Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung ab 2009 vereinnahmter sog. Teilausgleichszahlungen eines ehemaligen Bediensteten des Europäischen Patentamts
Leitsatz (redaktionell)
1. Vereinnahmt der unbeschränkt steuerpflichtige ehemalige Bedienstete des Europäischen Patentamts neben dem Ruhegehalt ab 2009 statt der bisher dem Ausgleich der steuerlichen Belastung dienenden Zulage (Art. 42 Versorgungsordnung des Europäischen Patentamtes in der Fassung bis zum 1.1.2009) nunmehr sog. Teilausgleichszahlungen, unterliegen diese - trotz der internen Besteuerung durch das Europäische Patentamt - der inländischen Besteuerung.
2. Der Ausschluss der Besteuerung des Wohnsitzstaates nach Art. 16 Abs. 1 S. 2 Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation (PPI) ist auf aktive Bedienstete beschränkt.
3. Die Vorschrift des Art. 16 PPI als bundesgesetzlicher Norm wurde zum 1.1.2009 nicht dadurch geändert, dass der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes durch seinen Beschluss vom 9.12.2008 (CA/D 32/08) entschieden hat, die nun aus dem Haushalt der EPO zu finanzierenden Teilausgleichszahlungen - auch - der internen Besteuerung durch das Europäische Patentamt zu unterwerfen. Dieser interne Beschluss des Verwaltungsrates kann ohne ein neuerliches Zustimmungsgesetz auf Grundlage des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 GG (altes Zustimmungsgesetz: Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente v. 5.10.1973 -EPÜ-) das Besteuerungsrecht der BRD nicht ausschließen und ist nicht als „vom Zustimmungsgesetz gedeckte Fortentwicklung des EPÜ” zu beurteilen.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1; AO § 2; Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation Art. 16 Abs. 2; Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der europäischen Patentorganisation Art. 16 Abs. 1 S. 2; Versorgungsordnung des Europäischen Patentamts Art. 42; Übereinkommen über die Erteilung Europäischer Patente Art. 8, 164 Abs. 1; GG Art. 24, 59 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Besteuerung von sogenannten Teilausgleichszahlungen, die er als ehemaliger Bediensteter des Europäischen Patentamts (EPA) – Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation (EPO) – erhält.
Der 1939 geborene Kläger bezieht als ehemaliger Bediensteter des EPA ein Ruhegehalt nebst einer als Teilausgleichszahlung bezeichneten Zulage. Die Zulage soll dem Ausgleich der unterschiedlichen steuerlichen Belastung der ehemaligen Bediensteten in ihren Heimatstaaten dienen.
Bereits seit dem Jahre 1977 wurde den ehemaligen Bediensteten des EPA neben der Grundpension zum Ausgleich der steuerlichen Belastung eine Zulage gewährt, die als Steueranpassungsbetrag bezeichnet wurde und die der Organisation durch die Mitgliedstaaten bis einschließlich 2008 erstattet wurde.
Die Zahlungen beruhten auf der vom Verwaltungsrat der EPO am 20. Oktober 1977 erlassenen Versorgungsordnung, die in der bis zum 1.1.2009 geltenden Fassung folgendes beinhaltete:
„Art. 42 |
1. |
Die Empfänger von Versorgungsbezügen nach dieser Versorgungsordnung haben Anspruch auf die Anpassung, die für die Mitgliedstaaten der Europäischen Patentorganisation, in denen die Versorgungsbezüge und die entsprechende Anpassung nach den steuerrechtlichen Vorschriften dieser Staaten einkommensteuerpflichtig sind, festgelegt wird. |
2. |
Die Anpassung entspricht 50 % des Betrags, um den die Versorgungsbezüge des Betreffenden theoretisch angehoben werden müssten, damit nach Abzug der auf den Gesamtbetrag erhobenen einzelstaatlichen Steuer oder Steuern ein Betrag verbleibt, der dem nach dieser Versorgungsordnung gezahlten Betrag der Versorgungsbezüge entspricht. |
…” |
Art. 42 Abs. 6 der Verordnung a.F. sah zur Regelung der Zahlungsmodalitäten Durchführungsvorschriften vor. Die für die Finanzierung der Anpassungsbeträge bestimmte Regel 42/6 der Durchführungsvorschriften in der bis zum 1.1.2009 geltenden Fassung enthielt folgende Regelung:
„1. |
Der Betrag der Anpassung nach Artikel 42 der Versorgungsordnung geht zu Lasten des Staates, in dem der Anspruchsberechtigte für den betreffenden Zeitraum einkommensteuerpflichtig ist. |
2. |
Für die Lasten, die sich aus Absatz 1 ergeben, wird ein gesonderter Haushaltsplan gleichzeitig mit dem anderen Haushaltsplan der Organisation aufgestellt. Die Beiträge zu diesem gesonderten Haushaltsplan werden am Ende des Zeitraums, für den dieser Haushaltsplan gilt, abgerechnet.” |
Nach Art. 42 Abs. 5 der Versorgungsordnung a.F. war der Empfänger der Steueranpassungszahlungen verpflichtet, einen Nachweis über die tatsächliche Versteuerung der Versorgungsbezüge nebst Anpassungsbeträgen zu erbringen; kam er dieser Verpflichtung nicht nach, ging der Anspruch auf Steueranpassung verloren.
Das Ruhegehalt und der Steueranpassungsbetra...