Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff "Abfälle nicht gerösteten Kaffees"
Leitsatz (amtlich)
1. Zum kaffeesteuerrechtlichen Begriff "Abfälle nicht gerösteten Kaffees".
2. Sog. Silber- oder Kaffeehäutchen, die sich bei der Kaffeeröstung von der Kaffeefrucht lösen, sind keine erstattungsfähigen Abfälle (1.).
Orientierungssatz
1. "Nicht gerösteter Kaffee" ist Rohkaffee. Kaffee, dessen Röstung bereits begonnen hat, kann nicht mehr als nur roher, d.h. nicht oder lediglich in der vorgesehenen Weise behandelter Kaffee angesehen werden.
2. Eine "Gleichstellung im Unrecht" ist durch den Gleichheitssatz nicht geboten (vgl. BFH-Urteil vom 4.6.1987 V R 9/79).
Normenkette
Kaffee/TeeStG § 7 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt eine Kaffeerösterei. Im Rahmen des Röstvorgangs wird Rohkaffee mit Heißluft behandelt. Bei etwa 100 bis 150 C ―etwa in der Mitte des Röstvorgangs― platzt die Kaffeefrucht, wobei die Kaffee-(Silber-)Häutchen sich zum Teil ablösen. Für eine Menge von … Abfällen beantragte die Klägerin am 24.Juli 1986 bei dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt ―HZA―) Kaffeesteuererstattung in Höhe von … DM. Gewährt wurde ihr nur eine Erstattung für die beim Reinigen des Rohkaffees vor Beginn des Röstvorgangs entstandenen Abfälle. Für die während dieses Vorgangs abgelösten Silberhäutchen wurde die Erstattung versagt. Die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, auch die während des Röstvorgangs ausgeschiedenen Silberhäutchen seien erstattungsfähige Abfälle nicht gerösteten Kaffees (§ 7 Abs.2 des Kaffee- und Teesteuergesetzes ―Kaffee/TeeStG―) wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen. Im Röstvorgang befindlicher Kaffee sei weder (fertig) geröstet noch "nicht geröstet". Der während eines Röstvorgangs vor Beendigung des Verfahrens entstandene Abfall sein kein solcher von nicht geröstetem Kaffee. Soweit die beim Entkoffeinieren anfallenden Silberhäutchen ―anders als Abfälle bei der Röstung― erstattungsrechtlich begünstigt würden, sei kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gegeben. Die Regelung liege im Bereich der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, die ausführt, die während des Röstvorgangs sich ablösenden Silberhäutchen müßten schon deshalb als Abfälle nicht gerösteten Kaffees angesehen werden, weil sie bereits dem Rohkaffee anhafteten und somit vom Beginn an Abfälle seien. Jedenfalls seien die Häutchen als erstattungsfähige Abfälle anzusehen, weil sie sich in einem Stadium des Röstvorgangs lösten, in dem der Kaffee mangels Aromabildung auch im Sinne des insoweit maßgebenden Zolltarifs (noch) nicht als geröstet angesehen werden könnte. Silberhäutchen seien kein Steuergegenstand; ihre Steuerbefreiung sei ebenso veranlaßt wie die der bei dem Entkoffeinieren sich ablösenden Kaffeehäutchen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat im Ergebnis richtig entschieden, daß die nach Beginn des Röstvorgangs angefallenen Silberhäutchen keine erstattungsfähigen Abfälle nicht gerösteten Kaffees (§ 7 Abs.2 Kaffee/TeeStG) sind. Bei ihnen handelt es sich zwar, wovon auch die Parteien ausgehen, um Abfälle, jedoch nicht um solche von "nicht geröstetem Kaffee".
Das Kaffee/TeeStG ―hier maßgebend in der Fassung vor Inkrafttreten der Verordnung vom 15.Oktober 1987 (BGBl I 1987, 2303)― unterscheidet u.a. zwischen nicht geröstetem und geröstetem Kaffee (§ 1 Abs.2 Nr.1, § 3 Abs.1), wobei es den Benennungen des Zolltarifs folgt. Dieser trifft dieselbe Unterscheidung (Tarifnr.09.01 A I und II des früheren Gemeinsamen Zolltarifs; ebenso Position 0901 der Kombinierten Nomenklatur). Für sich gesehen könnte zweifelhaft sein, ob noch nicht fertig gerösteter Kaffee, um dessen Abfälle es hier geht, der einen oder der anderen Kaffeeart zuzurechnen ist. An der zolltariflichen Einordnung besteht jedoch kein Zweifel, wenn die Erläuterungen zum Zolltarif (ErlZT) herangezogen werden. Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Senats (z.B. Urteil vom 29.November 1988 VII R 29/86, BFHE 155, 219, 222) wichtige Mittel der zolltariflichen Auslegung. Da das Kaffee/TeeStG auf den Zolltarif abstellt, müssen die ErlZT auch bei der Auslegung des Begriffs "nicht gerösteter Kaffee" berücksichtigt werden (vgl. dazu auch Peters, Das Verbrauchsteuerrecht, 1989, S.96). Aus den ErlZT (zu Tarifnr. 09.01 Teil I Rz.2) ergibt sich, daß als nicht gerösteter (nicht entkoffeinierter) Kaffee ―Tarifst.09.01 A I a― roher Kaffee in allen seinen Formen anzusehen ist: als Kirschen, wie vom Strauch geerntet; als Bohnen in der gelblichen Schale (Pergamentschale); als Bohnen ohne Schalen und Häutchen. Nicht gerösteter Kaffee ist hiernach Rohkaffee (in gleichem Sinne die amtliche Begründung zum Kaffee/TeeStG, BTDrucks 8/3297 S.7, Abschn.A II). In dieser Gleichsetzung liegt nach Auffassung des Senats eine zutreffende Auslegung des Begriffs "nicht gerösteter Kaffee".
Kaffee, dessen Röstung bereits begonnen hat, kann nicht mehr als nur roher, d.h. nicht oder lediglich in der vorgesehenen Weise behandelter Kaffee angesehen werden. Da dies bereits dem Wortlaut des Zolltarifs im Lichte der Erläuterungen zu entnehmen ist, kann die Klägerin sich für ihren gegenteiligen Standpunkt nicht auf die Allgemeinen Tarifierungsvorschriften (ATV) stützen (vgl. ATV 1). Abgesehen davon ist der von der Klägerin aus ATV 2 a gezogene Schluß, Kaffee in diesem Behandlungsstadium sei kein unfertiger gerösteter, demnach vielmehr nicht gerösteter Kaffee, schon deshalb nicht berechtigt, weil ATV 2 a bei Waren wie Kaffee im allgemeinen unanwendbar ist (ErlZT zu ATV 2 Teil I Rz.5). Wie Kaffee in dem Zustand, in dem er sich bei der Ablösung der Silberhäutchen befindet, im ―hypothetischen― Falle einer Einfuhr zu tarifieren wäre (schon als gerösteter oder ggf. wie nicht gerösteter Kaffee, vgl. ATV 5, 4), braucht nicht entschieden zu werden. Es genügt, daß es sich jedenfalls nicht mehr um nicht gerösteten ―rohen― Kaffee handelt.
Auch die übrigen Einwendungen der Revision können dieser nicht zum Erfolg verhelfen.
Die Silberhäutchen sind, solange sie noch dem Rohkaffee anhaften, dessen Bestandteile, keine Abfälle. Der Umstand, daß sie nicht mehr selbständig Besteuerungsgegenstand sind (anders für den Zoll; Tarifst.09.01 B), erlaubt nicht den Schluß, bei ihrer Ablösung von den Kaffeebohnen müsse insoweit Steuerentlastung gewährt werden. Die Steuererstattung oder -vergütung für Abfälle beschränkt sich, entsprechend dem Wesen der Kaffeesteuer als Rohstoffsteuer (Peters, a.a.O.), auf Abfälle des rohen Kaffees. Soweit die Klägerin im Hinblick auf die für beim Entkoffeinieren anfallenden Silberhäutchen gewährte Erstattung (Dienstanweisung in Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung V 5760 Abs.22) Gleichbehandlung beansprucht, ist darauf hinzuweisen, daß es sich dabei, anders als im Streitfall, um Rohkaffee handelt (vgl. auch Tarifst.09.01 A I b; ErlZT zu Tarifnr.09.01 Teil I Rz.3). Im übrigen könnte die Klägerin aus der von ihr angeführten Regelung selbst dann nichts zu ihren Gunsten herleiten, wenn gegen diese rechtliche Bedenken beständen. Eine "Gleichstellung im Unrecht" ist durch den Gleichheitssatz nicht geboten (z.B. Bundesfinanzhof, Urteil vom 4.Juni 1987 V R 9/79, BFHE 150, 192, 195 f., BStBl II 1987, 653).
Fundstellen
Haufe-Index 63057 |
BFH/NV 1991, 28 |
BFHE 163, 496 |
BFHE 1991, 496 |
BB 1991, 684 |
HFR 1991, 360 (LT) |
StE 1991, 135 (K) |