Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung von Baumängeln vor Fertigstellung des Gebäudes als Werbungskosten. AfaA aufgrund von Baumangeln. Einkommensteuer 1975
Leitsatz (amtlich)
1. Aufwendungen, die vor Fertigstellung eines Gebäudes noch während der Bauphase zur Erhaltung der bereits fertiggestellten Teile anfallen, sowie Mehrfachaufwendungen, die ihren Grund darin haben, dass der mit ihnen verfolgte Zweck beim ersten Mal nicht oder nicht vollständig erreicht wurde, sind als Erhaltungsaufwand sofort abzugsfähige Werbungskosten, auch wenn sie im Ergebnis der Herstellung des Gebäudes dienen.
2. Ein privater Vermieter kann wegen nicht behebbarer Baumängel eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung vornehmen, wenn die Substanz des Gebäudes durch fehlerhafte Bauausführung nachhaltig geschädigt und sein Nutzungswert dadurch nicht nur unwesentlich beeinträchtigt ist.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1 S. 4, Abs. 4, §§ 7b, 9 Abs. 1 Nr. 7, § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 21a
Tenor
Der Steuerbescheid vom 8. Februar 1977 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 31. Januar 1978 wird insoweit aufgehoben, als Aufwendungen für die Behebung von Mängeln der Bauausführung in Höhe von 8.045 DM sowie eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung in Höhe von 18.006 DM nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung anerkannt worden sind.
Die Kosten fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer eines im September 1975 bezugsfertig gewordenen Zweifamilienhauses. Streitig ist, ob Aufwendungen der Kläger zur Behebung von Mängeln der Bauausführung sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind und ob den Klägern wegen weiterer, nicht behebbarer Baumängel eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) zusteht. Im einzelnen handelt es sich um folgenden Sachverhalt:
Die Kläger beauftragten am 16. Dezember 1972 die Firma Heinz R. mit der Herstellung eines Typenhauses („Holstein-Haus”) auf dem Grundstück in Bremen; …. Das Haus sollte schlüsselfertig für 175.220 DM errichtet werden. Durch Ergänzungsaufträge erhöhte sich der Kaufpreis auf 210.410,95 DM. Die Firma R. betraute mit der Bauausführung einen Bauunternehmer, der sich schon damals in finanziellen Schwierigkeiten befand und später den Offenbarungseid leistete. Nachdem schon das Baugenehmigungsverfahren durch fehlerhafte Bauzeichnungen erheblich verzögert worden war, kam es beim Bau zu zahlreichen, teilweise schwerwiegenden Fehlleistungen und dadurch bedingten weiteren Verzögerungen, die so weit gingen, daß die Baustelle schließlich monatelang praktisch stillag. Die Kläger kündigten daraufhin den Bauvertrag mit Schreiben vom 10. April 1975 und führten den Bau durch andere Handwerker in eigener Regie zu. Ende. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie an die Firma R. 147.149, 73 DN gezahlt. Für die Fertigstellung des Baus wandten sie 53.808,95 DM und für Reparaturen am fehlerhaft ausgeführten bzw., durch das lange Stilliegen schadhaft gewordenen Bauteilen weitere 16.090,10 DM auf. Hinzu kamen 17.385,99 DM für die Befestigung der Zufahrt sowie Gebühren und andere Kosten in Höhe von 6.721,41 DM.
Von der Firma R. erhielten die Kläger nach einem durch sämtliche Instanzen geführten Zivilrechtsstreit, der 1977 mit einem Vergleich endete, „als Ersatz für eingetretenen Vermögensschaden” eine einmalige Zahlung von 15.500 DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1975 machten die Kläger neben erhöhten Absetzungen gem. § 7 b EStG auf die Herstellungskosten des Gebäudes die Hälfte der Reparaturkosten von 16.090 DM = 8.045 DM als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt (FA) ließ den Abzug nicht zu, weil Reparaturen nur an einem fertiggestellten Wirtschaftsgut vorgenommen werden könnten, die Beseitigung von Mängeln der Bauausführung aber der erstmaligen funktionsgerechten Herstellung des Gebäudes gedient habe. Es sah die Aufwendungen deshalb als Herstellungskosten an und gewährte hierauf lediglich eine AfaA in Höhe von 3.750 DM für Substanzzerstörung einzelner Bauteile durch „Korrektur der Dachkonstruktion”. Da es der Meinung war, daß eine gleichzeitige 7 b – Absetzung nicht zulässig sei, berücksichtigte es nur eine AfA von 2% gem. § 7 Abs. 4 EStG von 241.156,18 DM für 4 Monate = 1.608 DM.
Auf den Einspruch der Kläger änderte das FA den Einkommensteuerbescheid dahingehend, daß es die AfaA rückgängig machte, dafür aber erhöhte Absetzungen von 5% gem. § 7 b EStG für Herstellungskosten von 200.000 DM und eine auf 2,5% erhöhte AfA für weitere 41.156 DM für 4 Monate gewährte. Es begründete die Änderung damit, daß eine AfaA nur in Betracht komme, wenn durch ein einmaliges Ereignis ein Substanzverlust an einem bereits bestehenden Gebäude eingetreten sei. Wenn dagegen Teile eines in der Entstehung befindlichen Gebäudes wegen schlechter Bauausführung erneuert werden müßten, so würden die dadurch verursachten Kosten für die Herstellung des – funktionsfähigen – Gebäudes aufgewandt und ...