Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbot der Nichtabzugsfähigkeit von in einem anderen Mitgliedstaat entrichteten Krankenversicherungsbeiträgen, Sonderausgabenabzug, Polen
Leitsatz (amtlich)
Art. 18 Abs. 1 EG steht einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die das Recht auf Abzug der entrichteten Krankenversicherungsbeiträge von der Einkommensteuer an die Bedingung knüpft, dass diese Beiträge nach den Vorschriften des nationalen Rechts in dem betreffenden Mitgliedstaat gezahlt worden sind, und dazu führt, dass diese Steuervergünstigung verwehrt wird, wenn die Beiträge, die für den Abzug der in diesem Mitgliedstaat geschuldeten Einkommensteuer in Betracht kommen, im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung eines anderen Mitgliedstaats entrichtet werden.
Normenkette
EGVtr Art. 18 Abs. 1
Beteiligte
Dyrektor Izby Skarbowej we Wroclawiu Osrodek Zamiejscowy w Walbrzychu |
Verfahrensgang
Wojewódzki Sad Administracyjny we Wroclawiu (Polen) (Urteil vom 03.11.2007; Abl.EU 2008, Nr. C 37/19) |
Tatbestand
„Art. 18 EG ‐ Einkommensteuerrecht ‐ Ermäßigung der Einkommensteuer nach Maßgabe der im Mitgliedstaat der Besteuerung gezahlten Krankenversicherungsbeiträge ‐ Verweigerung des Abzugs der in anderen Mitgliedstaaten gezahlten Beiträge“
In der Rechtssache C-544/07
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Wojewódzki Sąd Administracyjny we Wrocławiu (Polen) mit Entscheidung vom 3. November 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Dezember 2007, in dem Verfahren
Uwe Rüffler
gegen
Dyrektor Izby Skarbowej we Wrocławiu Ośrodek Zamiejscowy w Wałbrzychu
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter), der Richter J. Klučka und U. Lõhmus, der Richterin P. Lindh sowie des Richters A. Arabadjiev,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ von Herrn Rüffler selbst,
‐ der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigten,
‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Georgiadis sowie durch S. Alexandriou und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und K. Herrmann als Bevollmächtigte,
‐ der EFTA-Überwachungsbehörde, vertreten durch P. Bjørgan und L. Young als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 EG und Art. 39 EG.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Rüffler, einem deutschen Staatsangehörigen, der in Polen lebt, und dem Dyrektor Izby Skarbowej we Wrocławiu Ośrodek Zamiejscowy w Wałbrzychu (Direktor der Finanzkammer Wrocław [Breslau], Außenstelle Wałbrzych [Waldenburg], im Folgenden: Dyrektor) wegen der Weigerung der polnischen Steuerverwaltung, ihm den Abzug der in einem anderen Mitgliedstaat gezahlten Krankenversicherungsbeiträge von der Einkommensteuer zu gestatten, obwohl einem Steuerpflichtigen, der seine Krankenversicherungsbeiträge in Polen entrichtet, ein solcher Abzug gewährt wird.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 3
Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 28, S. 1) geänderten und aktualisierten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1408/71) bringt den Grundsatz der Gleichbehandlung zum Ausdruck und lautet:
„Die Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die diese Verordnung gilt, haben die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen.“
Rz. 4
Art. 28 der Verordnung Nr. 1408/71 („Rentenanspruch auf Grund der Rechtsvorschriften eines einzigen oder mehrerer Staaten, falls ein Anspruch auf Sachleistungen im Wohnland nicht besteht“) sieht vor:
„(1) Ein Rentner, der nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats zum Bezug einer Rente oder nach den Rechtsvorschriften von zwei oder mehr Mitgliedstaaten zum Bezug von Renten berechtigt ist und keinen Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats hat, in dessen Gebiet er wohnt, erhält dennoch diese Leistungen für sich und seine Familienangehörigen, sofern ‐ gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Artikel 18 und Anhang VI ‐ nach den Rechtsvorschriften des Staates, aufgrund deren die Renten geschuldet wird, oder zumindest eines der Mitgliedstaaten, nach deren Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, Anspruch auf Leistungen bestünde, wenn er im Gebiet des betreffenden Staates wohnte. Diese Leistungen werden...