Entscheidungsstichwort (Thema)
Anonymitätsgrundsatz und Steuerberaterprüfung
Leitsatz (NV)
1. Die einmal vorgenommene Zuweisung der Begutachtung einer bestimmten Aufsichtsarbeit durch ein Mitglied des Prüfungsausschusses kann nicht zurückgenommen und ein anderes Mitglied mit der Begutachtung beauftragt werden, solange das Mitglied, dem die Aufsichtsarbeit zur Erstbegutachtung zugewiesen worden ist, die Begutachtung noch nicht begonnen hat.
2. Ist eine offene Bewertung der Aufsichtsarbeiten festgelegt, so kann allein daraus, daß der Zweitkorrektor bei der Bewertung einer Arbeit zu demselben Ergebnis gelangt ist wie der Erstkorrektor, auch dann nicht gefolgert werden, er habe die Arbeit nicht selbständig begutachtet, wenn auf der Aufsichtsarbeit Anmerkungen oder sonstige Hinweise auf eine Begutachtung durch den Zweitkorrektor fehlen.
3. Ist die Begutachtung durch die beiden Gutachter nicht unabhängig voneinander oder erst nach Beeinflussung durch die übrigen Mitglieder des Prüfungsausschusses in deren Sitzung erfolgt, kann darin ein für die getroffene Prüfungsentscheidung ursächlicher Verstoß gegen die Bestimmung liegen, daß jede schriftliche Arbeit von mindestens zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses selbständig zu beurteilen ist.
4. Werden bei einer schriftlichen Prüfung die Namen der Korrektoren dem Prüfling erst bei Einsichtnahme in seine Prüfungsakten bekannt, kann von ihm nicht verlangt werden, daß er die Besorgnis der Befangenheit eines Korrektors und Prüfers bereits vor Einsichtnahme geltend macht.
5. Zur Frage, welche Umstände und Verhaltensweisen, die hinsichtlich des Anonymitätsgrundsatzes im Prüfungsrecht die Besorgnis der Befangenheit zu begründen geeignet sind, ausschließlich in der Sphäre des die Prüfung durchführenden Ministeriums liegen.
6. In einem zu Beginn des Verfahrens erklärten Verzicht auf eine mündliche Verhandlung kann nicht die ausdrückliche oder konkludente Erklärung eines Verzichts auf eine gebotene Sachverhaltsermittlung durch das Gericht und auf die Erhebung angebotener oder beantragter Beweise gesehen werden.
Normenkette
AO 1977 §§ 83-84; DVStB i.d.F. vom 12.11.1979 (BGBl I 1979, 1922) § 10 Abs. 3; DVStB i.d.F. vom 12.11.1979 (BGBl I 1979, 1922) § 18 Abs. 1 S. 4; DVStB i.d.F. vom 12.11.1979 (BGBl I 1979, 1922) § 24 Abs. 1; FGO § 76 Abs. 1, § 155; ZPO § 295 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) nahm an der Steuerberaterprüfung ... teil, nachdem der erkennende Senat die Auskunft des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzministerium) und die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und das Finanzministerium verpflichtet hatte, dem Kläger die begehrte Auskunft gemäß § 7 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) zu erteilen, daß er die in § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) geforderten Vorbildungsvoraussetzungen für eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung erfüllt (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Januar 1989 VII R 79/88, BFHE 156, 328, BStBl II 1989, 337).
Der Prüfungsausschuß des Finanzministeriums setzte aufgrund der Begutachtung der drei Aufgaben durch jeweils zwei Prüfer für die vom Kläger gefertigten drei Aufsichtsarbeiten die Noten 4, 5 und 5 fest. Prüfer für die Aufgabe aus dem Verfahrensrecht und anderen Steuerrechtsgebieten waren A (Erstkorrektor) und B (Zweitkorrektor), für die Aufgabe aus dem Gebiet der Ertragsteuern C (Erstkorrektor) und D (Zweitkorrektor).
Der Zweitkorrektor für die Aufsichtsarbeit aus dem Gebiet der Ertragsteuern, D, war Mitglied des am ... neu gebildeten Prüfungsausschusses, und zwar stellvertretender Vorsitzender. Vor seiner Berufung in den Prüfungsausschuß hatte er in seiner Eigenschaft als Leiter des zur Abteilung X des Finanzministeriums gehörenden Referats Y, zu dem u.a. die Angelegenheiten der steuerberatenden Berufe einschließlich des Prüfungswesens gehören, das Finanzministerium in dem o.g. Rechtsstreit über die Zulassung des Klägers zur Steuerberaterprüfung vertreten. Er war nicht Mitglied des Zulassungsausschusses.
Mit Bescheid ... teilte das Finanzministerium dem Kläger mit, seine Gesamtnote für die schriftliche Prüfung übersteige die Zahl 4,5. Er sei deshalb nach § 25 Abs. 2 DVStB von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und habe die Prüfung nicht bestanden.
Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.
Im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers führte es aus, eine fehlerhafte Besetzung des Prüfungsausschusses habe nicht vorgelegen; eine Besorgnis der Befangenheit von Mitgliedern des Prüfungsausschusses könne bei keiner der an der Prüfung beteiligten Personen angenommen werden. Die einzige objektiv feststellbare Tatsache in diesem Zusammenhang sei, daß der Zulassungsausschuß des Finanzministeriums die Rechtsauffassung vertreten habe, die Tätigkeit des Klägers als Justitiar bei der Oberfinanzdirektion habe nicht als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens angesehen werden können. Über die Beurteilung dieser Rechtsfrage hinaus seien konkrete Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit nicht geltend gemacht worden und dem FG auch in dem genannten Verfahren nicht zur Kenntnis gelangt. Allein der Umstand, daß der Zulassungsausschuß eine sich letztlich als nicht haltbar erwiesene Rechtsansicht vertreten habe, die auch der seinerzeitigen Beweisaufnahme durch das FG zugrunde gelegen habe, reiche bei objektiver und vernünftiger Betrachtung nicht aus, am Prüfungsverfahren etwa beteiligte Mitglieder des Zulassungsausschusses sowie D aufgrund seiner Leitung des Referates Y und seiner Prozeßvertretung als befangen anzusehen.
Darüber hinaus hätte sich die Frage einer Befangenheit im schriftlichen Verfahren gar nicht stellen können, weil die schriftlichen Prüfungsarbeiten anonym geschrieben worden seien. Unerheblich sei insofern das Vorbringen - und die dazu angebotene Vernehmung von Zeugen -, daß der Anonymitätsgrundsatz durch die Mitwirkung von D am Prüfungsverfahren deshalb verletzt worden sei, weil dieser freien Zugang zu allen schriftlichen Unterlagen in den Diensträumen seiner Mitarbeiter gehabt habe, sich also Kenntnis davon habe verschaffen können, unter welcher Kennziffer der Kläger seine Klausuren geschrieben habe. Denn es komme nicht darauf an, ob der Grundsatz der Anonymität durch einzelne Personen verletzt werden könne, sondern darauf, ob er im Einzelfall tatsächlich verletzt worden sei (oder zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden) und ob das Prüfungsergebnis dadurch negativ beeinflußt worden sei oder daraus Gründe für eine Befangenheit eines Prüfers herzuleiten seien. Allein aus der Leitungs- und Kontrollbefugnis des D als Referatsleiter folge dieses nicht. Der Kläger habe keinen einleuchtenden Grund dafür vorgetragen, warum dieser Beamte unter Verletzung seiner Dienstpflichten als Referatsleiter und als stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses sich Kenntnis darüber hätte verschaffen sollen, unter welcher Kennziffer der Kläger seine Klausurarbeiten geschrieben hat. Das vom Kläger hier angeführte Motiv, er müsse besorgen, daß D wegen seiner Befassung mit dem Verfahren über die Zulassung des Klägers zur Steuerberaterprüfung befangen gewesen sei, ergebe keinen konkreten Anhaltspunkt für eine Verletzung des Anonymitätsgrundsatzes. Das Vorbringen des Finanzministeriums, daß die Namen der Kandidaten den Korrektoren von der Sachbearbeiterin des Referats Y nicht mitgeteilt worden seien, habe der Kläger nur mit Nichtwissen bestritten, wie er auch nur mit Nichtwissen bestritten habe, daß D die Namen zum Zeitpunkt der Korrektur noch nicht bekannt gewesen seien. Insoweit sei es aber nicht Sache des Klägers zu bestreiten, sondern zunächst einen Sachverhalt oder zumindest beweiserhebliche Indizien dafür vorzutragen, die für eine tatsächliche Verletzung des Anonymitätsgrundsatzes sprächen. Mangels eines geeigneten Vortrags hierzu habe das FG daher keine Veranlassung gehabt, entgegen dem wiederholten Verzicht des Klägers auf mündliche Verhandlung die angebotenen Zeugen zu vernehmen.
Auch ein Verstoß gegen die formellen Anforderungen an die Begutachtung der Ertragsteuerklausur könne nicht angenommen werden. Die beiden Notenvorschläge des Erstkorrektors der Ertragsteuerklausur und des Zweitkorrektors D sowie die jeweils vergebenen Summen der Punkte und die endgültige Entscheidung des Prüfungsausschusses seien zwar von den Korrektoren und dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses erst ..., dem Tage der Sitzung des Ausschusses, auf dem dafür vorgesehenen Formblatt eingetragen und unterschrieben worden. Die von beiden Korrektoren erteilten Punkte, in denen die Leistungsbewertung liege, sei aber schon vorher auf der Originalklausur vermerkt worden, die nach dem Vorbringen des Finanzministeriums von dem Zweitkorrektor vor dem ... begutachtet worden sei. Da § 24 Abs. 1 DVStB für den Zeitpunkt der schriftlichen Festlegung der Notenvorschläge nichts weiter bestimme, die Vorschläge sich aus dem einfachen Rechenvorgang der Anwendung des feststehenden Punkteschlüssels auf die vorgegebenen Punkte ergäben und die Notenvorschläge auch nicht früher als am Sitzungstag des Prüfungsausschusses vorliegen müßten, sei ein Verfahrensfehler nicht ersichtlich. Weder aus der Tatsache, daß D als Zweitkorrektor bei der Vergabe der Einzelpunkte dem Erstkorrektor genau gefolgt sei, noch daraus, daß die Korrektoren der übrigen Arbeiten des Klägers die vergebenen Punktesummen und abschließenden Notenvorschläge nicht erst am Sitzungstag des Ausschusses, sondern bereits nach Beendigung der Korrekturen in die jeweiligen Formblätter eingetragen und sie unterschrieben hätten, könne hergeleitet werden, D habe keine selbständige Begutachtung der Arbeit durchgeführt. Auf Anfrage des Gerichts habe das Finanzministerium dargelegt, daß die beiden Korrektoren der Ertragsteuerklausur die vergebenen Punkte - neben ihrer Aufzeichnung auf der Originalklausur - und ihre Notenvorschläge bei allen von ihnen begutachteten Arbeiten der schriftlichen Prüfung, wie auch schon in früheren Prüfungen, erst am Sitzungstag des Ausschusses in das Formblatt eingetragen hätten. Da das Formblatt nicht zwingend vorschreibe, den Zeitpunkt der abschließenden Klausur durch den jeweiligen Gutachter zu dokumentieren - was allerdings nützlich sein könne -, und der Prüfungsausschuß dieses, einheitlich bei allen Kandidaten geübte Verfahren akzeptiert habe, sei die Annahme eines prüfungserheblichen Verfahrensfehlers nicht gerechtfertigt.
Für einen nicht selbständigen Notenvorschlag lägen auch sonst keine hinreichenden objektiven Anhaltspunkte vor. Zur Begutachtung der schriftlichen Arbeiten habe sich der Prüfungsausschuß für eine offene Bewertung der Arbeiten entschieden, die nicht zu beanstanden sei. Wenn es nach der Rechtsprechung genüge, daß sich der Zweitkorrektor in Ausübung seiner Wissens- und Gewissensentscheidung dem Notenvorschlag des Erstkorrektors anschließe, obwohl er die erste Beurteilung nicht nachzuvollziehen brauche, könne daraus, daß im Streitfall der Zweitkorrektor bei der Punktevergabe offenbar dem Erstkorrektor gefolgt sei, nicht gefolgert werden, er sei bei der Begutachtung nicht selbständig tätig gewesen.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger Verfahrensverstöße sowohl des Prüfungsausschusses (Verletzung der §§ 83, 84 der Abgabenordnung - AO 1977 -, §§ 10 Abs. 3, 24 Abs. 1 DVStB) als auch des FG (Verletzung der Sachaufklärungspflicht, § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Noch während des selbständigen Verfahrensabschnitts der schriftlichen Prüfung sei E als Zweitkorrektor der Verfahrensrechtsklausur durch B ausgetauscht worden. Dieser Austausch verstoße gegen §§ 10 Abs. 3, 24 Abs. 1 DVStB.
2. D habe als Zweitkorrektor die Ertragsteuerklausur nicht selbständig begutachtet, wie sich aus dem Inhalt des Deckblattes der Klausur als Urkunde und aus den fehlenden Anmerkungen des Zweitkorrektors auf der Klausur selbst ergebe. Das Finanzministerium habe selbst ausgeführt, daß die Korrektoren der Ertragsteuerklausur aus Zweckmäßigkeitsgründen und um nicht für eine möglicherweise fehlerhafte Korrektor einstehen zu müssen, den Bewertungsbogen erst am Tag der Sitzung des Prüfungsausschusses ausgefüllt hätten. Damit hätten - worauf er sogleich hingewiesen habe - die Korrektoren entgegen § 24 DVStB eine eigenverantwortliche Korrektur der Klausur nicht vorgenommen, sondern ihre Entscheidung verbindlich erst nach der Diskussion im Prüfungsausschuß getroffen. Das FG sei zu seinen Ungunsten ohne weitere Sachaufklärung davon ausgegangen, daß die Originalklausur vom Zweitkorrektor nach dem Vorbringen des Beklagten bereits vor dem ... begutachtet worden sei. Vom Kläger sei dies gerade im Hinblick auf das gleiche Zeichnungsdatum auf dem Deckblatt der Klausur und unter Hinweis auf die abweichenden Zeichnungsdaten auf den anderen Klausuren durch die jeweiligen Erst- und Zweitkorrektoren substantiiert bestritten worden.
3. Mit Schreiben ... habe der Kläger ausdrücklich beantragt, daß an dem Prüfungsverfahren keine Prüfer beteiligt werden sollten, die bereits an der negativen Entscheidung über seine Zulassung zur Steuerberaterprüfung mitgewirkt hätten. Hierdurch sei die Besorgnis der Befangenheit (§§ 83, 84 AO 1977) frühzeitig erklärt und begründet worden.
Der Prüfungsgrundsatz der Anonymität sei zudem nicht eingehalten worden, weil D Zugang zu allen Prüfungsunterlagen gehabt hätte. Es sei daher bestritten worden, daß D die Namen der Prüflinge im Zeitpunkt der Korrekturvornahme noch nicht bekannt gewesen seien. Das Verlangen des FG, ausreichende Anhaltspunkte bzw. beweiserhebliche Indizien für einen derartigen Informationsstand des D vorzutragen, die er verständlicherweise mangels Einblick in die Behördeninterna nicht erfüllen könne, gehe weit über die Anforderungen hinaus, die an einen schlüssigen und beweiserheblichen Tatsachenvortrag zu stellen seien. Es sei ordnungsgemäß Beweis durch Zeugen für die Tatsachenbehauptung angetreten worden, daß D schon vor der Vornahme der Prüfungskorrekturen Kenntnis von den Namen der Klausurverfasser gehabt hätte, da ihm als Leiter des Referats die Liste über die Zuordnung der Namen der Prüflinge zu den Kennziffern zugänglich gewesen sei. Soweit er, der Kläger, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet habe, folge dies ausweislich seines Schriftsatzes ... erkennbar in der Annahme, daß das Gericht die Klage als entscheidungsfrei in seinem Sinne ansehe, weil die angefochtene Prüfungsentscheidung schon aus verfahrensrechtlichen Gründen rechtswidrig sei. Das FG sei gehalten gewesen, ihn zuvor auf die insoweit abweichende, für ihn ungünstige Rechtsauffassung des Gerichts hinzuweisen.
Das Finanzministerium trägt vor, als Korrektor der Verfahrensrechtsklausur sei von vornherein B vorgesehen gewesen. Es sei lediglich der Vordruck Bewertungsvorschlag aus dem Vorjahr verwendet worden, in dem der auf dem Vordruck befindliche Name E handschriftlich durch den Namen B ersetzt worden sei. Der Vordruck Bewertungsvorschlag enthalte für alle Kandidaten die auffällige handschriftliche Korrektur. Ein Mitglied des Zulassungsausschusses habe an der Korrektur der schriftlichen Arbeiten des Klägers nicht mitgewirkt. Eingeräumt werde, daß der Prozeßvertreter des Finanzministeriums in dem Rechtsstreit wegen Zulassung des Klägers zur Prüfung Klausuren korrigiert habe. Da die Korrektoren aber nicht erkennen könnten, wer Verfasser der jeweiligen Klausur sei, scheide eine Verletzung der §§ 83, 84 AO 1977 aus. Der Grundsatz der Anonymität werde bei der Begutachtung der Klausuren uneingeschränkt eingehalten.
Für die Korrektur der Klausuren gäbe es keine Vorschriften des Prüfungsausschusses, die anordnen, wann das Formular über den Bewertungsvorschlag auszufüllen sei. Die Bewertung der Ertragsteuerklausur sei nach Abschluß der Korrektur durch Eintrag der erreichten Punktezahl auf der letzten Seite der Klausur erfolgt. Das Ausfüllen des Bewertungsformulars bedeute hingegen die formale abschließende Mitteilung der Note an den Prüfungsausschuß. Die entsprechenden Urkunden hätten die Korrektoren der Ertragsteuerklausur jeweils erst am Tage der Sitzung des Prüfungsausschusses ausgefüllt. Soweit der Kläger behaupte, seine Ertragsteuerklausur sei nicht selbständig begutachtet worden, habe er selbst keine Beweise angeboten. Ermittlungen des FG von Amts wegen seien diesem nicht zumutbar gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
1. Der ehrenamtliche Richter E war von der Mitwirkung an der Vorentscheidung nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen (§ 119 Nr. 2 FGO), denn er ist nach den unwidersprochenen Feststellungen des Finanzministeriums mit dem Mitglied des Prüfungsausschusses E weder identisch noch mit diesem verwandt.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können Prüfungsentscheidungen als höchstpersönliche Werturteile gerichtlich nur beschränkt überprüft werden. Der Richter kann nur prüfen, ob die Prüfer bzw. der Prüfungsausschuß die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums überschritten haben, d.h. ob sie allgemein gültige Bewertungsgrundsätze nicht beachtet haben, sich von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen sind und ob die für die Prüfung maßgeblichen Verfahrensbestimmungen eingehalten worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 11. Juli 1989 VII R 109/88, BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858 m.w.N.).
Die Einwendungen des Klägers, die die Ersetzung eines Zweitkorrektors durch einen anderen und die mangelnde Selbständigkeit der Bewertung der Ertragsteuerklausur durch D betreffen (soweit sie sich aus fehlenden Anmerkungen auf der Aufsichtsarbeit selbst und dem Votum als solchem ergeben soll), sind danach zwar gerichtlich nachprüfbar. Sie richten sich gegen die Ordnungsmäßigkeit der Besetzung des Prüfungsausschusses und gegen die Art und Weise, in der die Noten für die Ertragsteuerklausur festgesetzt worden sind. Damit rügt der Kläger eine Verletzung der für die Prüfung geltenden Verfahrensvorschriften, deren Einhaltung der richterlichen Kontrolle unterliegt. Wie das FG zu Recht entschieden hat, sind dem Prüfungsausschuß jedoch insoweit Verfahrensverstöße nicht unterlaufen.
a) Die unrichtige Besetzung eines Prüfungsausschusses ist ein wesentlicher Verfahrensmangel, der die Prüfungsentscheidung rechtswidrig macht. Aus § 24 Abs. 1 DVStB (in der für den Streitfall geltenden Fassung), nach dem jede schriftliche Arbeit von mindestens zwei Mitgliedern des Prüfungsausschusses selbständig zu begutachten ist (Satz 1) und der Prüfungsausschuß die Note festsetzt (Satz 2), ergibt sich, daß die Gutachter - Erstkorrektor und Zweitkorrektor - Mitglieder des Prüfungsausschusses sein müssen. Die durch behördlichen Bestellungsakt (§ 10 Abs. 3 Satz 2 DVStB) zu stellvertretenden Mitgliedern berufenen Personen sind nach der Rechtsprechung des Senats dann zwingend gleichberechtigte Mitglieder des Prüfungsausschusses, wenn es um Beratung und Beschlußfassung über die Festsetzung der Noten für den schriftlichen Teil der Prüfung aufgrund der von ihnen begutachteten Prüfungsarbeiten geht (vgl. BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858, 860).
Der Kläger rügt, daß während des schriftlichen Prüfungsverfahrens der Zweitkorrektor seiner Verfahrensrechtsklausur, E, durch B ersetzt worden sei. Mit dieser Rüge könnte der Kläger allenfalls Erfolg haben, wenn der Austausch der Zweitkorrektoren (unterstellt, ein solcher sei tatsächlich erfolgt) nach Beginn der Begutachtung der Klausur durch den Erstkorrektor und außerdem willkürlich, d.h. aus sachfremden, den Kläger in seiner Chancengleichheit möglicherweise beeinträchtigenden Erwägungen, erfolgt wäre. Beides hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen. Allein aus der Behauptung eines Austausches während des schriftlichen Prüfungsverfahrens kann das nicht entnommen werden.
Im übrigen ist weder aus den maßgebenden Vorschriften noch aus der dazu ergangenen Rechtsprechung zu entnehmen, daß die einmal vorgenommene Zuweisung der Begutachtung einer bestimmten Aufsichtsarbeit an ein Mitglied des Prüfungsausschusses nicht zurückgenommen und ein anderes Mitglied mit der Begutachtung beauftragt werden kann, solange das Mitglied, dem die Aufsichtsarbeit zur Erstbegutachtung zugewiesen worden war, die Begutachtung noch nicht begonnen hat. In diesem Zusammenhang ist bisher nur entschieden worden, daß ein Gutachter, nachdem er die Begutachtung einer Klausur durchgeführt hat, bei der in § 24 Abs. 1 Satz 2 DVStB vorgeschriebenen Festsetzung der schriftlichen Note für diese Arbeit durch den Prüfungsausschuß nicht vertreten oder ersetzt werden kann (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1982 VII R 18/82, BFHE 136, 173, BStBl II 1982, 674, und in BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858, 860; vgl. auch die Neufassung des § 24 Abs. 1 DVStB aufgrund der Änderungsverordnung vom 19. August 1991, BStBl I 1991, 899, 901). Für den Fall einer länger dauernden oder endgültigen Verhinderung eines bereits tätig gewordenen Gutachters an der Beschlußfassung über die Festsetzung der Note ist deshalb ein neuer Gutachter zu bestellen, der die Aufsichtsarbeit selbständig (erneut) bewertet und dann an der Festsetzung der Note mitwirkt (vgl. BFHE 157, 477, BStBl II 1989, 858, 861, und Senatsurteil vom 9. Juli 1991 VII R 21/91, BFHE 165, 156, BStBl II 1991, 893, 894). Da vom Kläger nicht vorgetragen worden ist, daß nach Beginn der Korrekturarbeiten ein Austausch des Zweitkorrektors für die Verfahrensrechtsklausur vorgenommen worden ist, kommt eine fehlerhafte Besetzung des Prüfungsausschusses nicht in Betracht. Es braucht deshalb nicht geprüft zu werden, ob und aus welchen Gründen - was vom Finanzministerium bestritten wird - tatsächlich ein Austausch der Prüfer erfolgt ist.
b) Auch mit der Rüge, D habe als Zweitkorrektor dadurch, daß er dem Erstkorrektor bei der Notengebung genau gefolgt sei und keinerlei Anmerkungen auf der Aufsichtsarbeit angebracht habe, eine selbständige Begutachtung nicht vorgenommen, kann der Kläger keinen Erfolg haben.
Der Prüfungsausschuß hatte sich für eine offene Bewertung der Aufsichtsarbeiten entschieden. Das bedeutet, daß dem Zweitkorrektor bei der Begutachtung einer Arbeit das Votum des Erstkorrektors bekannt ist. Das FG hat zu Recht erkannt, daß ein solches Verfahren nicht zu beanstanden ist. Der Senat hält insofern an seiner Auffassung, die mit der des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) übereinstimmt, fest (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 1983 VII R 123/83, BFHE 140, 125, BStBl II 1984, 280, und vom 22. Oktober 1991 VII R 10/91, BFH/NV 1992, 275, 276f.). Ist eine offene Bewertung der Aufsichtsarbeiten festgelegt, so kann aus der Tatsache allein, daß der Zweitkorrektor - ausgedrückt durch die Angabe gleicher Punktezahl oder durch sonstiges Kenntlichmachen eines gleichen Votums, etwa durch die Kennzeichnung einverstanden - zu demselben Ergebnis bei der Bewertung einer Arbeit gelangt ist wie der Erstkorrektor, auch dann nicht gefolgt werden, er habe die Arbeit nicht selbständig begutachtet, wenn auf der Aufsichtsarbeit Anmerkungen oder sonstige Hinweise auf eine Begutachtung durch den Zweitkorrektor nicht angebracht worden sind.
Der Senat folgt dem FG jedoch nicht in seiner Auffassung, der Vortrag des Klägers, die Gutachter der Ertragsteuerklausur hätten eine eigenverantwortliche Korrektur deshalb nicht vorgenommen, weil sie ihre Entscheidung verbindlich erst nach Diskussion im Prüfungsausschuß getroffen hätten, gebe nicht Anlaß zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen.
Das FG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, das Erfordernis der selbständigen Begutachtung gewährleiste, daß mindestens zwei der Mitglieder des Prüfungsausschusses zunächst unabhängig voneinander die schriftliche Arbeit durchsehen, korrigieren und eine abschließende Note vorschlagen. Die Vorinstanz hat aber verkannt, daß der Kläger insofern nicht nur darauf hingewiesen hat, die Korrektoren der Aufsichtsarbeiten aus den anderen Prüfungsgebieten hätten das Ergebnis ihrer Begutachtung stets an einem Tage im Bewertungsbogen eingetragen, der vor dem Tag der Festlegung der Note im Prüfungsausschuß lag, sondern daß er vor allem auch angegeben hat, aus dem Vortrag des Finanzministeriums selbst folge, die Korrektoren der Ertragsteuerklausur hätten ihre Entscheidung verbindlich erst nach der Diskussion im Prüfungausschuß getroffen. Dieses Vorbringen reicht mit Rücksicht auf die Erklärung des Finanzministeriums, die Zuordnung der Namen der Prüfungskandidaten erfolge unmittelbar vor der Entscheidung des Prüfungsausschusses, aus, um eine Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen zur Frage der eigenverantwortlichen Begutachtung und des hierfür maßgeblichen Zeitpunkts durch das Gericht zu induzieren. Das gilt insbesondere deshalb, da das dem klägerischen Vortrag entgegentretende Vorbringen des Finanzministeriums zu der entscheidungserheblichen Tatsache (Zeitpunkt der Bewertung der Ertragsteuerklausur und Eintragung der erreichten Punktezahl auf der letzten Seite der Klausur durch D) nur in der ebenfalls nicht näher spezifizierten Behauptung besteht, die Korrektur sei an einem Tage vor dem ... erfolgt bzw. die erteilten Punkte seien auf der Originalklausur schon vorher vermerkt worden. Sollte die Begutachtung (Korrektur) der Klausur durch die beiden Gutachter tatsächlich nicht unabhängig voneinander (selbständig) oder erst nach Beeinflussung durch die übrigen Mitglieder in der Sitzung des Prüfungsausschusses erfolgt sein - wobei es nicht um die Frage der an die selbständige Begutachtung anschließenden Abstimmung darüber geht, welche gemeinsame Note dem Prüfungsausschuß vorgeschlagen werden soll -, könnte bereits hierin ein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 Satz 1 DVStB liegen, der für die getroffene Prüfungsentscheidung ursächlich gewesen sein kann. Das FG hätte hierzu angesichts des widersprüchlichen Vorbringens der Beteiligten den Sachverhalt von Amts wegen aufklären müssen (§ 76 Abs. 1 FGO).
4. Der Senat kann dem FG auch nicht in seiner Ansicht folgen, der Kläger habe die Besorgnis der Befangenheit des D nicht rechtzeitig und hinreichend substantiiert gerügt, so daß insoweit kein Anlaß zur Sachaufklärung bestanden habe.
a) Zutreffend ist das FG - der Rechtsprechung des Senats folgend (Urteile vom 1. Februar 1983 VII R 133/82, BFHE 137, 536, BStBl II 1983, 344, und vom 16. Juli 1985 VII R 120/83, BFH/NV 1986, 57) - davon ausgegangen, daß die §§ 83, 84 AO 1977 über § 164a StBerG sinngemäß für das in der DVStB geregelte Prüfungsverfahren gelten und daß dies auch für die Sätze 2 und 3 von § 84 AO 1977 gilt, wonach die Ablehnung eines Ausschußmitglieds wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 83 AO 1977 vor einer mündlichen Verhandlung schriftlich oder zur Niederschrift zu erklären (Satz 2), aber die Erklärung unzulässig ist, wenn sich der Beteiligte, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine mündliche Verhandlung eingelassen hat (Satz 3).
Die genannten Vorschriften gehen davon aus, daß dem Beteiligten die Namen der Mitglieder des Ausschusses, der in seiner Sache entscheiden soll, vor der Verhandlung (hier: Prüfung) bekannt sind. Trifft das zu, ist es den Prüflingen zuzumuten, ihnen bekannte Ablehnungsgründe vor Beginn der Prüfung vorzubringen. Andernfalls hätten sie die nicht gerechtfertigte Chance, sich - gewissermaßen auf Probe - der Prüfung in der Hoffnung zu unterziehen, daß sie die Prüfung trotz der Besorgnis der Befangenheit eines Ausschußmitglieds bestehen oder daß die Befangenheit sich nicht zu ihrem Nachteil auswirkt (vgl. BFHE 137, 536, BStBl II 1983, 344, 346f.).
Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob die Erklärung des Klägers gegenüber dem Finanzministerium vom ..., in der er sich gegen die Mitwirkung solcher Personen an seinem Prüfungsverfahren ausgesprochen hat, die im Verfahren um seine Zulassung zur Prüfung mitgewirkt haben, und sein nachfolgendes Ferngespräch mit der zuständigen Sachbearbeiterin des Referats Y des Finanzministeriums mangels Kenntnis der für seine Besorgnis in Frage kommenden Personen schon als Ablehnungserklärung i.S. von § 84 Satz 2 AO 1977 angesehen werden kann. Jedenfalls hat der Kläger die Besorgnis der Befangenheit des D geltend gemacht, als er von dessen Mitwirkung - als Zweitkorrektor - Kenntnis erlangt hatte. Mehr kann unter den Bedingungen einer schriftlichen Prüfung, bei der den Prüflingen erst bei Einsichtnahme in die Prüfungsakten bekannt wird, wer ihre Aufsichtsarbeiten korrigiert hat, von einem Prüfling nicht verlangt werden. Aus der besonderen Situation der von der zuständigen obersten Landesbehörde durchzuführenden Steuerberaterprüfung ergibt sich zudem, daß der Kläger die Besorgnis der Befangenheit hier erst im Klageverfahren geltend machen konnte.
b) Der Kläger hat die Besorgnis der Befangenheit hinsichtlich des D auch hinreichend substantiiert vorgetragen, so daß die Vorinstanz gemäß dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 76 Abs. 1 FGO in eine Aufklärung des Sachverhalts hätte eintreten müssen.
Zwar ist das FG zutreffend davon ausgegangen, daß eine Besorgnis der Befangenheit aufgrund einer Verletzung des das schriftliche Verfahren der Steuerberatungsprüfung bestimmenden Anonymitätsgrundsatzes nur dann gegeben ist, wenn für die Verletzung zumindest konkrete Anhaltspunkte vorliegen und sich daraus Gründe für eine Befangenheit eines Prüfers herleiten lassen. Es hat auch zutreffend erkannt, daß es grundsätzlich Sache des Klägers ist, beweiserhebliche Indizien vorzutragen, die für eine tatsächliche Verletzung des Anonymitätsgrundsatzes sprechen. Nicht gefolgt werden kann der Vorinstanz aber, wenn sie - für den Streitfall entscheidend - meint, es sei unerheblich, wenn der Kläger unter Beweisantritt vortrage, D habe als Leiter des für die Organisation, Durchführung und Verfahrensgestaltung der Steuerberaterprüfung zuständigen Referats Y freien Zugang zu allen schriftlichen Unterlagen in den Diensträumen seiner Mitarbeiter gehabt und habe sich daher Kenntnis darüber verschaffen können, unter welcher Kennziffer der Kläger seine Klausuren geschrieben habe.
Mit diesem Vortrag ist ein Sachverhalt vorgetragen, der, läge er vor, ein Verhalten zeigt, das aus der Sicht des Klägers die Besorgnis der Befangenheit des D zu begründen geeignet wäre.
Dabei ist im Streitfall zu beachten, daß das danach entscheidungserhebliche Verhalten ausschließlich in der Sphäre des Finanzministeriums liegt. Der Prüfungsausschuß ist von diesem so gebildet worden, daß ein Mitglied des Prüfungsausschusses, dem gegenüber die Zuordnung von Kennziffer und Name eines Prüflings während des schriftlichen Prüfungsverfahrens nicht bekannt gemacht werden darf (Anonymität), als Leiter des für die verwaltungsmäßige Abwicklung der Prüfungen zuständigen Referats Y zugleich für die Wahrung gerade dieser Anonymität verantwortlich ist. Vorgänge im Referat Y sowie zwischen dem Referat und dem Prüfungsausschuß waren dem Einblick des Klägers naturgemäß völlig entzogen. Es wäre dem Kläger daher selbst dann nicht möglich, Einzelheiten oder Indizien für ein unzulässiges Vorgehen des Referatsleiters in Erfahrung zu bringen, wenn dieser tatsächlich die Anonymität der Beurteilung der Aufsichtsarbeiten unterlaufen hätte. Infolgedessen war das unter Beweisantritt Vorgetragene unter den gegebenen Umständen Indiz genug für eine ggf. im Wege der Beweisaufnahme vorzunehmende gerichtliche Überprüfung, ob der Verfahrensgrundsatz der Anonymität des schriftlichen Prüfungsverfahrens in der Person des D verletzt worden ist.
Ein weiteres Indiz für die Erforderlichkeit der beantragten Beweisaufnahme über die Wahrung der Anonymität im Falle der Ertragsteuerklausur des Klägers folgt aus den nicht zweifelsfreien Erklärungen des Finanzministeriums zum Zeitpunkt der Offenlegung der Namen der Prüfungskandidaten - unmittelbar vor der Entscheidung des Prüfungsausschusses - und der Behauptung, daß der Bewertungsbogen für diese Klausur vom Zweitkorrektor D erst am Tage der Sitzung des Prüfungsausschusses, um nicht für eine möglicherweise fehlerhafte Korrektur einstehen zu müssen, ausgefüllt worden ist.
c) Soweit das Finanzministerium demgegenüber vorgebracht hat, die zuständige Sachbearbeiterin habe die Namen der Kandidaten den Korrektoren nicht mitgeteilt, ist diese Aussage allein - auch ohne Zeugeneinvernahme - schon deshalb nicht geeignet, den vorgetragenen Argwohn des Klägers zu entkräften, weil zumindest offenbleibt, ob sich D nicht die vom Kläger behauptete Kenntnis auf andere Weise verschafft hat. Jedenfalls kann den Ausführungen des Finanzministeriums nicht entnommen werden, daß trotz der Vorgesetzteneigenschaft des D und dessen tatsächlicher Zugangsmöglichkeiten im Referat Vorkehrungen geschaffen worden sind, die es als rechtlich und tatsächlich ausgeschlossen erscheinen lassen, daß er sich die Kenntnis verschafft hat, deretwegen der Kläger die Befangenheit des D als Prüfer geltend macht.
d) Würde ein entsprechender Verstoß gegen den Anonymitätsgrundsatz festgestellt werden, so ergäbe sich bereits daraus die anzuerkennende Besorgnis, D sei als Prüfer gegenüber dem Kläger nicht unvoreingenommen gewesen mit der Folge, daß ein anderer Prüfer die Ertragsteuerklausur des Klägers erneut begutachten müßte.
Im übrigen wird die Vorinstanz auch zu entscheiden haben, ob es mit dem Grundsatz der Anonymität, für den sich das Ministerium durch Vergabe von Kennziffern entsprechend § 18 Abs. 1 Satz 4 DVStB entschieden hat, überhaupt vereinbar ist, daß den Mitgliedern des Prüfungsausschusses die Zuordnung von Kennziffer und Name des Prüflings vor ihrer Entscheidung gemäß § 24 DVStB im schriftlichen Teil des Prüfungsverfahrens bekanntgegeben werden.
5. Auf die von ihm geforderte Sachverhaltsaufklärung hat der Kläger nicht dadurch verzichtet, daß er in der Vorinstanz auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hat.
Zwar gehört das Übergehen eines Beweisantrags zu den verzichtbaren Verfahrensmängeln (Beschluß des Senats vom 31. Januar 1989 VII B 162/88, BFHE 155, 498, BStBl II 1989, 372 m.w.N.). In dem zu Beginn des Vefahrens erklärten Verzicht auf eine mündliche Verhandlung kann aber nicht die ausdrückliche oder konkludente Erklärung eines Verzichts auf eine gebotene Sachverhaltsermittlung durch das Gericht und die Erhebung angebotener oder beantragter Beweise gesehen werden (§ 155 FGO i.V.m. § 295 Abs. 1, 1. Alternative der Zivilprozeßordnung; vgl. auch Bischof, Heilung durch rügelose Einlassung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 II und III ZPO, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 1143, 1144). Der Verzicht auf mündliche Verhandlung berührt schon seinem Inhalt nach nicht ohne weiteres die Pflicht des Gerichts zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 FGO). Hier ist der Kläger zudem erkennbar davon ausgegangen, daß seiner Klage schon aus anderen - nicht beweiserheblichen - Gründen stattzugeben sei.
6. Für eine Zurückverweisung an einen anderen als den erkennenden Senat des FG sieht der Senat keinen Anlaß.
Fundstellen