rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für eigenständige bewegliche Wirtschaftsgüter bei Einbau von Netzwerkkabeln, einem neuen Server und sog. zwischenschaltbaren Switches für die Datenbündelung in einem Bürogebäude. Einbau von Netzwerkkabeln als neue Tatsache
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden in einem bestehenden Bürogebäude in Kabelschächten erstmals Netzwerkkabel, ein neuer Server und sog. zwischenschaltbare Switches für die Datenbündelung eingebaut, stellen die Aufwendungen keinen sofort abziehbaren Instandhaltungsaufwand, sondern Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten für eigenständige bewegliche Wirtschaftsgüter dar; die Netzwerkkabel können aufgrund der Verlegung unter Fensterkanälen, hinter Rigipswänden oder in Zwischendecken verlaufenden Kabelschächten jederzeit wieder ausgebaut und anderweitig wiederverwendet werden und sind daher keine wesentlichen Gebäudebestandteile i.S. der §§ 93, 94 Abs. 2 BGB.
2. Hat der Steuerpflichtige in der Steuererklärung die Aufwendungen unter 1. als „Unterhaltungsaufwand für Maschinen” in vollem Umfang steuermindernd geltend gemacht und wird dem Finanzamt erst bei einer späteren Betriebsprüfung der Einbau der Netzwerkkabel bekannt, liegt eine neue Tatsache i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vor, die das FA zur Änderung des bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids und zur nachträglichen Aktivierung der Aufwendungen für die Netzwerkkabel samt Zubehör berechtigt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 7 Abs. 1, 4, § 9 Abs. 1 S. 1; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 93, 94 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, dessen aufstehende Bürogebäude teilweise von dem Steuerbüro der Klägerin, teilweise von der prozessbevollmächtigten Rechtsanwalts- und Steuerberatungssozietät unter Beteiligung der Klägerin, teilweise von einer Sachverständigengesellschaft bürgerlichen Rechts unter Beteiligung des Klägers und teilweise fremd, u.a. von der A-GmbH, an der wiederum die Klägerin mehrheitlich beteiligt ist, genutzt wird. Im Streitjahr 1999 ließ die Klägerin neben den alten Elektro- und Telefonkabeln aus dem Jahr 1996 von der Firma S. neue Netzwerkkabel nebst einem neuen Server und sog. zwischenschaltbaren Switches für die Datenbündelung im Wert von 41.212 DM verlegen und sich von der A-GmbH dabei für 12.068 DM beraten. Den Materialwert behandelte sie in ihrem – zeitgleich mit der Einkommensteuererklärung eingereichten – Jahresabschluss für das Steuerbüro unter der Position „Unterhaltung Maschinen” als sofort abziehbaren Instandhaltungsaufwand. Nach einer Großbetriebsprüfung behandelte der Beklagte dieses Kabelnetzwerk jedoch als vom Gebäude losgelöstes Wirtschaftsgut, das abzuschreiben sei, und erhöhte daher im Streitjahr die erzielten Einkünfte, indem er den zuvor – ohne Vorbehalt der Nachprüfung – erlassenen Einkommensteuerbescheid änderte. Gegen diesen Einkommensteuerbescheid 1999 vom 15. Februar 2006, in dem aus Vereinfachungsgründen auch die Verluste der Eheleute aus der Vermietung des oben genannten Bürogebäudes erfasst sind, und die nach fristgerechtem Einspruch ergangene Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2006 richtet sich die vorliegende Klage vom 2. August 2006.
Die Kläger meinen, die Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sei schon aus formalrechtlichen Gründen nicht zulässig. Zunächst enthalte ihre vorangegangene Einstufung des Kabelnetzwerkes als Unterhaltungsaufwand für Maschinen nämlich keinerlei rechtliche Würdigung, sondern lediglich eine Beschreibung der Tatsachen, so dass eine abweichende Einstufung des Beklagten ebenfalls nicht als neue Tatsache anzusehen sei. Selbst wenn doch, treffe den Beklagten am nachträglichen Bekanntwerden ein die Änderung ausschließendes Verschulden, weil er bei einem derart außerhalb der Erfahrungswerte des Branchenverzeichnisses liegenden Aufwand von 1,6 vom Hundert des Umsatzes und bei einer derartigen Steigerung des Aufwandes gegenüber den Verhältnissen der beiden Vorjahre um 373 bzw. 381 vom Hundert zu einer Nachfrage verpflichtet gewesen und das sonst bei Unterhaltungsaufwand auch regelmäßig tue.
Ungeachtet dessen sei die Änderung aber auch materiell-rechtlich unzutreffend. Bei einem Bürogebäude und den darin verlegten Leitungen handele es sich um ein einheitliches Wirtschaftsgut, so dass der Austausch des Kabelnetzes als sofort abziehbarer Aufwand anzusehen sei. Zum einen seien derartige Netzwerkkabel nämlich nicht mit Kabeln vergleichbar, die in Elektronikmärkten zu kaufen seien und dem Anschluss des Computers an die Wandsteckdose dienten, sondern – wie in der Stellungnahme von Dr. A. (Bl. 69 f. der Klageakte) dargestellt – so fest mit der Gebäudewand und den Dosen verbaut, dass ihre Entfernung nicht nur die Kabel selbst zerstören, sondern auch die Gebäudesubstanz beeinträchtigen könne. Davon abgesehen sei ein einheitlicher Funktions- und Nutzungszu...