Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Verbots der rückwirkenden Erteilung einer Erlaubnis zum Bezug von Strom zum ermäßigten Steuersatz. Aussetzung der Vollziehung (Stromsteuer)
Leitsatz (amtlich)
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die rückwirkende Erteilung einer Erlaubnis zum Bezug von Strom zum ermäßigten Steuersatz mit Wirkung ab dem 1.4.1999 nur zulässig ist, wenn der Antrag bis zum 31.12.1999 gestellt worden ist. Diese Beschränkung verstößt nicht gegen den verfassungsmäßigen Gleichheitssatz, auch wenn die Antragstellerin die Voraussetzungen für die Erteilung der Bescheinigung objektiv bereits seit dem 1.4.1999 erfüllt hat.
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 4, 3; GG Art. 3 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
III. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 32.889,72 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
1. Streitig ist die rückwirkende Erteilung einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom.
Die Antragstellerin belieferte im Zeitraum vom 1. April 1999 bis zum 31. Dezember 2000 die V. A. GmbH … mit Strom zum ermäßigten Steuersatz gemäß § 9 Abs. 3 des Stromsteuergesetzes – StromStG –. Der dazu notwendige Erlaubnisschein lag indes lediglich für die V. B. GmbH … vor. Dies ist eine Schwestergesellschaft, die ebenso wie die V. A. GmbH durch Ausgliederung aus der V. GmbH & Co. KG hervorgegangen war.
Bei einer Stromsteueraußenprüfung bei der Antragstellerin fiel das Fehlen dieses Erlaubnisscheins auf. Daraufhin beantragte die … V. A. GmbH mit Schreiben vom 6. Juli 2001 beim Antragsgegner die Erteilung einer Erlaubnis nach § 9 Abs. 4 StromStG, die rückwirkend zum 1. Januar 2001 erteilt wurde. Der hiergegen unter dem 6. September 2001 eingelegte Einspruch, mit dem die Antragstellerin einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis mit Rückwirkung zum 1. April 1999 geltend machte, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 17. Januar 2001 zurückgewiesen. Mit Bescheid vom 31. Januar 2002 setzte der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin Stromsteuer in Höhe von 340.950,57 EUR fest. Der hiergegen unter dem 21. Februar 2002 eingelegte Einspruch wurde von der Antragstellerin damit begründet, dass die Nachforderung in Höhe von 328.897,21 EUR wegen der Lieferung von 34.958,28 Megawattstunden Strom zum ermäßigten Steuersatz nach § 9 Abs. 3 StromStG an Unternehmen, die für den fraglichen Lieferzeitraum keinen Erlaubnisschein besaßen, zu Unrecht ergangen sei. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde vom Antragsgegner mit Bescheid vom 27. Februar 2002 abgelehnt.
Den bei Gericht am 15. März 2002 eingegangenen AdV-Antrag begründet die Antragstellerin im Wesentlichen wie folgt: Die V. A. GmbH habe im fraglichen Zeitraum materiell die Voraussetzungen zur Erteilung eines Erlaubnisscheins nach § 9 Abs. 3 StromStG erfüllt. Die Frage einer rückwirkenden Erteilung der Erlaubnis sei weder im StromStG noch in der Stromsteuerdurchführungsverordnung – StromStDV – geregelt. Die Erlasse des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 1. April 1999 III A 1 – V 9940 – 386/99 und vom 20. Dezember 1999 III A 1 – V 4250 – 39/99, mit denen festgelegt worden sei, dass Erlaubnissse zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom nach § 9 Absätze 3 und 4 StromStG von den Hauptzollämtern nur dann rückwirkend zum 1. April 1999 ausgestellt werden könnten, wenn der Antrag bis zum 31. Dezember 1999 dort eingegangen sei, bewegten sich außerhalb der Vorgaben des StromStG. § 11 StromStG ermächtige das BMF, zur Durchführung dieses Gesetzes durch Rechts Verordnung das Erlaubnisverfahren näher zu regeln und Bestimmungen zu § 9 StromStG zu erlassen. Dies könne jedoch nur durch die StromStDV geschehen. Da § 9 Abs. 3 StromStG keinen ausdrücklichen Erlaubnisvorbehalt enthalte, sei die rückwirkende Erlaubnis grundsätzlich möglich und zeitlich nur durch den Eintritt der Festsetzungsverjährung beschränkt. Da im Falle der Antragstellerin weder eine Gefährdung des Steueraufkommens noch ein Missbrauch von Steuerermäßigungstatbeständen zu befürchten sei, habe die Antragstellerin einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis rückwirkend zum 1. April 1999.
Am 7. März 2002 wurde die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzte Steuer überwiesen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Vollziehung des Steuerbescheids vom 31. Januar 2002 insoweit aufzuheben, als eine Nachforderung in Höhe von 328.827,21 EUR wegen der Lieferung von 34.958,28 Megawattstunden Strom zum ermäßigten Steuersatz an Unternehmen festgesetzt wurde, die für den fraglichen Lieferzeitraum keinen Erlaubnisschein besaßen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Eine Erlaubniserteilung mit vor dem 1. Januar 2001 zurückliegender Wirkung sei nach den genannten Erlassen nicht möglich. Ein diesbezüglicher Anspruch der Antragstellerin sei nicht ersichtlich.
Entscheidungsgründe
2. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – kann da...