Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Mitunternehmerschaft bei fehlendem Mitunternehmerrisiko einer Treuhandkommanditistin
Leitsatz (NV)
1. Bei einer fremdnützigen Treuhand über den Kommanditanteil lässt sich die Mitunternehmereigenschaft nicht bereits aus der Stellung als Treuhandkommanditist ableiten, da der Treuhänder die Gesellschaftsrechte zwar im eigenen Namen, aber gemäß §§ 675, 665 BGB nach Weisung des Treugebers und ausschließlich auf dessen Rechnung ausübt.
2. Eine schuldrechtliche Treuhandvereinbarung i.S. des § 675 BGB begründet nicht deshalb ein Mitunternehmerrisiko, weil Teile der Vergütung gewinnabhängig gestaltet sind.
3. Durch die theoretische Möglichkeit eines Wiederauflebens der persönlichen Haftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB wird kein konkretes Mitunternehmerrisiko begründet.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; BGB §§ 665, 667, 675; HGB §§ 161, 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG in Liquidation. Liquidator ist die persönlich haftende Komplementärin I-GmbH, vertreten durch ihren Geschäftsführer C.
Die Klägerin betreibt eine Reederei. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist u.a. der Erwerb und der Betrieb des Frachtmotorschiffes X.
Die beigeladene S-GmbH & Co. KG in Liquidation (Beigeladene) ist Treuhandkommanditistin der Klägerin. Sie beteiligte sich an der Klägerin zur Bildung von Treuhandkapital mit 9 900 000 DM.
Im Jahre 1983 schlossen die Treugebergesellschafter mit der Beigeladenen gleich lautende schriftliche Treuhandverträge über die Beteiligung an dem Motorschiff X. Diese Verträge enthalten u.a. folgende Regelungen:
"§ 3
Wirtschaftliche und steuerliche Wirkung
…
3. Der Treugeber trägt in Höhe seiner Beteiligung wie ein im Handelsregister eingetragener Kommanditist das anteilige wirtschaftliche Risiko. Im gleichen Umfang nimmt er am Gewinn und Verlust der Gesellschaft teil. Der Treugeber haftet nur in Höhe seiner Kommanditeinlage. Eine Nachschussverpflichtung ist ausgeschlossen, soweit er die Einlage vollständig eingezahlt hat.
…
§ 6
Weisungsrecht des Treugebers
1. Die nach dem Gesellschaftsvertrag der KG der Kommanditistin zustehenden Mitwirkungsrechte werden von der Treuhänderin nach pflichtgemäßem Ermessen unter Wahrung der berechtigten Interessen der Treugeber im Rahmen der sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft und den übrigen Gesellschaftern und Treugebern wahrgenommen. Für die Mitwirkung bei folgenden Handlungen in der KG bedarf die Treuhänderin der Zustimmung des Beirats, die im Eilfall auch fernmündlich oder fernschriftlich eingeholt werden kann:
…
2. Die Treuhänderin ist verpflichtet, nach den Weisungen der Treugeberversammlung zu handeln, insbesondere in der Gesellschafterversammlung der KG Anträge zu stellen und das Stimmrecht auszuüben, wenn eine Treugeberversammlung oder eine Beschlussfassung der Treugeber auf schriftlichem Wege stattgefunden hat.
…
§ 11
Treuhänderische Verwaltung der Beteiligung
…
3. Die Treuhänderin wird alles, was sie aufgrund dieses Treuhandverhältnisses und aufgrund ihrer formellen Stellung als Treuhandkommanditistin erlangt, an den Treugeber herausgeben, soweit dieser Vertrag nicht(s) anderes vorsieht. Die Treuhänderin wird die KG anweisen, alle im Innenverhältnis auf den Treugeber entfallenden Zahlungen an diesen direkt zu leisten.
…
§ 13
Vergütung
1. Die Treuhänderin erhält für ihre laufende Verwaltungstätigkeit und zum Ausgleich ihrer Kosten eine monatliche Gebühr. Diese beträgt 0,111 % des gezeichneten Treuhandkapitals und ist Kosten der KG.
2. Fließen den Treugebern Ausschüttungen aus von der Treuhandgesellschaft gehaltenen treuhänderischen Beteiligungen zu, so erhält die Treuhänderin zusätzlich 2 % des zur Ausschüttung an die Treugeber gelangenden Betrages.
3. Bei einer Liquidation der KG erhält die Treuhänderin zusätzlich eine Vergütung von 2 % des zur Ausschüttung an die Treugeber kommenden Liquidationserlöses."
Mit Datum vom 24. April 1985 reichte die Klägerin beim damals zuständigen Finanzamt A eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr (1984) ein. In der selbst erstellten Anlage zur gesonderten und einheitlichen Feststellung 1984 wies sie unter der Bezeichnung "Vorweg-Vergütung" der Beigeladenen 65 934 DM zu. Diesen Betrag erklärte sie auch in der Anlage ESt 1, 2, 3 B zur Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung als "Vorabvergütung" der Beigeladenen.
Das Finanzamt A folgte der Feststellungserklärung der Klägerin und stellte den Gewinnanteil der Beigeladenen mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 12. Juni 1985 erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) fest.
Mit Bescheid vom 8. April 1986 änderte das Finanzamt A die Feststellung gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977.
In der Zeit vom 19. Dezember 1989 bis 15. Mai 1990 wurde bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durchgeführt.
Der Betriebsprüfer vertrat in seinem Betriebsprüfungsbericht die Ansicht, dass die an die Beigeladene gezahlten Treuhandgebühren in Höhe von 65 934 DM nicht als Gewinnvorab zu erfassen seien, da eine Mitunternehmerschaft im steuerlichen Sinne nicht bestehe.
Mit Bescheid datierend vom 28. November 1994 änderte das sodann zuständig gewordene Finanzamt B den vorausgegangenen Änderungsbescheid erneut gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 und erfasste den Betrag von 65 934 DM nicht mehr als Sondervergütung der Beigeladenen.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Der nunmehr zuständige Beklagte und Revisionsbeklagte, das Finanzamt C (das Finanzamt --FA--), stellte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Einspruchsentscheidung mit ./. 9 930 708 DM fest. Hinsichtlich des zwischen den Beteiligten streitigen Punktes wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Beigeladene entfalte zwar Mitunternehmerinitiative, trage jedoch kein Mitunternehmerrisiko. Das Urteil vom 17. Juli 2003 I 256/01 ist in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst (DStRE) 2004, 500 veröffentlicht.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des FG Hamburg vom 17. Juli 2003 I 256/01 aufzuheben und den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1984 vom 28. November 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 2001 insoweit abzuändern, als die in 1984 an die Beigeladene gezahlten Treuhandgebühren in Höhe von 65 934 DM als Sondervergütung der Beigeladenen festgestellt werden.
Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§§ 121 Satz 1, 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Beigeladene als Treuhandkommanditistin im Streitjahr nicht Mitunternehmerin der Klägerin gewesen ist. Daher hat es auch zu Recht abgelehnt, den an die Beigeladene im Streitjahr gezahlten Betrag von 65 934 DM als Sondervergütung gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte der Klägerin gemäß §§ 179 Abs. 1, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 der Beigeladenen zuzurechnen.
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezogen hat.
Die Beigeladene war als Treuhandkommanditistin zwar Gesellschafterin der Klägerin gemäß § 161 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Jedoch ist nicht jeder zivilrechtliche Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft auch Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Mitunternehmer ist nur derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt (vgl. Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 440, BStBl II 1984, 751, 769 f., und BFH-Urteil vom 12. Oktober 1999 VIII R 67/98, BFH/NV 2000, 427). Es kann hier dahinstehen, ob die Beigeladene aufgrund der aus der Regelung des § 6 des Treuhandvertrages abgeleiteten Handlungsmöglichkeiten Mitunternehmerinitiative entfaltet. Jedenfalls fehlt es an dem kumulativ erforderlichen Mitunternehmerrisiko.
a) Mitunternehmerrisiko trägt, wer gesellschaftsrechtlich oder diesem Status wirtschaftlich vergleichbar am Erfolg oder Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens teilnimmt. Dieses Risiko wird regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt (BFH-Beschluss in BFHE 141, 405, 441, BStBl II 1984, 751, 769 f., unter C.V.3.b cc (2)).
b) Im Streitfall ist aufgrund der zwischen der Beigeladenen und den Treugebern getroffenen Treuhandabrede eine fremdnützige Treuhand (s. dazu Armbrüster, Die treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, Köln u.a., 2001, S. 38 ff.) vereinbart worden. Allein der Umstand, dass die Beigeladene für die Geschäftsbesorgung gemäß § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eine Vergütung erhält oder sonst ein wirtschaftliches Eigeninteresse an der Übernahme der Treuhänderstellung hat, stellt die Fremdnützigkeit nicht in Frage (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 5. Mai 1969 VII ZR 79/67, Betriebs-Berater --BB-- 1969, 1154; BFH-Urteile vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, BFHE 183, 518, BStBl II 1998, 152, unter II.2.c dd der Gründe, und in BFH/NV 2000, 427; Armbrüster, a.a.O., S. 40 f., m.w.N.; Grundmann, Der Treuhandvertrag, insbesondere die werbende Treuhand, München, 1997, S. 19 f.).
c) Bei einer solchen fremdnützigen Treuhand über den Kommanditanteil lässt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Mitunternehmereigenschaft der Beigeladenen nicht bereits aus ihrer Stellung als Treuhandkommanditistin ableiten, da der Treuhänder die Gesellschaftsrechte zwar im eigenen Namen, aber gemäß §§ 675, 665 BGB nach Weisung des Treugebers und ausschließlich auf dessen Rechnung ausübt (Senatsurteil vom 21. April 1988 IV R 47/85, BFHE 153, 545, BStBl II 1989, 722; aus jüngerer Zeit BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 427, m.w.N.).
d) Die Beigeladene trägt bei einer solchen fremdnützigen Treuhand kein Mitunternehmerrisiko.
aa) Aufgrund der Regelungen des § 13 Nr. 2 und 3 des Treuhandvertrages standen der Beigeladenen neben einer vom gezeichneten Kapital abhängigen festen Vergütung 2 v.H. der etwaig an die Treugeber fließenden Ausschüttungen sowie 2 v.H. des zur Ausschüttung an die Treugeber kommenden Liquidationserlöses zu. Damit war die Beigeladene aber lediglich mittelbar --über eventuelle positive Ausschüttungen an die Treugeber-- am Gewinn und am Liquidationserlös der Klägerin beteiligt, und am Verlust sogar überhaupt nicht. Somit partizipierte die Beigeladene nicht unmittelbar am Gewinn und Verlust und an den stillen Reserven der Klägerin. Für den Fall, dass es nicht zu Ausschüttungen an die Treugeber kam, sondern zu Verlustzuweisungen, bestand für sie nur die Gefahr einer Minimierung ihrer Chancen, nicht jedoch ein Risiko. Zudem begründet die schuldrechtliche Treuhandvereinbarung i.S. des § 675 BGB nicht deshalb ein Mitunternehmerrisiko, weil Teile der Vergütung gewinnabhängig gestaltet wurden (vgl. Haep in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 15 EStG Anm. 327, 342; Armbrüster, a.a.O., S. 194). Gemäß § 11 Nr. 3 des Treuhandvertrages sowie §§ 675, 667 BGB ist die Beigeladene verpflichtet, nur für Rechnung der Treugeber tätig zu werden und das Erlangte an diese herauszugeben (vgl. BFH-Urteile in BFHE 153, 545, BStBl II 1989, 722, und in BFH/NV 2000, 427). Entscheidend für die Ausübung der Treuhänderfunktion ist damit nicht der aus der Beteiligung erwachsende Vermögensvorteil, sondern nur das mit der Übernahme der Treuhänderstellung verbundene reine Vergütungsinteresse (Armbrüster, a.a.O., S. 194).
bb) Auch die persönliche Haftung der Beigeladenen für Verbindlichkeiten der Klägerin war durch die Leistung der bedungenen Einlage erloschen (§ 171 Abs. 1, Halbsatz 2 HGB; vgl. Senatsurteil in BFHE 153, 545, BStBl II 1989, 722). Ein konkretes Mitunternehmerrisiko der Beigeladenen wird auch nicht durch die theoretische Möglichkeit eines Wiederauflebens ihrer persönlichen Haftung gemäß § 172 Abs. 4 HGB begründet. Es ist insoweit weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet, dass es zu einem tatsächlichen Wiederaufleben der Haftung der Beigeladenen im Außenverhältnis gekommen ist.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht gemäß § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, da sie weder einen eigenen Sachantrag gestellt noch das obsiegende FA unterstützt hat (vgl. BFH-Urteile vom 23. Januar 1985 II R 2/83, BFHE 143, 119, BStBl II 1985, 368, und vom 15. Oktober 1997 I R 10/92, BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 139 Rz. 34, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1422737 |
BFH/NV 2005, 1994 |
HFR 2005, 1216 |