Entscheidungsstichwort (Thema)
Finanzierungskosten, nicht aber Gebäude-AfA als vorweggenommene Werbungskosten bei Erwerb eines Miteigentumsanteils an einer mit einem Nießbrauch belasteten, zur weiteren Vermietung bestimmten Immobilie
Leitsatz (redaktionell)
1. Beim Steuerpflichtigen kann bei Erwerb einer mit einem Nießbrauch belasteten Immobilie auch dann die Einkünfteerzielungsabsicht zu bejahen sein, wenn das konkrete Ende des Nießbrauchs noch nicht absehbar ist. Das ist der Fall, wenn trotz des noch nicht feststehenden Beginns der Einkünfteerzielung aufgrund weiterer äußerer Umstände keine Zweifel daran bestehen, dass der Steuerpflichtige bereits im Streitjahr beabsichtigt, nach dem Wegfall des rechtlichen Hindernisses steuerpflichtige Einkünfte zu erzielen.
2. Erwirbt der Steuerpflichtige entgeltlich den ihm noch nicht gehörenden hälftigen Miteigentumsanteil an einer seit Generationen in Familienbesitz befindlichen, mit einem Nießbrauch zugunsten von Angehörigen belasteten Immobilie mit einem Ladengeschäft und sechs Mietwohnungen, ist nach den Umständen des Einzelfalls eine Absicht zur Veräußerung oder Eigennutzung der Immobilie ausgeschlossen und ist der Steuerpflichtige vielmehr fest zu einer Weitervermietung entschlossen, um nach Ablauf des Nießbrauchs mit den künftigen Mieteinnahmen seine Altersversorgung zu bestreiten, so besteht auch vor Beendigung der Nießbrauchsrechte schon eine Einkunftserzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Der Steuerpflichtige kann dann trotz des noch zugunsten von Angehörigen bestehenden Nießbrauchs die Finanzierungskosten für das Darlehen zum Erwerb des Miteigentumsanteils, nicht aber die laufende Gebäudeabschreibung als vorweggenommene Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abziehen.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, 3 Nr. 1, § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid 2013 vom 17.12.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.02.2015, zuletzt geändert am 29.11.2016, wird insoweit abgeändert, dass vorweggenommene Werbungskosten für das Objekt „A-Straße 1 in X” in Höhe von 6.905 EUR als Verluste aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner dem Kläger das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 76 % und der Kläger zu 24 %.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Kläger nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet haben, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als Erwerber eines mit einem Nießbrauchsrecht belasteten bebauten Grundstücks Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Schuldzinsen als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen kann.
Der Kläger ist verheiratet und wurde im Streitjahr mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit als XX auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Der Kläger erwarb am xx.xx.1995 zusammen mit seiner Schwester im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seiner Mutter (geb. xx.xx.1928), sowie am xx.xx.2008 von seiner Tante (geb. xx.xx.1930) das bebaute Grundstück A-Straße 1 in X zu Miteigentum in Höhe von je 50 %. Die Mutter des Klägers behielt sich und ihrem Ehemann den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Die Tante des Klägers behielt sich ebenfalls den lebenslänglichen Nießbrauch vor. Der Vater des Klägers verstarb am xx.xx.xxxx. Seither standen die Nießbrauchsrechte der Mutter und der Tante des Klägers je zur Hälfte zu, die beide in Y wohnen und das Grundstück gemeinschaftlich vermieten. Bei dem Objekt handelt es sich um ein bebautes Grundstück in zentraler Xer Innenstadtlage. Das Gebäude umfasst eine kleinere Ladeneinheit und sechs Mietwohnungen.
Mit Kaufvertrag vom xx.xx.2011 erwarb der Kläger von seiner Schwester deren hälftigen Miteigentumsanteil an dem nießbrauchsbelasteten Grundstück zum Kaufpreis von 250.000 EUR.
In der Einkommensteuererklärung 2012 erklärte der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für diesen Grundstücksanteil eine A...