Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzung unentgeltlich vom Arbeitgeber überlassener Tennisplätze oder Squashplätze durch Arbeitnehmer als Arbeitslohn
Leitsatz (amtlich)
Mietet ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer Tennisplätze und Squashplätze an, so führt die unentgeltliche Nutzung bei den Arbeitnehmern zum Zufluß von Arbeitslohn. Dies gilt unabhängig davon, wie der Arbeitgeber die Nutzung der überlassenen Plätze im einzelnen organisiert hat.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bzw. ihre
Rechtsvorgängerinnen mieteten in den Jahren 1988 bis 1992 für
ihre Mitarbeiter Tennis- und Squashplätze in gewerblichen
Tennis- und Squashcentern an, die im Rahmen des Betriebssports
von allen Arbeitnehmern kostenlos genutzt werden konnten.
Die Spielzeiten wurden den Mitarbeitern über ein internes
Elektronic-Mail-System bekanntgegeben, das für alle Mitarbeiter
zugänglich war. Teilnehmerlisten wurden nicht geführt; die
jeweils erschienenen Teilnehmer mußten sich im Rahmen eines
Rotationsverfahrens die Gesamtspielzeit teilen, so daß die
Teilnehmer in der Regel kein ganzes Match spielen konnten,
sondern zwischenzeitlich auch Pausen hatten. Das
Rotationsverfahren bewirkte außerdem, daß die Teilnehmer
ständig wechselnde Spielpartner erhielten.
Nach einer Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1988 bis 1992
lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--)
die Behandlung der Mietaufwendungen als nichtsteuerbare sog.
Annehmlichkeiten ab und behandelte sie als Arbeitslohn. Auf
Antrag der Klägerin wurden die streitigen Beträge der
pauschalen Lohnsteuer (§ 40 Abs.1 Nr.2 des
Einkommensteuergesetzes --EStG--) unterworfen. Das FA erließ
entsprechende Pauschalierungsbescheide.
Nach erfolglosem Einspruch machte die Klägerin mit der Klage
geltend, die einzelnen Arbeitnehmer seien nicht durch ersparte
Aufwendungen bereichert. Außerdem habe sie mit dem
Zurverfügungstellen der Tennis- und Squashplätze
eigenbetriebliche Zwecke verfolgt, nämlich eine Verbesserung
der Kommunikation und Zusammenarbeit unter den Mitarbeitern.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es entschied, die
kostenlose Überlassung von Sportanlagen führe zwar bei
tatsächlicher Inanspruchnahme zu einer Bereicherung der
Arbeitnehmer. Gleichwohl liege im Streitfall Arbeitslohn nicht
vor. Das Interesse der Klägerin an der Förderung der
innerbetrieblichen Kommunikation durch den Betriebssport habe
überwogen und das Eigeninteresse des Arbeitnehmers sei in den
Hintergrund getreten, weil die Betriebssportveranstaltungen
derart organisiert gewesen seien, daß die Arbeitnehmer keinen
Einfluß darauf gehabt hätten, wann und wo welche Sportarten
angeboten würden, keine feste Spielzeit bestanden habe, sondern
im Rotationsverfahren die Gesamtspielzeit aufgeteilt worden
sei. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)
1996, 542 veröffentlicht.
Das FA rügt mit seiner Revision eine Verletzung der §§ 19 Abs.1
Satz 1 Nr.1, 8 Abs.2 Satz 1 EStG 1990 i.V.m. § 2 der Lohnsteuer-
Durchführungsverordnung (LStDV) 1990. Es ist der Auffassung,
daß Squash und Tennis Individualsportarten seien und deshalb
die Kommunikation nicht ausschlaggebend für die Annahme eines
überwiegend eigenbetrieblichen Interesses sein könne.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage
abzuweisen, hilfsweise, den Rechtsstreit zur anderweitigen
Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur
Aufhebung der Vorentscheidung und Abweisung der Klage. Die
angefochtenen Pauschalierungsbescheide (§ 40 Abs.1 Nr.2 EStG)
sind rechtmäßig. Entgegen der Auffassung des FG hat die
kostenlose Überlassung der Tennis- und Squashplätze an die
Arbeitnehmer nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen
Interesse der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen gelegen.
Das FA hat deshalb zu Recht angenommen, daß die Inanspruchnahme
der Plätze durch die Arbeitnehmer bei diesen zu einem Zufluß
von Arbeitslohn i.S. der §§ 19 Abs.1 Nr.1, 8 Abs.2 EStG geführt
hat.
1. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Inanspruchnahme
von Tennis- oder Squashplätzen, die ein Arbeitgeber seinen
Arbeitnehmern kostenlos überläßt, bei diesen zu einer
Bereicherung führt. Denn für die Nutzung von Tennis- oder
Squashplätzen wird --soweit sie nicht in Vereinen, die durch
Mitgliedsbeiträge finanziert werden, oder auf
selbstfinanzierten Privatplätzen erfolgt-- üblicherweise ein
Entgelt gezahlt.
2. Die freiwillige und kostenlose oder verbilligte
Inanspruchnahme von geldwerten Vorteilen, die im Bereich der
allgemeinen Lebensführung i.S. des § 12 Nr.1 EStG liegen, führt
regelmäßig zum Zufluß von Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs.1 EStG,
wenn sie vom Arbeitgeber gewährt werden. Derartige Vorteile
sind nur dann kein Arbeitslohn, wenn sie sich bei objektiver
Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern
lediglich als notwendige Begleiterscheinung
betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Ist im Rahmen einer
Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen, daß der
jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht
und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des
Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, deshalb
vernachlässigt werden kann, so wird dieses Ergebnis
zusammenfassend dahin umschrieben, daß der Vorteil im ganz
überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt sei (Urteil
des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juni 1993 VI R 95/92, BFHE
171, 74, 79, BStBl II 1993, 687, 689, m.w.N.; vom 5. Mai 1994
VI R 55-56/92, BFHE 174, 425, BStBl II 1994, 771).
Der Senat hat entschieden, daß Aufwendungen zur Förderung des
Betriebsklimas im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des
Arbeitgebers liegen können, wenn sie bei
Betriebsveranstaltungen erfolgen, die ganz bestimmte
Voraussetzungen erfüllen müssen (Urteil vom 25. Mai 1992
VI R 85/90, BFHE 167, 542, BStBl II 1992, 655). Pro
Betriebsveranstaltung darf ein Höchstbetrag von 150 DM nicht
überschritten werden und es dürfen nicht mehr als zwei
Veranstaltungen pro Jahr stattfinden. Diese Rechtsprechung wird
von der Finanzverwaltung mit der Maßgabe beachtet, daß der
Höchstbetrag inzwischen auf 200 DM heraufgesetzt worden ist
(vgl. Abschn.72 Abs.4 Satz 2 der Lohnsteuer-Richtlinien 1996).
Die für Betriebsveranstaltungen entwickelten und anerkannten
Grundsätze haben aber Ausnahmecharakter und sind an das
Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpft. Sie sind
entgegen der Auffassung des FG auf Aufwendungen für die
Anmietung und kostenlose Überlassung von Tennis- oder
Squashplätzen nicht in der Weise übertragbar, daß hier
ebenfalls bestimmte Freigrenzen anzunehmen sind. Vielmehr ist
stets ein erhebliches Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der
Erlangung des geldwerten Vorteils anzunehmen, der in der
unentgeltlichen Nutzung von Tennis- oder Squashplätzen liegt.
Dies gilt entgegen der Auffassung des FG unabhängig davon, wie
die Nutzung der Tennis- oder Squashplätze im jeweiligen Betrieb
im einzelnen organisatorisch geregelt ist. Die unentgeltliche
Inanspruchnahme dieser Einrichtungen führt bei den
Arbeitnehmern zu Sachbezügen i.S. des § 8 Abs.2 Satz 1 EStG.
Sie bleiben allerdings gemäß § 8 Abs.2 Satz 9, § 52 Abs.1
Satz 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom
11. Oktober 1995 (BGBl I, 1250, BStBl I, 438) mit Wirkung ab
dem 1. Januar 1996 außer Ansatz, wenn die Vorteile insgesamt
50 DM im Kalendermonat nicht übersteigen. Mangels einer
vergleichbaren Vorschrift für die Streitjahre führen in diesen
die Aufwendungen des Arbeitgebers für die Anmietung von Tennis-
oder Squashplätzen im Zeitpunkt der tatsächlichen
Inanspruchnahme durch die Arbeitnehmer zum Zufluß von
Arbeitslohn i.S. der §§ 19 Abs.1, 8 Abs.2 EStG.
3. Die Vorentscheidung ist von anderen Grundsätzen ausgegangen
und deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif, da über die
Höhe der nachgeforderten Lohnsteuer kein Streit besteht. Die
Klage ist abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 66115 |
BFH/NV 1997, 51 |
BStBl II 1997, 146 |
BFHE 181, 302 |
BFHE 1997, 302 |
BB 1996, 2670 (Leitsatz) |
DB 1996, 2594 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1996, 1969 (Kurzwiedergabe) |
DStZ 1997, 102-105 (Kurzwiedergabe) |
HFR 1997, 163-164 (red. Leitsatz) |
StE 1996, 810 (Kurzwiedergabe) |