Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Missbräuchlichkeit eines Benennungsverlangens
Leitsatz (redaktionell)
Bei Zahlungen an eine ausländische Gesellschaft genügt die Benennung des tatsächlichen Zahlungsempfängers (Scheckeinreichers), wenn keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, daß die Zahlungen zumindest teilweise in den Geltungsbereich des Grundgesetzes zurückgeflossen sind, den Anforderungen des § 160 AO.
Normenkette
AO § 160; EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die Klägerin ist ein alteingesessenes Unternehmen, das im Bereich des Garten- und Landschaftsbaus tätig ist. Sie beschäftigte im Veranlagungszeitraum 1995 durchschnittlich 98 gewerbliche Mitarbeiter, davon drei Maurer und sechs Steinsetzer.
1994 und 1995 wickelte die Klägerin einige Großaufträge - zum Beispiel Bauvorhaben auf ... dem in ... der ... in ... und der ... in ... - ab und setzte dabei so genannte Leiharbeitnehmer ein, die ihr durch die beiden britischen Gesellschaften „... Ltd.“ und „...“ überlassen worden waren.
In den aufgrund einer Betriebsprüfung bei der Klägerin ergangenen Änderungsbescheiden vom 28. September 1999 erkannte der Beklagte von den Zahlungen von 390.074,00 DM im Jahre 1995 bzw. 138.256,00 DM im Jahre 1996, die die Klägerin an die vorgenannten Firmen geleistet hatte, nur noch die Hälfte als Betriebsausgaben an und berücksichtigte dementsprechend nur noch 195.073,00 DM im Jahre 1995 und 69.128,00 DM im Jahre 1996 als Betriebsausgaben. Die darüber hinaus geleisteten Zahlungen sah der Beklagte als nicht abzugsfähige Aufwendungen an.
Die hiergegen von der Klägerin eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg ebenso der gleichzeitig mit den Einsprüchen gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
In seiner Einspruchsentscheidung führt der Beklagte aus, nach einer Wirtschaftsauskunft des Bundesamtes für Finanzen - BfF - aus dem Jahre 1998 handele es sich bei den beiden britischen Unternehmen um Domizilgesellschaften, also Briefkastenfirmen ohne eigenen Geschäftsbetrieb in England. Die Gesellschaften hätten in Großbritannien im Berichtszeitraum weder über eine eigene Geschäftsadresse noch über eigene Kommunikationsanschlüsse verfügt. Sie hätten keine Mitarbeiter und verfügten nicht über einen ortsansässigen Geschäftsführer. Das eingezahlte Gesellschaftskapital sei in beiden Fällen für ein aktiv tätiges Unternehmen als nicht ausreichend anzusehen.
Am 22. Juli 1997 sei die „...“ von den britischen Behörden aus dem Handelsregister gelöscht worden, weil dieses Unternehmens seinen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Es lägen keine Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen, Nachweise über Telefonbucheintragungen oder Aufstellungen über Personal im Berichtszeitraum vor. Zwar sei das Unternehmen zur Zeit der Rechnungsstellung rechtlich existent gewesen, jedoch sei die in den Rechnungen angegebene V.A.T.-Nr. am 1. Mai 1995 gelöscht worden und sei zum Zeitpunkt der Rechnungslegung nicht mehr gültig gewesen.
Ähnliches gelte für die „...“.
Nach Feststellungen des BfF seien die Firmen „...“ und „...“ bereits bundesweit als Briefkastengesellschaften auffällig geworden.
Da die Klägerin keine Nachweise über die aktiven Geschäftsbetriebe ihrer beiden britischen Geschäftspartner habe vorlegen können, sei sie nach der Rechtsprechung zu § 160 Abgabenordnung - AO - gehalten, die tatsächlichen Empfänger der Leistungen nachzuweisen. Die von der Klägerin auf ein entsprechendes Auskunftsverlangen erteilten Auskünfte seien unzureichend gewesen. Es sei vollkommen offen und ungeklärt geblieben, bei wem die Geldbeträge letztlich verblieben seien und ob die Empfänger möglicherweise im Inland steuerpflichtig seien. Denn es sei nicht auszuschließen, dass die Personen, die als Scheckeinlöser aufgetreten seien, lediglich die Funktion eines „Durchlaufpostens“ hatten und auf diese Weise Zahlungen von Steuerinländern über ausländische Leistungserbringer an Steuerinländer zurückgeflossen seien.
Die Benennung der Scheckeinlöser sei im Hinblick auf § 160 AO im Streitfall auch deshalb nicht ausreichend gewesen, weil die Finanzverwaltung im Ausland keine Möglichkeit der Verifizierung von Zahlungen habe. Die Klägerin könne sich insbesondere nicht auf Zeugen im Ausland berufen, denn diese könnten im Ausland nicht nach der Richtigkeit ihrer Aussage befragt werden. Deshalb hätte die Klägerin weitere Beweismittel vorlegen müssen, aus denen ersichtlich sei, dass die benannten Personen tatsächlich die wirtschaftlichen Empfänger der Zahlungen seien.
Ferner korrigierte der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung die von der Klägerin in Anspruch genommene Pauschalwertberichtigung auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen von 3 v. H. auf 1 v. H. Sofern die Klägerin über den Pauschalsatz von 1 v. H. hinauszugehen beabsichtige, werde eine genaue Berechnung der Wertberichtigung verlangt. Die Pauschalwertberichtigung von 1 v. H. werde aufgrund der Erfahrungen des Betriebes geschätzt, da die Klägerin die erforderlichen Erfahrungswerte ...