Entscheidungsstichwort (Thema)
Auswirkungen rückwirkender Änderungen der DM-Eröffnungsbilanz und der Folgebilanzen auf die Steuerbescheide
Leitsatz (amtlich)
1. Gilt in der Folge der Berichtigung einer Bilanz auch die DM-Eröffnungsbilanz rückwirkend als geändert, ist eine mit der Berichtigung verbundene Mehrung des Betriebsvermögens bei der gesonderten Feststellung des vEK dem EK 04 zuzuordnen.
2. Gelten die steuerliche Eröffnungsbilanz und die Folgebilanzen als geändert, gilt dies gleichermaßen für die darauf beruhenden Steuerbescheide einschließlich der Bescheide zur Feststellung des vEK. Soweit sich aus den Änderungen steuerliche Auswirkungen ergeben, sind die Bescheide förmlich zu ändern.
Normenkette
KStG § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 2 S. 1, §§ 30, 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Sätze 2-3, Abs. 2 Nr. 1, § 54a Nr. 7; DMBilG §§ 1, 27 Abs. 2 S. 3, § 36 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 Sätze 1-2, § 50 Abs. 3 Sätze 1-2; AltschG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 Nr. 1, §§ 5-6
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob für eine Ausschüttung der Klägerin für das Streitjahr 1994 eine Ausschüttungsbelastung herzustellen ist.
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein kommunales Wohnungsunternehmen. Sie entstand aus einem VEB, wurde zunächst als Eigenbetrieb der Stadt S geführt und zum 1. Januar 1992 in eine GmbH umgewandelt. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die Stadt S.
In ihren Bilanzen hatte die Klägerin Verbindlichkeiten passiviert, die teilweise aus der Zeit vor In-Kraft-Treten der Währungsunion zum 30. Juni 1990, teilweise aus der Zeit danach resultierten, daneben die jeweiligen Zinsverpflichtungen. Entsprechend gliederte die Klägerin ihr verwendbares Eigenkapital (vEK), wobei der Teilbetrag gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG a.F.) ―EK 02― negativ war, während der Teilbetrag gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. ―EK 04― sich auf Beträge bis zu ca. 200 Mio. DM belief.
Im Jahre 1994 wurde der Klägerin gemäß § 4 des Gesetzes über Altschuldenhilfen für kommunale Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und private Vermieter in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet vom 23. Juni 1993 ―AltschG― (BGBl I 1993, 944) eine Teilentlastung von diesen Verbindlichkeiten mit einem Gesamtbetrag von ca. 51 Mio. DM gewährt. Sie betraf zum überwiegenden Teil (ca. 32 Mio. DM) die Verbindlichkeiten aus der Zeit vor In-Kraft-Treten der Währungsunion (Altverbindlichkeiten gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltschG), zu einem weiteren Teil Zinsen (§ 3 Abs. 2 AltschG) und zusätzlich Verbindlichkeiten, die nach dem 30. Juni 1990 entstanden waren (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 AltschG). Den die Altverbindlichkeiten betreffenden Betrag der Teilentlastung führte die Klägerin der Sonderrücklage gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung i.d.F. vom 28. Juli 1994 ―DMBilG― (BGBl I 1994, 1842, BStBl I 1994, 550) zu und berücksichtigte sie bei der Gliederung ihres vEK zum 31. Dezember 1994 im EK 04. Der übrige Betrag der Teilentlastung wurde als außerordentlicher, gemäß § 6 AltschG steuerfreier Ertrag behandelt und in der Eigenkapitalgliederung im EK 02 erfasst; dies blieb dennoch (mit ./. 22 121 682 DM) weiterhin negativ.
Für die sich als Folge der Teilentlastung gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AltschG ergebende Verpflichtung zur Abführung von Erlösen aus einer von ihr vorzunehmenden teilweisen Privatisierung und Veräußerung ihres Wohnungsbestandes bildete die Klägerin eine Rückstellung. Diese buchte sie (gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 DMBilG als Maßnahme in Vollzug des AltschG) erfolgsneutral gegen die Sonderrücklage gemäß § 27 Abs. 2 DMBilG (vgl. dazu die Stellungnahme des wohnungswirtschaftlichen Fachausschusses ―WFA― des Instituts der Wirtschaftsprüfer ―IDW― 1/1994, Die Wirtschaftsprüfung ―WPg― 1994, 666, 668). Danach führte die Klägerin der Sonderrücklage und damit dem EK 04 in der Gliederungsrechnung zum 31. Dezember 1994 den Betrag von 29 618 937 DM zu.
Für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen Jahresüberschuss. Wegen eines verbleibenden Verlustabzugs ergab sich eine Körperschaftsteuer von 0 DM.
Im Jahre 1996 schüttete die Klägerin aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses für 1994 2,4 Mio. DM aus. Diese Ausschüttung berücksichtigte sie weder bei der Körperschaftsteuer noch bei der Kapitalertragsteuer.
Aufgrund einer im Jahr 1998 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Auffassung, dass, da die Teilentlastung der Klägerin im Jahre 1994 gemäß § 6 AltschG steuerbefreit sei, die hieraus resultierende Vermögensmehrung bei der Gliederung des vEK zum 31. Dezember 1994 insgesamt im EK 02 zu erfassen sei. Daraus resultiere eine positive Feststellung des EK 02 mit 7 497 255 DM mit der Folge, dass die Ausschüttung für 1994 aus dem EK 02 zu erfolgen habe; damit sei die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Dementsprechend erließ das FA geänderte Bescheide vom 27. November 1998. Im Bescheid vom 27. November 1998 betreffend die Gliederung des vEK der Klägerin zum 31. Dezember 1995 stellte das FA das EK 02 mit 7 624 769 DM fest.
Die Klage gegen die das Streitjahr 1994 betreffenden Bescheide blieb ohne Erfolg. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 189 abgedruckt.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung der §§ 36 und 50 DMBilG, sowie des § 182 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 30 Abs. 1 Satz 2 KStG. Sie beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Bescheide vom 27. November 1998 dahin zu ändern, dass bei der Gliederung des vEK zum 31. Dezember 1994 der dem EK 02 zuzuordnende Betrag mit ./. 22 121 682 DM und der dem EK 04 zuzuordnende Betrag mit 173 347 424 DM festgestellt und die Körperschaftsteuer 1994 mit 0 DM festgesetzt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Schüttete eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft in der Zeit vor Geltung des KStG i.d.F. vom 22. April 1999 (BGBl I, 818, BStBl I 1999, 461) Gewinn aus, minderte oder erhöhte sich ihre Körperschaftsteuer gemäß § 27 Abs. 1 KStG a.F. um den Unterschiedsbetrag zwischen der bei ihr eingetretenen Belastung des Eigenkapitals (Tarifbelastung), das nach § 28 KStG a.F. als für die Ausschüttung verwendet galt, und der Belastung, die sich hierfür bei Anwendung eines Steuersatzes von ―im Streitjahr 1994― 30 v.H. des Gewinns vor Abzug der Körperschaftsteuer ergab (Ausschüttungsbelastung). Beruhte die Ausschüttung ―wie vorliegend die im Jahr 1996 für 1994― auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr, trat die Minderung oder Erhöhung für den Veranlagungszeitraum ein, in dem das Wirtschaftsjahr endete, für das die Ausschüttung erfolgte (§ 27 Abs. 3 Satz 1 KStG a.F.). In diesem Fall waren die Ausschüttungen mit dem vEK zum Schluss des letzten vor dem Gewinnverteilungsbeschluss abgelaufenen Wirtschaftsjahres zu verrechnen (§ 28 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F.). Letzteres gilt auch dann, wenn der Beschluss ein früheres als das vorangegangene Wirtschaftsjahr betrifft (Senatsurteil vom 26. November 1997 I R 77/97, BFHE 184, 550, BStBl II 1998, 406). Gemäß § 28 Abs. 3 KStG a.F. gelten die Teilbeträge des vEK in der in § 30 KStG a.F. enthaltenen Reihenfolge als für die Ausschüttung verwendet.
Im Streitfall lässt sich den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) zwar entnehmen, dass "im Jahre 1996 eine Gewinnausschüttung entsprechend Gesellschafterbeschluss für 1994 erfolgte". Das Datum der der Ausschüttung zugrunde liegenden Beschlussfassung hat das FG hingegen nicht festgestellt. Sollte der Beschluss im Jahr 1996 gefasst worden sein ―wofür ein in den Akten (Betriebsprüfungsakten S. 178) enthaltenes Protokoll über eine Gesellschafterversammlung vom 15. März 1996 spricht―, ist die herzustellende Ausschüttungsbelastung i.S. des § 27 Abs. 1 KStG a.F. auf der Grundlage des zum 31. Dezember 1995 gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. gesondert festzustellenden vEK zu ermitteln (§ 28 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F.). Wurde der der Ausschüttung zugrunde liegende Beschluss hingegen bereits im Jahre 1995 gefasst, ist hierfür das zum 31. Dezember 1994 festzustellende vEK maßgebend. Von Letzterem gehen offenbar sowohl die Vorentscheidung als auch die Beteiligten aus.
2. An der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites ist der Senat dennoch nicht gehindert. Unabhängig davon, ob für die Ermittlung der Ausschüttungsbelastung und damit für die Festsetzung der Körperschaftsteuer der Klägerin für das Streitjahr 1994 die gesonderte Feststellung des vEK gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. zum 31. Dezember 1994 oder zum 31. Dezember 1995 maßgebend ist, ist die u.a. gegen die Feststellung zum 31. Dezember 1994 gerichtete Klage zulässig. Denn der Bescheid über die Feststellung des vEK zum 31. Dezember 1994 ist jedenfalls Grundlagenbescheid für den Feststellungsbescheid zum 31. Dezember 1995 (§ 47 Abs. 1 Satz 2 KStG a.F.), nachdem die dort festzustellenden Teilbeträge des vEK aus der Gliederung zum 31. Dezember 1994 abzuleiten sind (§ 30 Abs. 1 Satz 2 KStG a.F.).
Die Klage und damit die Revision sind auch begründet. Denn die Mehrung des Betriebsvermögens der Klägerin infolge des im Jahr 1994 erfolgten Teilerlasses von Altverbindlichkeiten gemäß § 4 AltschG ist bei der Gliederung des vEK sowohl zum 31. Dezember 1994 als auch ―wegen deren Bindungswirkung für die nachfolgende Gliederung― zum 31. Dezember 1995 dem EK 04 zuzuordnen; damit ergibt sich in beiden Fällen ein negativer Teilbetrag des EK 02. Bei der sonach mit dem jeweiligen EK 04 zu verrechnenden Ausschüttung für das Jahr 1994 ergibt sich somit in beiden Fällen keine Erhöhung der Körperschaftsteuer nach § 27 KStG a.F. (§ 40 Satz 1 Nr. 2 KStG a.F.).
3. Die Klägerin ist in Folge ihres dahin gehend ausgeübten Wahlrechts gemäß § 1 Abs. 5 DMBilG für Zwecke dieses Gesetzes als zum 1. Juli 1990 entstanden anzusehen, nachdem auf sie als eine zum 1. Januar 1992 durch Umwandlung entstandene GmbH als kommunales Wohnungsunternehmen zu Wohnzwecken dienende Grundstücke und sonstiges Wohnungsvermögen von früheren volkseigenen Wohnungsbewirtschaftungsbetrieben übertragen worden sind (vgl. dazu auch BTDrucks 12/7262, S. 9). Sie hat zum 1. Juli 1990 eine Eröffnungsbilanz in DM nach § 1 Abs. 1 DMBilG aufgestellt. Nach § 54a Nr. 7 KStG a.F. hatte sie erstmals zum 1. Januar 1991 auch eine Gliederung ihres Eigenkapitals gemäß § 30 KStG a.F. vorzunehmen, wobei das auszuweisende Eigenkapital, soweit es das Nennkapital überstieg, dem EK 04 zuzuordnen war (§ 30 Abs. 3 KStG a.F.).
4. a) Ergibt sich bei der Aufstellung späterer Jahresabschlüsse, dass in der Eröffnungsbilanz u.a. Schulden oder Schuldposten zu Unrecht oder mit einem zu hohen Wert angesetzt worden sind, so ist in der späteren Bilanz der Wertansatz zu berichtigen (§ 36 Abs. 1 Satz 1 DMBilG), wenn es sich ―wie vorliegend― um einen wesentlichen Betrag handelt. In diesem Fall "gilt" auch die Eröffnungsbilanz als geändert (§ 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG). Dementsprechend ist der sich aus der Mehrung des Betriebsvermögens ergebende Gewinn (bei einer GmbH wie der Klägerin), in eine Sonderrücklage gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 DMBilG einzustellen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 DMBilG); diese Rücklage darf nur zum Ausgleich von Verlusten oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet und kann unter den in § 27 Abs. 2 Satz 4 DMBilG bezeichneten Voraussetzungen aufgelöst oder in freie Kapitalrücklagen umgegliedert werden. Die genannten Regelungen sind jedenfalls für Geschäftsjahre anzuwenden, die wie vorliegend im Jahre 1994 enden (§ 36 Abs. 4 Satz 2 DMBilG).
b) Hiervon ausgehend führte ―wie auch das FG ausführt― die Teilentlastung der Klägerin von Altverbindlichkeiten i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltschG (d.h. von Verbindlichkeiten aus der Zeit vor In-Kraft-Treten der Währungsunion zum 30. Juni 1990), die im Jahre 1994 eine Erhöhung ihres Betriebsvermögens bewirkt hat, zu einer entsprechenden Korrektur bereits ihrer Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 und damit (gekürzt um den Betrag der passivierten Verpflichtung zur Teilabführung von Erlösen gemäß § 5 Abs. 1 und 2 AltschG) zur Zuführung zu einer Sonderrücklage gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 DMBilG. Diese sich als Folge der Berichtigung der Bilanz der Klägerin zum 31. Dezember 1994 ergebende Änderung der Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 führt bei der gesonderten Feststellung des vEK auch zum 31. Dezember 1994 gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. zu der von der Klägerin begehrten Erhöhung des EK 04 mit entsprechender Folgewirkung für die gesonderte Feststellung des vEK zum 31. Dezember 1995. Dies ergibt sich bereits aus § 54a Nr. 7 KStG a.F. i.V.m. § 30 Abs. 3 KStG a.F., wonach die Klägerin bei der Erstgliederung ihres vEK (zum 1. Januar 1991) das in der Eröffnungsbilanz auszuweisende Eigenkapital, soweit es das Nennkapital übersteigt, dem EK 04 zuzuordnen hatte. Für das sich als Folge nachträglicher Änderungen der Eröffnungsbilanz gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG ergebende Mehrvermögen kann nichts Abweichendes gelten.
Dem steht ―anders als das FA meint― § 6 AltschG nicht entgegen. Danach sind zwar Erhöhungen des Betriebsvermögens infolge von Teilentlastungen i.S. des § 4 AltschG von der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer befreit. Die gliederungsrechtliche Zuordnung dieses Mehrvermögens ist indessen von den bilanziellen Folgewirkungen der Teilentlastung und damit davon abhängig, ob sich eine Änderung der Eröffnungsbilanz ergibt. Soweit bereits daraus eine steuerneutrale Behandlung folgt, wird § 6 AltschG jedenfalls hinsichtlich der gliederungsrechtlichen Auswirkungen verdrängt. Diese Vorschrift läuft dennoch auch im Streitfall nicht leer, da sie auf die Teilentlastung der Klägerin von ihren Verbindlichkeiten, die nach dem 30. Juni 1990 entstanden sind (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 AltschG) und von den ebenfalls danach entstandenen Zinsverbindlichkeiten (§ 3 Abs. 2 AltschG) anzuwenden ist.
5. Der nach den vorstehenden Grundsätzen vorzunehmenden gesonderten Feststellung des vEK der Klägerin gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. zum 31. Dezember 1994 steht anders als nach der Vorentscheidung nicht entgegen, dass der Feststellungsbescheid zum 1. Januar 1991 und die folgenden Feststellungsbescheide nicht entsprechend geändert worden sind. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus § 47 Abs. 1 Satz 2 KStG a.F., wonach ein Bescheid über die gesonderte Feststellung des vEK Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt und daher für diesen bindend ist (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO 1977).
a) Die (fiktiven) Änderungen der handelsrechtlichen Eröffnungsbilanz zum 1. Juli 1990 gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG führen nach § 50 Abs. 3 Satz 1 DMBilG zu entsprechenden Berichtigungen der steuerlichen Eröffnungsbilanz und der Folgebilanzen; diese "gelten" daher entsprechend der handelsrechtlichen Eröffnungsbilanz gleichermaßen als geändert (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2002 I R 48/00, BFH/NV 2002, 1132), ohne tatsächlich geändert werden zu müssen.
Als Folge der Berichtigung von Steuerbilanzen sind gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 DMBilG auch Steuerbescheide zu ändern, soweit die Berichtigungen von Bilanz- oder Wertansätzen zu einem geänderten Gewinn oder Verlust führen oder sich auf die Feststellung von Einheitswerten auswirken. Dies gilt auch für Bescheide betreffend die gesonderte Feststellung des vEK gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F., für die gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 die Vorschriften über die Durchführung der Besteuerung sinngemäß gelten und die daher wie Steuerbescheide zu behandeln sind. Zudem sind sie im Verhältnis zu Körperschaftsteuerbescheiden einerseits Folgebescheide (§ 47 Abs. 2 Nr. 1 KStG a.F.), andererseits Grundlagenbescheide (§ 47 Abs. 1 Satz 3 KStG a.F.).
b) Allerdings ergeben sich im Streitfall aus der (als geändert geltenden) steuerlichen Eröffnungsbilanz und den Folgebilanzen aufgrund der Teilentlastung der Klägerin mit der Folge der Zuführung zur Sonderrücklage gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 DMBilG keine Auswirkungen auf das steuerliche Ergebnis; damit liegen hinsichtlich der Steuerbescheide und Feststellungsbescheide ―bei wörtlicher Interpretation― die Voraussetzungen des § 50 Abs. 3 Satz 2 DMBilG nicht vor. Der Senat folgt aber insoweit der Auffassung der Klägerin, dass diese Bescheide in entsprechender Anwendung des § 50 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG ―im Hinblick auf ihre Bindungswirkung gemäß § 182 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 für folgende, möglicherweise auch nach § 50 Abs. 3 Satz 2 DMBilG zu ändernde Bescheide― jedenfalls als geändert gelten. § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG fingiert ―im Hinblick auf den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung― bei Änderungen einer späteren Bilanz (rückwirkend) den Bilanzenzusammenhang. Dieser handelsrechtliche Bilanzenzusammenhang ist gemäß § 50 Abs. 3 Satz 1 DMBilG auch für steuerliche Zwecke und unabhängig davon maßgeblich, ob sich die Änderungen auf das steuerliche Ergebnis auswirken. Daraus folgt aber nach Auffassung des Senats, dass die mit § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG i.V.m. § 50 Abs. 3 Satz 1 DMBilG fingierte Folgewirkung nicht nur die steuerliche Eröffnungsbilanz bzw. die steuerlichen Folgebilanzen betrifft, sondern auch auf Steuerbescheide einschließlich der Feststellungsbescheide anzuwenden ist. Denn nur im Hinblick auf ihre Umsetzung durch Steuerbescheide kommt einer Änderung steuerlicher Bilanzen überhaupt Bedeutung zu. Daher müssen im Falle einer (fiktiven) Änderung der steuerlichen Eröffnungsbilanz und der Folgebilanzen auch die darauf beruhenden Steuerbescheide unabhängig davon als geändert gelten, ob den Bilanzänderungen Auswirkungen auf das steuerliche Ergebnis zukommt. Lediglich im Falle derartiger Auswirkungen sind die Bescheide gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 DMBilG förmlich zu ändern.
c) So betrachtet ist § 50 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG gegenüber § 182 AO 1977 als spezialgesetzliche Norm zu verstehen, der mit dem Ziel einer vereinfachten Regelung der steuerlichen Folgen aus späteren Änderungen der Eröffnungsbilanz Vorrang zukommt. Diese Beurteilung steht im Einklang mit den Erläuterungen der Bundesregierung zum ersten Entwurf des DMBilG (BTDrucks 11/7817, S. 65, 97), wonach im Falle von Berichtigungen (§ 36) mit Auswirkungen auf die steuerliche Eröffnungsbilanz einschließlich der Folgebilanzen "bereits erlassene Folgebescheide entsprechend zu ändern sind. Die Rückberichtigung wird aus Gründen der Rechtssicherheit vorgesehen" (vgl. dazu auch Strobel, Beilage 35 zum Betriebsberater ―BB― 1990, 14, 25).
Sind sonach im Streitfall die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vEK gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. zum 1. Januar 1991 und die entsprechenden Folgebescheide nicht geändert worden, haben sie zumindest in ihrer Eigenschaft als Grundlagenbescheide für spätere Folgebescheide als geändert zu gelten.
d) Nach diesen Grundsätzen kann offen bleiben, ob eine Berichtigung von Wertansätzen gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 DMBilG wie im Streitfall ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 darstellt (so wohl Bullinger in Budde/Forster, D-Markbilanzgesetz, 1991, § 50 Anm. 41). Denn auch im Verhältnis zu § 175 AO 1977 ist § 50 Abs. 3 Satz 1 DMBilG eine spezialgesetzliche Norm (vgl. Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 2003, § 175 Anm. 4; Becker, Die steuerliche Betriebsprüfung ―StBp― 1999, 42, 44). Da die dem Feststellungsbescheid zum 31. Dezember 1994 vorangehenden Feststellungsbescheide in entsprechender Anwendung von § 36 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 3 Satz 1 DMBilG als geändert gelten, ist auch nicht erheblich, inwieweit inzwischen Festsetzungsverjährung eingetreten ist (a.A. Bullinger in Budde/Forster, a.a.O., Anm. 40). Gemäß § 50 Abs. 3 Satz 3 DMBilG beginnt eine erneute Festsetzungsfrist im Jahr der Berichtigung der steuerlichen Eröffnungsbilanz und etwaiger Folgebilanzen.
6. Nach alledem waren die Vorentscheidung aufzuheben und die angefochtenen Bescheide antragsgemäß zu ändern. Zwar ist die Festsetzung der Körperschaftsteuer der Klägerin für das Streitjahr 1994 von der Feststellung des vEK gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 30 KStG a.F. abhängig, mit dem die für 1994 vorgenommene Ausschüttung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG a.F. zu verrechnen ist. Unabhängig vom Zeitpunkt der dieser Ausschüttung zugrunde liegenden Beschlussfassung im Jahr 1995 oder 1996 ergibt sich aber in jedem Falle eine Verrechnung der Gewinnausschüttung für 1994 mit dem Teilbetrag des § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F. ―EK 04― und damit keine Ausschüttungsbelastung, mit der Folge einer Körperschaftsteuer der Klägerin für das Streitjahr 1994 ―wie von ihr erklärt― von 0 DM. Auch der Feststellungsbescheid des FA gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. zum 31. Dezember 1995 weist einen Teilbetrag des EK 02 (mit 7 624 769 DM) aus, der nach Verminderung um den nach den vorstehenden Grundsätzen dem EK 04 zuzuordnenden Betrag der Teilentlastung der Klägerin von ihren Altverbindlichkeiten (abzüglich der Erlösabführungsverpflichtung) in Höhe von insgesamt 29 618 937 DM jedenfalls einen negativen Betrag annimmt.
Fundstellen
Haufe-Index 1266982 |
BFH/NV 2005, 142 |
BStBl II 2005, 151 |
BFHE 2005, 396 |
BFHE 207, 396 |
BB 2004, 2798 |
BB 2005, 210 |
DB 2004, 2730 |
DB 2007, 13 |
DStRE 2005, 33 |
DStZ 2005, 6 |