Entscheidungsstichwort (Thema)
Lieferung der Holzsärge und der Schmuckelemente eines Bestattungsunternehmners keine Nebenleistungen zur Überführungsleistung ins Drittland. Steuerbefreiung nur der ausschließlich durch die Überführung ins Drittland veranlassten Leistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Lieferung von Holzsärgen und Schmuckelementen im Zusammenhang mit der Überführung von Leichnamen durch ein Bestattungsunternehmen stellen keine Nebenleistungen zur Überführungsleistung dar, wenn die gelieferten Gegenstände auch im Rahmen der von einem Dritten bewirkten Bestattungen Verwendung finden.
2. Es erscheint ernstlich zweifelhaft, dass bei der Überführung von Leichnamen in Drittländer die auf die Besorgung von Leichenpässen und Überführungsgenehmigungen entfallenden Entgelte nicht zu den nach § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG begünstigten Leistungen gehören sollen, da diese ausschließlich durch die Überführung veranlasst sind.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 4 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa; FGO § 69 Abs. 3
Tenor
Die Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 2005 bis 2008 vom 18.02.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.08.2011 wird mit Wirkung vom Fälligkeitstag bis zum Ablauf eines Monats nach Ergehen einer Entscheidung in dem Verfahren 7 K 7262/11 oder dessen sonstiger Erledigung in der Weise ausgesetzt, dass für Zwecke der Aussetzung der Vollziehung von um 17.412,– EUR in 2005, 20.288,– EUR in 2006, 19.073,– EUR in 2007 und 23.284,– EUR in 2008 geminderten Umsätzen zum Regelsteuersatz auszugehen ist.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin zu 10 % und dem Antragsgegner zu 90 % auferlegt.
Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen, die die Antragstellerin im Rahmen ihres Bestattungsunternehmens im Zusammenhang mit Überführungen in Drittländer erbracht hat.
Die Antragstellerin betrieb in den Streitjahren in Sch. ein Bestattungsunternehmen unter der Bezeichnung „M.”. Einen wesentlichen Teil ihrer Umsätze erzielte sie dadurch, dass sie Leichname nach K., S. sowie B. und H. überführte. Zu diesem Zweck besorgte sie die für die Überführung erforderlichen Dokumente (Leichenpass und Überführungsgenehmigungen der in Betracht kommenden Staaten) und transportierte die Leichname mit eigenen Fahrzeugen und Fahrern zu den vorgesehenen Begräbnisstätten in K., S. sowie B. und H..
In der überwiegenden Zahl der Fälle besorgte die Antragstellerin außerdem die Sterbeurkunden und lieferte jeweils einen Zink- und Holzsarg, in denen sie die Leichname einsargte. Die Särge waren jeweils mit Decke und Kissen ausgestattet.
Gelegentlich wurden außerdem weitere Leistungen in Form inländischer Überführungen („Bahrenüberführungen”), Kühlungen oder Abschiednahmen erbracht und/oder Schmuckgegenstände, wie Blumen oder Grabkreuze, geliefert.
Die Antragstellerin behandelte sämtliche im Zusammenhang mit den Überführungen stehende Leistungen als steuerfrei gemäß § 4 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz – UStG – und wies dies auch in den ihren Auftraggebern erteilten Rechnungen so aus. Aus den Rechnungen sind ferner die Auftraggeber, die Verstorbenen, der Bestimmungsort der Überführung sowie die Einzelpositionen mit Rechnungsbeträgen ersichtlich. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Rechnungskopien in der Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakte II Bezug.
In ihrer Buchführung buchte die Antragstellerin die Umsätze auf einem Konto mit der Bezeichnung „Steuerfreie Umsätze § 4 Nr. 2 bis 7 UStG”. Ferner wird als Buchungstext die auf den Rechnungen vermerkte Rechnungsnummer, eine handschriftlich auf den Rechnungen vermerkte interne Belegnummer und/oder der Name des Verstorbenen angegeben, außerdem das Datum des Zahlungseingangs. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Kontenausdrucke in der Umsatzsteuer-Sonderprüfungsakte II Bezug.
Ausgehend von ihren Aufzeichnungen reichte die Antragstellerin ab dem 24.08.2006 ihre Umsatzsteuererklärungen 2005 bis 2008 beim Antragsgegner ein, denen dieser jeweils zustimmte.
Vom 24.08.2010 bis 16.09.2010 führte das Finanzamt für Körperschaften III im Auftrag des Antragsgegners bei der Antragstellerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Streitzeiträume durch. Die Prüferin gelangte zu der Auffassung, dass die Antragstellerin zu Unrecht sämtliche im Zusammenhang mit den Überführungsleistungen nach K., S. sowie B. und H. erbrachten Leistungen als umsatzsteuerfrei angesehen habe. Vielmehr seien lediglich die reinen Überführungsleistungen umsatzsteuerfrei. Davon ausgehend ermittelte die Prüferin steuerpflichtige Bruttoumsätze, die in etwa der Hälfte der bisher als steuerfrei erklärten Leistungen entsprachen, rechnete diese auf Nettoumsätze herunter und ermittelte so weitere Umsätze zum Regelsteuersatz von 19.347,– EUR in 2005, 22.542,– EUR in 2006, 21.192,– EUR in 2007 und 25.871,– EUR in 2008. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Textziff...