vorverfahrens je nachdem mit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage nach §§ 40, 44 FGO geltend gemacht werden. Deshalb erübrigt sich im Falle der abgabenrechtlichen Vollstreckung eine sinngemäße Anwendung der zivilprozessualen Vorschriften, hier insbesondere die über die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), nach § 155 FGO (vgl. ebenso Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 26. Mai 1967 VII C 69.65, BVerwGE 27, 141 im Hinblick auf eine bestehende Klagemöglichkeit nach §§ 42 oder 43 der Verwaltungsgerichtsordnung --VwGO--).
b) Nicht zutreffend ist auch die Auffassung der Revision, daß die Unzulässigkeit der Vollstreckung im Streitfall nur im Rahmen eines Rückerstattungsanspruchs gegen das FA geltend gemacht werden könne.
Zwar hat das Reichsgericht (RG) in der vom FA angeführten Entscheidung (Urteil vom 26. Juni 1905 VI 526/04, RGZ 61, 259, 262; vgl. auch Bundesarbeitsgericht --BAG--, Urteil vom 31. Januar 1979 5 AZR 749/77, BAGE 31, 288, 292, 297) ausgeführt, daß im Falle der Unzulässigkeit der Vollstreckung das vom Massegläubiger im Wege der Sicherstellung oder der Befriedigung Erlangte wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangt werden kann. Daraus ist aber für den Streitfall nichts herzuleiten. Das Urteil befaßt sich mit einem zivilrechtlichen Rückgewährsanspruch. Im Streitfall geht es aber nicht um einen solchen Rückgewährsanspruch, sondern um die Rechtmäßigkeit eines abgabenrechtlichen Verwaltungsakts, mit dem eine Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt worden ist (BFH, Beschlüsse vom 17. Januar 1985 VII B 46/84, BFHE 142, 564, BStBl II 1985, 302, und vom 26. Juni 1990 VII B 161/89, BFH/NV 1991, 393; Beermann, a.a.O., § 249 AO 1977 Rz.37).
Die Rechtswidrigkeit eines abgabenrechtlichen Verwaltungsakts kann nur durch die in der AO 1977 bzw. FGO dafür vorgesehenen Rechtsbehelfe bzw. Klagearten geltend gemacht werden. Ist die Pfändungs- und Einziehungsverfügung rechtswidrig, so ist sie aufzuheben; für einen Rückgewährsanspruch nach § 812 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) besteht danach kein Anlaß mehr, weil das FA nichts erlangt hat.
c) Der Kläger hat zur Durchsetzung seines Begehrens ferner zu Recht nicht die Verpflichtungs-, sondern die Anfechtungsklage gewählt. Denn er macht nicht geltend, daß einer der in § 257 Abs.1 AO 1977 genannten Gründe vorliege, in denen die Vollstreckung einzustellen oder zu beschränken wäre, was mit der Verpflichtungsklage geltend zu machen wäre. Vielmehr läuft sein Vorbringen darauf hinaus, daß die Zwangsvollstreckung aus konkursrechtlichen Gründen, die gemäß § 251 Abs.2 Satz 1 AO 1977 von den abgabenrechtlichen Vorschriften über die Vollstreckung unberührt blieben, unzulässig sei. Auf diesen Fall ist § 257 AO 1977 nicht anzuwenden.
Diese Vorschrift regelt nur die Fälle, in denen nach Beginn der Vollstreckung ein bestimmtes Ereignis eingetreten ist, das die Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung erforderlich macht. Im Streitfall soll aber der behauptete Grund der Unzulässigkeit der Vollstreckung (Unzulänglichkeit der Konkursmasse) schon vor deren Beginn vorgelegen haben. Die anfängliche Unzulässigkeit der Vollstreckung verpflichtet die Behörde jedoch nicht zur Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung nach § 257 AO 1977, sondern führt zu deren Aufhebung. Die begehrte Aufhebung eines Verwaltungsakts ist im finanzgerichtlichen Verfahren durch die dafür vorgesehene Anfechtungsklage (§§ 40, 44 FGO) geltend zu machen.
d) Im Rahmen der zulässigerweise erhobenen Anfechtungsklage hat das FG alle Gründe zu prüfen, die ggf. die Pfändungs- und Einziehungsverfügung rechtswidrig machen könnten, also auch die Frage einer etwaigen Unzulänglichkeit der Konkursmasse. Es bestand daher für das FG und besteht für den Senat keine Veranlassung, den Rechtsstreit --wie vom FA begehrt-- nach § 74 FGO bis zur Entscheidung des "Prozeßgerichts" über die vom Kläger behauptete Masseunzulänglichkeit auszusetzen.
2. Die Unzulässigkeit und damit die Rechtswidrigkeit der Verfügung über die Vollstreckung (Pfändungs- und Einziehungsverfügung) in das Konkurs-Anderkonto folgt im Streitfall aus § 251 Abs.2 Satz 1 AO 1977 i.V.m. § 60 KO.
Nach § 251 Abs.2 Satz 1 AO 1977 bleiben die Vorschriften der KO unberührt. Dies bedeutet, daß nach Konkurseröffnung für die Geltendmachung aller Steuerforderungen gegen die Konkursmasse die Vorschriften der KO maßgeblich sind (BFH, Urteil vom 26. November 1987 V R 130/82, BFHE 151, 349, BStBl II 1988, 124, m.w.N.; vgl. Beermann, a.a.O., § 251 AO 1977 Rz.6 ff.; Frotscher, Steuern im Konkurs, 3.Aufl., S.314). Danach ist eine abgabenrechtliche Vollstreckung unzulässig, sofern ihr das Konkursrecht entgegensteht.
Die Umsatzsteuerforderung, wegen derer das FA in das Konkurs-Anderkonto vollstreckt hat, gehört --wovon das FG zutreffend ausgegangen ist-- zu den Massekosten nach § 58 Nr.2 KO, weil sie aus der Lieferung von sicherungsübereignetem Vorratsvermögen durch den Konkursverwalter entstanden ist (vgl. BFH, Urteile vom 20. Juli 1978 V R 2/75, BFHE 126, 84, BStBl II 1978, 684; vom 4. Juni 1987 V R 57/79, BFHE 150, 379, BStBl II 1987, 741). Somit kann diese Forderung im Konkursverfahren nur nach Maßgabe der §§ 57 ff. KO geltend gemacht werden. Danach ist eine Vollstreckung des Massegläubigers in die Konkursmasse unzulässig, wenn sich die Masseunzulänglichkeit herausgestellt hat. Das folgt aus § 60 KO.
§ 60 KO bestimmt, daß Massekosten und Masseschulden, sobald sich herausstellt, daß die Konkursmasse zur vollständigen Befriedigung aller Massegläubiger nicht ausreicht (Masseunzulänglichkeit), nach der in § 60 KO vorgeschriebenen Rangfolge jeweils im Verhältnis ihrer Beträge berichtigt werden. Dieser Verpflichtung könnte der Konkursverwalter nicht nachkommen, wenn trotz Masseunzulänglichkeit eine Vollstreckung einzelner Massegläubiger in Gegenstände der Konkursmasse zulässig wäre. Schon deswegen kann im Falle der Masseunzulänglichkeit die Vollstreckung durch einen Massegläubiger --im Streitfall das FA-- nicht zulässig sein (vgl. BAG in BAGE 31, 288, 293; Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts - Arbeitsrechtliche Praxis - Nr.1 zu § 60 KO; FG Düsseldorf, Beschluß vom 1. August 1988 10 V 87/88 A(U), Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 1989, 29; Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 11.Aufl., § 60 Rz.3 h). Die Unzulässigkeit der Vollstreckung durch den Massegläubiger ergibt sich demnach im Falle der Masseunzulänglichkeit bereits aus dem Sinn und Zweck des § 60 KO. Es kann deshalb dahinstehen, ob eine entsprechende Anwendung des § 14 Abs.1 KO in Betracht käme, der die Einzelzwangsvollstreckung zugunsten einzelner Konkursgläubiger (nicht Massegläubiger) ausdrücklich ausschließt (vgl. dazu Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O.).
Auch nach § 210 der Insolvenzordnung (InsO) vom 5. Oktober 1994 (BGBl I, 2866), die zum 1. Januar 1999 in Kraft treten wird (Art.110 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994, BGBl I, 2911), und die den § 60 KO ablöst, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit, die --wie im Streitfall-- vor Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet worden ist, --aufgrund der dann ausdrücklichen Regelung-- unzulässig, sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Das spricht dafür, daß der Konkursverwalter auch nach Auffassung des Gesetzgebers seine Verpflichtung zur rang- und verhältnismäßigen Befriedigung der Massegläubiger nur erfüllen kann, wenn Vollstreckungen einzelner Massegläubiger in die Konkursmasse, nachdem sich die Masseunzulänglichkeit herausgestellt hat, unterbunden werden.
3. Schließlich greifen die Einwände der Revision dagegen, daß die Vorinstanz von der Unzulänglichkeit der Konkursmasse ausgegangen ist, nicht durch.
Richtig ist, daß die Masseunzulänglichkeit als Einwendung gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung vom Konkursverwalter geltend zu machen ist und diesen die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 60 KO trifft. Anders als das FG meint, ist aber der Beweis nicht allein dadurch als geführt anzusehen, daß der Konkursverwalter vor Beginn der Vollstreckung die Masseunzulänglichkeit --wie im Streitfall vom FG festgestellt-- dem Konkursgericht sowie dem FA angezeigt und sie öffentlich bekannt gemacht hat (a.A. Oberlandesgericht --OLG-- Düsseldorf, Urteil vom 22. November 1995 9 U 86/95, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1995, 2003; Kuhn/Uhlenbruck, a.a.O., § 60 Rz.3 e; Uhlenbruck, Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht --EWiR-- 1996, 33).
Die Anzeige bzw. Bekanntmachung der Masseunzulänglichkeit hat als solche --anders als künftig durch § 210 InsO geregelt-- keine konstitutive Bedeutung. Sofern die Masseunzulänglichkeit vom Massegläubiger bestritten wird, trägt der Konkursverwalter vielmehr über die Bekanntmachung hinaus die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Masseunzulänglichkeit ergibt (BAGE 31, 288, 295; BAG, Urteil vom 30. Oktober 1985 5 AZR 484/84, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen --KTS-- 1986, 484; Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 5. Februar 1992 14 Sa 1769/91, ZIP 1992, 1406; Kilger/Karsten Schmidt, Konkursordnung, 16.Aufl., § 60 Anm.2). Das kann sich jedoch nicht auf angebliche Forderungen erstrecken, von denen ein Massegläubiger zwar behauptet, daß sie der Konkursmasse zustehen, für die er aber nicht darlegt, daß sie vom angeblichen Schuldner der Forderung nicht bestritten werden und daß sie tatsächlich realisierbar sind. Denn im Zusammenhang mit dem Einwand der Masseunzulänglichkeit gemäß § 60 KO ist es nicht Aufgabe des Gerichts, über das Bestehen oder Nichtbestehen etwaiger strittiger Forderungen der Konkursmasse gegen Dritte zu entscheiden. Darüber kann --unbeschadet eines etwaigen Schadensersatzprozesses gegen den Konkursverwalter aufgrund von § 82 KO (vgl. dazu Bundesgerichtshof --BGH--, Urteile vom 10. Mai 1977 VI ZR 48/76, Der Betrieb --DB-- 1977, 1645, und vom 5. Oktober 1989 IX ZR 233/87, DB 1989, 2375)-- nur in einem Verfahren gegen den angeblichen Forderungsschuldner entschieden werden.
Das FG hat deshalb mit Recht nicht geprüft, ob der vom FA behauptete, aber vom Kläger bestrittene Schadensersatzanspruch gemäß § 82 KO gegen den Konkursverwalter tatsächlich besteht.
Aus den gleichen Gründen war auch der bereits in der Beschwerdeentscheidung behandelte angebliche Anspruch der Konkursmasse gegen die Sparkasse S auf Rückerstattung des Preisanteils "Umsatzsteuer" aus der Verwertung des sicherungsübereigneten Vorratsvermögens nicht zu berücksichtigen. Das FA hat auf diesen Anspruch, zu dem das erstinstanzliche Urteil --anders als das FA meint-- keine Feststellungen und Ausführungen enthält, im Revisionsverfahren hingewiesen. Die Entscheidung, ob ein solcher Anspruch besteht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und kann sehr schwierig sein (vgl. BFH, Urteil vom 19. Dezember 1995 VII R 53/95, ZIP 1996, 429).
Das FA hat zudem nicht ausgeführt, daß ein solcher Anspruch der Konkursmasse gegen die Sparkasse S von dieser nicht bestritten wird. Schon deshalb wäre dieses Vorbringen des FA nicht geeignet, die vom Konkursverwalter (Kläger) festgestellte Masseunzulänglichkeit in Zweifel zu ziehen. Es kann deshalb dahinstehen, ob es sich insoweit um neues tatsächliches Vorbringen handelt, das im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden könnte.
Fundstellen
BFH/NV 1996, 315 |
BStBl II 1996, 511 |
BFHE 181, 202 |
BFHE 1997, 202 |
BB 1996, 2027 |
BB 1996, 2027-2028 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1996, 1604-1605 (Kurzwiedergabe) |
DStZ 1997, 95 (Leitsatz und Gründe) |
HFR 1996, 796-798 (Leitsatz) |
StE 1996, 627 (Kurzwiedergabe) |
StRK, R.1 (Leitsatz und Gründe) |
Information StW 1996, 698 (Kurzwiedergabe) |
KFR, 1/96, S 325 (H 12/1996) (Leitsatz und Gründe) |
BFH/NV BFH/R 1996, 315-317 (Leitsatz und Gründe) |
NJW-RR 1997, 43-45 (Leitsatz und Gründe) |
WiB 1997, 32-33 (red. Leitsatz und Gründe) |
ZfZ 1997, 236-238 (red. Leitsatz und Gründe) |
EWiR 1996, 1041 (Leitsatz) |
KTS 1997, 156-160 (Leitsatz und Gründe) |
ZIP 1996, 1838 |
ZIP 1996, 1838-1840 (Leitsatz und Gründe) |
JuS 1997, 276 (red. Leitsatz und Gründe) |
KKZ 1998, 20-23 (Leitsatz und Gründe) |