Leitsatz (amtlich)
Eine Innengesellschaft kann nicht Empfängerin von Lieferungen oder sonstigen Leistungen eines ihrer Gesellschafter sein. Ein Leistungsaustausch kommt ggf. zwischen ihren Gesellschaftern in Betracht (Abweichung vom Urteil vom 17. August 1972 V R 63/68, BFHE 107, 72, BStBl II 1972, 922).
Normenkette
UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger C betrieb die Vermittlung von Geschäften verschiedener Art. Er schloß am 26. Mai 1971 mit der A KG eine mit "Aktennotiz" überschriebene Rahmenvereinbarung. Darin wird eingangs bemerkt, der Kläger habe der A KG mehrere Grundstücke und Renditeobjekte angeboten. Er sei interessiert, an einem Geschäft, das durch seine Initiative zustande komme, beteiligt zu werden. In diesem Zusammenhang wird unter anderem die "Finanzierung des Objekts in K" aufgeführt. Die A KG verspricht, ihn an den "Objekten", die er ihr nachgewiesen hat oder nachweisen wird, mit 10 v. H. des Gewinns oder Verlusts zu beteiligen.
Die Vertragsparteien schlossen am 7. Dezember 1971 eine Nachtragsvereinbarung, die auch von der Ehefrau des Klägers unterzeichnet ist. Danach sollte die in der Vereinbarung vom 26. Mai 1971 vorgesehene Beteiligung des Klägers sofort nach Erwerb des Grundstücks in K in Kraft treten. Vorgesehen war, daß der Kläger mit 15. v. H. an dem Anteil der A KG (an diesem Objekt) still beteiligt wird.
Das Grundstück in K wurde im Jahre 1972 erworben.
Der Kläger vermittelte für das Grundstücksprojekt in K. Finanzierungen, Mietinteressenten und Gesellschafter. Seine Ehefrau erbrachte in diesem Zusammenhang keine Leistungen.
Am 26. Juni 1972 schlossen der Kläger und seine Ehefrau einerseits und die A KG andererseits eine weitere Vereinbarung. Darin wird eingangs vermerkt, der Kläger und seine Ehefrau hätten "vor Abschluß aller Verträge" den Willen bekundet, eine "stille Beteiligung" an dem Anteil der A KG an dem Objekt K nicht einzugehen, sondern sich für ihre im Zusammenhang mit diesem Objekt erbrachten Leistungen abfinden zu lassen. Ursächlich hierfür seien die voraussichtliche lange Planungs- und Bauzeit des Objekts sowie die persönlichen Verhältnisse des Klägers und seiner Ehefrau. Diese sollten für ihre im Zusammenhang mit dem Objekt K erbrachten Leistungen eine "Abfindung" von 500 000 DM erhalten, die sich um 30 000 DM mindern solle, welche die A KG dem Kläger im Jahre 1971 für seine Unkosten ausgezahlt hatte.
Die A KG verbuchte die Zahlung von 470 000 DM auf ihrem Konto "Objekt K".
Das Finanzamt (Beklagter) zog in seinem Umsatzsteuerbescheid 1972 den Kläger unter Zugrundelegung eines Entgelts von 470 000 DM mit einem Teilbetrag von 46 577 DM zur Umsatzsteuer heran.
Seine Anfechtungsklage bezüglich des Umsatzsteuerbescheids 1972 und seine auf eine Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1972 wegen eines Teilbetrags von 46 577 DM gerichtete Klage, mit denen er die Nichtsteuerbarkeit seiner Vermittlungsleistungen beansprucht hat, hat das Finanzgericht abgewiesen.
Mit den Revisionen verfolgt der Kläger seine Klagebegehren weiter. Er rügt Verletzung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und des § 10 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967), der Grundsätze der Beweiswürdigung und mangelhafte Sachaufklärung. Zwar sei er unternehmerisch tätig; auch habe er im Zusammenhang mit dem Objekt K Leistungen erbracht, die in der Verschaffung der Baufinanzierung sowie der Vermittlung von Mietinteressenten und von Gesellschaftern bestanden hätten. Diese Leistungen seien aber nichtsteuerbar, weil er sie als Gesellschafterbeitrag der atypischen stillen Gesellschaft erbracht habe, die er mit der A KG eingegangen sei. Er habe hierfür kein Entgelt bezogen. Die 470 000 DM stellten vielmehr eine Abfindung aufgrund seiner Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter für künftige Gewinnaussichten dar. Das Finanzgericht habe aufgrund der Verbuchung der 470 000 DM bei der A KG zu Unrecht seine gesellschaftsrechtliche Beteiligung verneint.
Das Finanzamt ist den Revisionen entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen des Klägers sind unbegründet.
1. Die sonstigen Leistungen des Klägers bestanden nach den Feststellungen des Finanzgerichts darin, daß er für das Grundstücksprojekt in K Finanzierungen, Mietinteressenten und Gesellschafter vermittelte.
2. Empfängerin dieser sonstigen Leistungen war die A KG. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut der zwischen dem Kläger und der A KG geschlossenen ersten Vereinbarung vom 26. Mai 1971, die die - später noch modifizierte - Grundlage ihrer Rechtsbeziehungen bildete. Die Vertragsparteien regelten darin den Leistungsaustausch zwischen ihnen in der Weise, daß der Kläger der A KG Vermittlungsleistungen erbringt und diese den Kläger als Gegenleistung an den Objekten, auf die sich seine Vermittlungsleistungen beziehen, mit 10 v. H. des Gewinn oder Verlustes "still beteiligt". In Ergänzung dieses Vertrages vom 26. Mai 1971 setzten die Vertragsparteien sodann in der Vereinbarung vom 7. Dezember 1971 die "stille Beteiligung" des Klägers an dem Anteil der A KG an dem Objekt K auf 15 v. H. fest.
3. Der Annahme eines Leistungsaustauschs zwischen dem Kläger und der A KG steht nicht entgegen, daß der Kläger nach den vorstehenden Vereinbarungen für seine Vermittlungsleistungen bezüglich des Projekts K an dem Anteil der A KG an diesem Objekt "still beteiligt" werden sollte. Entgegen der Auffassung des Klägers wird dadurch nicht eine zwischen ihm und der A KG eingegangene Gesellschaft - an Stelle der A KG - zur Leistungsempfängerin, und dadurch werden auch seine Vermittlungsleistungen nicht zu nichtsteuerbaren Gesellschafterbeiträgen.
a) Es kann dahinstehen, wie das in den Verträgen vom 26. Mai und 7. Dezember 1971 vereinbarte Gesellschaftsverhältnis im einzelnen bürgerlich-rechtlich einzuordnen ist. Gegen die Annahme einer stillen Gesellschaft (im engeren Sinne) und auch einer atypischen stillen Gesellschaft spricht, daß eine solche Gesellschaft nur an dem Handelsgewerbe eines anderen (vgl. § 335 Abs. 1 HGB) oder an einem Teil des Handelsgewerbes in Gestalt eines Teilbetriebs oder eines bestimmten selbständig abgrenzbaren Geschäftszweigs (vgl. BFH-Urteil vom 27. Februar 1975 I R 11/72, GmbH-Rundschau - GmbHR - 1975, 187), nicht aber an einem einzelnen Gegenstand in Betracht kommt. Näher liegt es, die Beteiligung des Klägers an dem Anteil der A KG an dem Objekt K als eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu beurteilen, die eine Unterbeteiligung zum Gegenstand hat (vgl. zur rechtlichen Einordnung der Unterbeteiligung BGH-Urteil vom 11. Juli 1968 II ZR 179/66, BGHZ 50, 316, 320). In jedem Falle handelt es sich aber bei der zwischen dem Kläger und der A KG eingegangenen Gesellschaft um eine Innengesellschaft. Eine solche Gesellschaft tritt als solche nach außen nicht hervor; vielmehr werden die Geschäfte nach außen nur durch einen Gesellschafter - und zwar im eigenen Namen - abgeschlossen, gehen aber im Innenverhältnis auf gemeinsame Rechnung der Gesellschafter. Damit geht zwangsläufig einher, daß es bei der Innengesellschaft an einem Gesamthandsvermögen fehlt, da dieses ein Auftreten nach außen erfordert (Staudinger/Keßler, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl. 1980, Vorbemerkung zu § 705 Rdnote 92; Erman, Handkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 7. Aufl 1981, vor § 705 Rdnote 12). Die vorstehenden Merkmale gelten auch für eine atypische Innengesellschaft, wie sie der Kläger im vorliegenden Falle für gegeben erachtet (vgl. Urteil vom 14. Juni 1972 II R 116/69, BFHE 106, 239, BStBl II 1972, 734). Auch bei einer solchen Gesellschaft besitzt der Gesellschafter lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch, bei der Auflösung der Gesellschaft und der Auseinandersetzung so gestellt zu werden, als ob das von einem Gesellschafter gehaltene Vermögen den Gesellschaftern gemeinsam gehöre (Staudinger/Keßler, a. a. O.).
Die zwischen dem Kläger und der A KG eingegangenen Gesellschaft war als eine solche Innengesellschaft zu beurteilen. Den Vereinbarungen vom 26. Mai und 7. Dezember 1971 zufolge beschränkte sich die Gesellschaft darauf, den Kläger als Entgelt für seine der A KG erbrachten Vermittlungsleistungen anteilig an dem Ergebnis teilhaben zu lassen, das die A KG aus dem Projekt K erzielen werde, dieses Geschäft also teilweise auf gemeinsame Rechnung zu betreiben. Nach außen hin trat die A KG bei dem Projekt K nicht im Namen der Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern im eigenen Namen auf. Entscheidend für das Bestehen einer Innengesellschaft ist außerdem, daß die A KG ihren Anteil an dem Objekt K selbst hielt und nicht etwa in die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsvermögen einbrachte.
b) Diese Innengesellschaft kann ihrer Natur nach nicht Empfängerin der Vermittlungsleistungen des Klägers gewesen sein; er kann diese vielmehr nur an die A KG erbracht haben.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 17. August 1972 V R 63/68 (BFHE 107, 72, BStBl II 1972, 922) allerdings angenommen, auch eine Innengesellschaft könne als Nichtunternehmerin Leistungsempfängerin sein, wenn sie das letzte Glied in der Umsatzkette darstelle. Dienten die Leistungen hingegen dazu, weitere Umsätze an Dritte zu bewirken, so könne Leistungsempfänger nur ein Unternehmer sein, also derjenige Gesellschafter, der die weiteren Umsätze ausführe. Insoweit käme nur ein Leistungsaustausch unter den Gesellschaftern, nicht aber zwischen Gesellschafter und Innengesellschaft in Betracht.
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung in ihrem Ausgangspunkt, auch eine Innengesellschaft könne Leistungsempfängerin sein, nicht fest. Es ist bei einer Innengesellschaft kein Leistungsaustausch zwischen Gesellschafter und Innengesellschaft, sondern nur ein solcher unter Gesellschaftern denkbar. Die zutreffende Begründung hierfür findet sich schon in der früheren Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, die einen Leistungsaustausch zwischen Gesellschafter und Innengesellschaft abgelehnt hatte (Urteile vom 22. Februar 1924 V A 383/23, RFHE 13, 290; vom 4. März 1927 V A 77/27, RFHE 20, 300; vgl. auch Popitz, Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl., 1928, § 1 Nr. 1 Anm. C. II. 7d, S. 364). Umsätze zwischen Gesellschafter und Innengesellschaft scheiden deswegen aus, weil bei einer Innengesellschaft jeder Gesellschafter nach außen die Geschäfte im eigenen Namen und nicht etwa im Namen der Innengesellschaft abschließt. Wenn die Gesellschafter dabei für Rechnung der Gesellschaft handeln, so betrifft dies nur die internen Beziehungen unter ihnen, ohne daß sich hieraus eine Außenwirkung ergäbe. Der Gegenstand der Lieferung oder der Gegenstand der sonstigen Leistung können mangels eines Gesamthandsvermögens nicht an die Innengesellschaft, sondern nur auf den leistungsempfangenden Gesellschafter übergehen (vgl. Urteil vom 6. Februar 1980 I R 50/76, BFHE 130, 268, BStBl II 1980, 477). Die innengesellschaftlichen Beziehungen unter den Gesellschaftern sind infolge der Abrede, für gemeinsame Rechnung zu handeln, rein obligatorischer Natur (vgl. Urteil vom 2. August 1979 V R 111/77, BFHE 128, 557, BStBl II 1980, 20). Die Teilung in Gewinn und Verlust stellt lediglich ein obligatorisches Abrechnungsverhältnis dar (vgl. Urteil vom 7. Februar 1973 II R 60/72, BFHE 109, 85, BStBl II 1973, 507). Gegenstand der Umsatzbesteuerung sind die unter den Gesellschaftern jeweils im eigenen Namen ausgetauschten Leistungen. Aus dem obligatorischen Abrechnungsverhältnis unter den Gesellschaftern läßt sich lediglich der Umfang des Entgelts entnehmen. Das Entgelt besteht in dem Gewinnanteil, den der leistungsempfangende Gesellschafter aufwendet, um die Leistung von dem leistenden Gesellschafter zu erhalten (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG 1967).
Die vorstehende Verneinung der Fähigkeit einer Innengesellschaft, Leistungsempfängerin zu sein, stimmt mit der bereits oben unter 3.a) erörterten bürgerlichrechtlichen Beurteilung der Rechtsnatur der Innengesellschaft überein. Damit werden nur die umsatzsteuerrechtlichen Folgerungen aus dem rein obligatorischen Charakter der Innengesellschaft ohne gemeinsame Geschäftsführung, ohne gemeinsames Auftreten nach außen und ohne ein Gesamthandsvermögen gezogen (vgl. Staudinger/Keßler, a. a. O., Vorbemerkung zu § 705 Rdnote 91 ff.).
c) War nach allem ein Leistungsaustausch zwischen dem Kläger und der A KG gegeben, und deren Innengesellschaft lediglich als das dazugehörige Abrechnungsverhältnis zu beurteilen, so folgt daraus, daß der dem Kläger aufgrund der Innengesellschaft zustehende Gewinnanteil das Entgelt der A KG für seine erbrachten Leistungen darstellt. Nichts anderes kann für die "Abfindung" von 470 000 DM gelten, die der Kläger aufgrund der vorzeitigen Abrechnung über seine Leistungen gemäß der Vereinbarung vom 26. Juni 1972 erhielt.
Fundstellen
BStBl II 1982, 678 |
BFHE 1983, 315 |