Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
Leitsatz (NV)
Zur Frage, ob eine Kostenentscheidung nach § 139 Abs. 4 FGO zu treffen ist, wenn sie weder beantragt war, noch irgendwelche Anhaltspunkte dafür gegeben waren, daß außergerichtliche Kosten der Beigeladenen erstattet werden könnten.
Normenkette
FGO § 139 Abs. 4
Tatbestand
Durch Urteil vom 14. November 1989 (VIII R 102/87) hat der erkennende Senat festgestellt, daß die Hauptsache erledigt und das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 14. Oktober 1987 wirkungslos ist. Die ,,Kosten des gesamten Verfahrens" hat der erkennende Senat dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) auferlegt.
Der Senat hatte zunächst einen Vorbescheid erlassen, der dem Prozeßbevollmächtigten am 26. Februar 1990 zugestellt worden war. Das FA hatte am 8. März 1990 mündliche Verhandlung beantragt, diesen Antrag aber durch Schreiben vom 20. April 1990 zurückgezogen.
Bis zum Erlaß des Vorbescheids waren die Beteiligten im Revisionsverfahren nicht vertreten; sie haben auch keine Anträge gestellt.
Mit Schreiben vom 25. Juli 1990 (beim Bundesfinanzhof - BFH - eingegangen am 27. Juli 1990) beantragte der Prozeßbevollmächtigte unter Vorlage von Prozeßvollmachten der Beigeladenen vom 29. Mai 1987, den Vorbescheid vom 14. November 1989 in der Weise zu ergänzen, daß die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen das beklagte FA zu tragen habe.
Dem Prozeßbevollmächtigten seien Honoraransprüche für die Vertretung der Beigeladenen entstanden, die von ihm immer vertreten worden seien. Eine förmliche Bestellung als Vertreter der Beigeladenen sei allein deshalb unterblieben, weil das FA überraschend kurzfristig seinen Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen habe.
Wegen der Versäumung der Frist des § 109 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beantragt der Prozeßbevollmächtigte namens der Beigeladenen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trägt er vor:
Er sei davon ausgegangen, daß in der Formulierung der Kostenentscheidung auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen eingeschlossen gewesen seien; dies insbesondere auch deshalb, weil über die außergerichtlichen Kosten i. S. des § 139 Abs. 4 FGO von Amts wegen durch das Gericht hätte entschieden werden müssen.
Erst durch ein Telefongespräch mit dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des FG am 23. Juli 1990 sei ihm eröffnet worden, daß aufgrund der Kostenentscheidung die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht erstattet werden könnten.
Das FA beantragt, den Antrag auf Ergänzung des Vorbescheids abzulehnen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist unzulässig.
Er ist nach Ablauf von zwei Wochen nach Zustellung des Vorbescheids am 27. Juli 1990 und damit verspätet gestellt (§ 109 Abs. 2 FGO). Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) sind nicht gegeben.
Der Prozeßbevollmächtigte hat den Antrag auf Wiedereinsetzung nicht binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt (§ 56 Abs. 2 FGO), denn er war bereits von der Zustellung des Vorbescheids an nicht gehindert, den Antrag nach § 109 FGO zu stellen.
Es kann offenbleiben, ob der Senat auch dann eine Kostenentscheidung gemäß § 139 Abs. 4 FGO hätte treffen müssen, wenn sie weder beantragt war noch irgendwelche Anhaltspunkte dafür gegeben waren, daß die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen erstattet werden könnten (zweifelnd BFH-Urteil vom 27. Februar 1980 I R 35/78, nicht veröffentlicht - NV -; vgl. aber BFH-Beschluß vom 17. November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287, zu I.1.). Selbst wenn das zuträfe, war für den rechtskundigen Prozeßbevollmächtigten erkennbar, daß mit dem Ausdruck ,,Kosten des gesamten Verfahrens" nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen gemeint sein konnten, die nur über eine ausdrücklich zu treffende Billigkeitsentscheidung erstattungsfähig sind (§ 139 Abs. 4 FGO).
Der Senat kann offenlassen, ob unter den besonderen Umständen des Streitfalles ein Hindernis i. S. des § 56 Abs. 1 und 2 FGO nicht solange bestand, wie noch ein Termin zur mündlichen Verhandlung bevorstand. Auch in diesem Falle wäre der Antrag nach § 109 FGO verspätet gestellt. Das FA hat den Antrag auf mündliche Verhandlung mit Schreiben vom 20. April 1990 zurückgenommen. Dieses Schreiben ist dem Prozeßbevollmächtigten am 14. Mai 1990 bekannt gemacht worden; demgegenüber ging sein Antrag nach § 109 FGO erst am 27. Juli 1990 beim Gericht ein.
Angesichts dessen kann offenbleiben, ob die streitigen Kosten hier dem FA aus Gründen der Billigkeit hätten auferlegt werden können. Die Beigeladenen haben weder im finanzgerichtlichen Verfahren (lt. Urteil des FG) noch im Revisionsverfahren Anträge gestellt. Anhaltspunkte dafür, daß gleichwohl die Kosten ausnahmsweise erstattet hätten werden müssen (dazu Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 139 Rdnr. 34), sind weder vorgetragen noch sonst erkennbar.
Die Beteiligten haben auch für das Ergänzungsverfahren nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet; der Senat hält den Erlaß eines Vorbescheids gemäß § 90 Abs. 3 FGO für zweckmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Ergänzungsentscheidung, insbesondere das einen Ergänzungsantrag ablehnende Urteil, bedarf einer Kostenentscheidung (BFH-Urteil vom 27. Februar 1980 I R 35/78, NV; BFH-Beschluß vom 6. August 1985 VIII R 126/84, BFH/NV 1987, 257).
Fundstellen