rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsbegrenzung für häusliches Arbeitszimmer eines Gerichtsvollziehers
Leitsatz (redaktionell)
Das häusliche Arbeitszimmer bildet nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Gerichtsvollziehers, da Tätigkeiten sowohl im Innen- als auch im Außendienst für das Berufsbild eines Gerichtsvollziehers wesentlich und prägend sind und die Betätigung eines Gerichtsvollziehers daher keinem konkreten Tätigkeitsschwerpunkt zugeordnet werden kann (gegen Urteil des FG Nürnberg v. 26.10.2006, IV 83/2006).
Normenkette
EStG § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b Sätze 1-3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob bei einem Gerichtsvollzieher das Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit darstellt.
Der Kläger ist Gerichtsvollzieher (GV) am X. Er unterhält in seinem Haus in Y ein Arbeitszimmer. Dort verrichtet er alle anfallenden Tätigkeiten des Innendienstes, z.B.
- Verfahren erfassen, Akten bearbeiten
- Vollstreckungsvoraussetzungen prüfen
- Zwischenverfügungen fertigen
- Protokolle verarbeiten
- Kostenrechnungen erstellen und verbuchen
- Zahlungen verarbeiten
- Ratentermine festsetzen
- elektronische Überweisungen durchführen
- Stellungnahmen für Erinnerungsverfahren fertigen
- Telefax-Schreiben empfangen.
Der Kläger teilt sich in der … straße x in Z mit vier weiteren Kollegen ein Sprechzeitenzimmer. Dort hält er Sprechzeiten von zweimal einer Stunde in der Woche ab. Im Übrigen wird das Zimmer von drei weiteren Kollegen in wesentlich gleicher Weise genutzt sowie von einem vierten Kollegen als Hauptbüro. Im Sprechzeitenzimmer unterhält der Kläger im Gegensatz zum Hauptbüro in Y keinen eingerichteten EDV-Arbeitsplatz, sondern verwendet einen Außendienst-Laptop.
Der Kläger verbringt in seinem Hauptbüro ca. […] Stunden pro Woche, im Außendienst (inkl. Fahren zum Post holen beim X) ca. […] Stunden sowie in einem Sprechzeitenzimmer in X ca. […] Stunden.
Im Streitjahr 2011 führte der Kläger im Außendienst x Durchsuchungen sowie x Räumungen durch. Bezüglich der Anzahl der Außentermine wird auf Bl. 73 bis 79 der Akten Bezug genommen. Insgesamt führte der Kläger im Streitjahr an xx Tagen Außendiensttermine durch, wobei die jeweiligen Termine in der Summe pro Tag […] Stunden dauerten. In den Jahren 2010/2011 nahm der Kläger folgende Dienstgeschäfte wahr:
persönlich bewirkte Zustellungen |
[…] |
Zustellungen unter Mitwirkung der Post |
[…] |
Zwangsvollstreckungs- und sonstige Aufträge |
[…] |
Versteigerungen |
[…] |
Durchgeführte Vorpfändungen (§ 845 ZPO) |
[…] |
Vollstreckungsaufträge der Justizbehörden |
[…] |
Anträge auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (eV) |
[…] |
Nicht mehr feststellbar ist, wie viel Prozent der Aufträge im Streitjahr allein durch die Innendiensttätigkeit erledigt wurden bzw. bei wie viel Prozent der Kläger vor Ort tätig werden musste.
In Baden-Württemberg führte ein GV in 2011 Dienstgeschäfte pro AKA wie folgt aus:
persönlich bewirkte Zustellungen |
396 |
Zustellungen unter Mitwirkung der Post |
367 |
Zwangsvollstreckungs- und sonstige Aufträge |
1.639 |
Versteigerungen |
1 |
durchgeführte Vorpfändungen |
10 |
Vollstreckungsaufträge der Justizbehörden |
122 |
Anträge auf Abgabe der eV |
629. |
In der Einkommensteuererklärung für 2011 machte der Kläger – dem Grunde nach zwischen den Beteiligten unstreitige – Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 2.423 EUR geltend. Davon berücksichtigte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 3. Juli 2012 lediglich 1.250 EUR, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung darstelle. Die Aufwendungen für das Sprechzeitenzimmer wurden voll umfänglich anerkannt.
Der Einspruch wurde in der Einspruchsentscheidung vom 18. Dezember 2012, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurückgewiesen. Im Streitfall fänden die berufsprägenden Innendiensttätigkeiten, die im Kontakt mit den Schuldnern und Gläubigern erfolgen, nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern in dem dafür gesondert angemieteten Büro in Z statt. Die im häuslichen Arbeitszimmer vorgenommenen Tätigkeiten seien nicht berufsbildprägend, auch wenn der zeitliche Umfang nicht untergeordnet sei.
Dagegen richtet sich die Klage, auf die Bezug genommen wird. Im Hauptbüro in Y würden die zeitintensiven Kernaufgaben des GV-Berufes verrichtet, nämlich Telefonate und Korrespondenz mit den Gläubigern, deren Vertretern und den Schuldnern. Dagegen könnten entgegen der Auffassung des FA 2 bis 4 Stunden Sprechzeiten pro Woche, in denen man oft vergeblich auf die Schuldner warte, im Sprechzeitenzimmer in Z und die dortigen eingeschränkten Möglichkeiten, die notwendigen Tätigkeiten zu erledigen, nicht berufsprägend sein. Die Mobiliarpfändung vor Ort führe nicht mehr zum Erfolg. Nur in Ausnahmefällen fahre er noch vor Ort und hole dort Raten ab oder führe eine Verhaftung durch. Überwiegend zum Erfolg führe moderne Kommunikation, die vom Hauptbüro aus ausgeübt werde. Dagege...