Grunderwerbsteuer: Treuhandabrede

Ein Anteil am Vermögen der Gesamthand i.S.d. § 6 GrEStG kann auch über eine mehrstöckige Beteiligung vermittelt werden. Bei Treuhandverhältnissen ist der Anteil am Vermögen der Gesamthand dem Treuhänder zuzurechnen.

Hintergrund: Fragliche mittelbare Beteiligung der Verkäuferin an der Käuferin über ein Treuhandverhältnis

Die A-KG, erwarb von der C-KG (Verkäuferin) in 2015 Grundstücke.

Alleinige Kommanditistin der A-KG war die CT-KG (Zwischengesellschaft). Persönlich haftende Gesellschafterin der Zwischengesellschaft ohne Beteiligung am Vermögen war die Verkäuferin (C-KG). Deren alleinige Kommanditistin war die X-GmbH. Aufgrund eines Treuhandvertrags hielt die X-GmbH (Treuhänderin) die KG-Anteile an der CT-KG für die C-KG (Treugeberin).

Das FA setzte gegenüber der A-KG GrESt fest.

Die A-KG wandte ein, die Steuer sei für diesen Erwerb nicht zu erheben (§ 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG). Denn die Kommanditbeteiligung an der (als Personengesellschaft "transparenten") Zwischengesellschaft (CT-KG) sei der Verkäuferin (C-KG) als Treugeberin auch i.S.d. § 6 GrEStG zuzurechnen. Damit sei die Verkäuferin (C-KG) mittelbar zu 100 % am Vermögen der Käuferin (A-KG) beteiligt.

Das FG wies die Klage ab. Es ging davon aus, die mittelbar an der A-KG beteiligte Treuhänderin (X-GmbH) könne als Kapitalgesellschaft i.S.d. § 6 GrEStG nicht als transparent angesehen werden.

Entscheidung: Keine Zurechnung der treuhänderisch gehaltenen Anteile

Durch den Erwerb der Grundstücke durch die A-KG von der C-KG wurde der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Steuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG sind nicht erfüllt.

Übergang von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand

Beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand wird nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG die Steuer nicht erhoben, soweit die Anteile der Gesamthänder am Vermögen der erwerbenden Gesamthand ihren Anteilen am Vermögen der übertragenden Gesamthand entsprechen (BFH, Beschluss v. 5.6.2019, II B 21/18, BFH/NV 2019 S. 1253, Rz. 8).

Zurechnungsbereich bei einer Personengesellschaft 

Das GrESt-Recht sieht die Personengesellschaft als selbstständigen Rechtsträger an. Die Befreiungsvorschriften in §§ 5 und 6 GrEStG erkennen dementsprechend grundsätzlich an, dass bei einem Übergang eines Grundstücks von einzelnen Gesamthändern auf eine Gesamthandsgemeinschaft ein steuerbarer Rechtsträgerwechsel stattfindet, sehen jedoch von der Erhebung der Steuer ab, soweit der Gesamthänder als Veräußerer zunächst Eigentümer des Grundstücks war und dann anteilsmäßig über das Vermögen der Gesamthand beteiligt ist (BFH, Urteil v. 5.2.2020, II R 9/17, BStBl II 2020 S. 658, Rz. 26). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass aufgrund der gesamthänderischen Verbundenheit der Gesellschafter das Grundstück trotz Rechtsträgerwechsels in demselben grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnungsbereich verbleibt (BFH, Urteil v. 29.2.2020, II R 57/09, BStBl II 2012 S. 917, Rz. 22).

Derselbe Zurechnungsbereich auch bei einer Zwischengesellschaft

Das gilt auch, wenn die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand durch eine Zwischengesellschaft vermittelt wird (BFH, Urteil v. 24.9.1985, II R 65/83, BStBl II 1985 S. 714, Rz. 10). Bei doppelstöckigen Gesamthandsgemeinschaften ist daher nicht die Zwischengesellschaft als solche als Zurechnungssubjekt anzusehen, sondern ein Rückgriff auf die am Vermögen der Zwischengesellschaft beteiligten Gesamthänder geboten (BFH, Urteil v. 17.12.2014, II R 2/13, BStBl II 2015 S. 557, Rz. 20).

Keine Zurechnung aufgrund eines Treuhandverhältnisses

Ein Treuhandverhältnis allein reicht jedoch nicht aus, um einem Treugeber (C-KG) i.S.d. §§ 5, 6 GrEStG eine Beteiligung am Vermögen einer Gesamthand (sei es unmittelbar, sei es mittelbar über eine weitere Gesamthand‑) zuzurechnen. Denn nicht der Treugeber (C-KG), sondern der Treuhänder (X-GmbH) ist (für das GrESt-Recht allein maßgebend) zivilrechtlich am Vermögen der Gesamthand beteiligt (BFH v. 8.8.2000, II B 134/99, BFH/NV 2001 S. 66). Die Notwendigkeit einer erweiternden Auslegung des § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG liegt bei einem Erwerb nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG (anders als im Bereich des § 1 Abs. 2a GrEStG; BFH, Urteil v. 29.2.2012, II R 57/09, BStBl II 2012 S. 917, Rz. 21, 23) nicht vor. 

Revision unbegründet

Die Verkäuferin (C-KG) war zwar persönlich haftende Gesellschafterin der Zwischengesellschaft (CT-KG). Als solche war sie aber nicht am Gesamthandsvermögen der Zwischengesellschaft beteiligt. Soweit die Verkäuferin Treugeberin für die Kommanditistin der Zwischengesellschaft (X-GmbH) war, kann diese Stellung wegen Fehlens einer zivilrechtlichen Beteiligung der Treugeberin an der Verkäuferin die Nichterhebung der Steuer nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 GrEStG nicht tragen.  

Hinweis: Keine Zurechnung aufgrund Treuhand

Der BFH hebt besonders hervor, dass ein Treuhandverhältnis allein nicht ausreicht, um einem Treugeber i.S.d. §§ 5, 6 GrEStG eine Beteiligung am Vermögen einer Gesamthand – sei es unmittelbar, sei es mittelbar über eine weitere Gesamthand – zuzurechnen. Nicht der Treugeber, sondern der Treuhänder ist – für das Grunderwerbsteuerrecht allein maßgebend – zivilrechtlich am Vermögen der Gesamthand beteiligt. § 39 Abs. 2 AO mit seiner wirtschaftlichen Betrachtungsweise gilt in diesen Fällen nicht (BFH, Beschluss v. 8.8.2000, II B 134/99, BFH/NV 2001 S. 66).

BFH Urteil vom 12.01.2022 - II R 16/20 (veröffentlicht am 07.07.2022)

Alle am 07.07.2022 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen


Schlagworte zum Thema:  Grunderwerbsteuer, Treuhand