Entscheidungsstichwort (Thema)
Urteilstatbestand. Berichtigung. Tatsachen. Schlussfolgerungen. Körperschaftsteuer 1992 bis 1994. Antrag auf Tatbestandsberichtigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die §§ 105 Abs. 3, 118 Abs. 2 FGO setzen die Maßstäbe dafür, ob und in welchem Umfang ein Urteilstatbestand „unrichtig oder unklar” i.S.d. § 108 Abs. 1 FGO ist. Hiernach soll der Urteilstatbestand in knapp gefasster Form die wesentlichen Aspekte des Verfahrensganges und des Beteiligtenvorbringens darstellen. Seine Fassung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
2. Zum Urteilstatbestand i.S.d. § 108 Abs. 1 FGO gehören alle tatsächlichen Feststellungen, auch wenn sie sich nicht in dem in § 105 Abs. 2 Nr. 4 FGO bezeichneten Urteilsabschnitt, sondern in den Entscheidungsgründen finden („verschobene Tatsachen”). Tatsachen sind auch die Schlussfolgerungen tatsächlicher Art, die das Finanzgericht auf Grund des festgestellten Sachverhaltes im Rahmen der ihm obliegenden Tatsachen- und Beweiswürdigung gezogen hat.
3. Mit einer Tatbestandsberichtigung kann nicht die Berücksichtigung neuen Vorbringens oder nachgereichter Beweismittel erreicht werden. Des Weiteren wird im Verfahren nach § 108 FGO das Beteiligtenvorbringen nicht nochmals gewürdigt. Die o.g. Schlussfolgerungen tatsächlicher Art sind nur dahingehend überprüfbar, ob deren tatsächliche Grundlagen zutreffend sind. Nur soweit dies nicht der Fall ist, ist zu prüfen, ob die Schlussfolgerung nach wie vor Bestand hat.
Normenkette
FGO § 105 Abs. 3, § 108 Abs. 1
Tenor
Das Urteil wird wie folgt berichtigt:
Auf Seite 19 wird im 4. Absatz (Nach ständiger Rechtsprechung …), 3. Satz („Wird der Beschluss …”), erster Halbsatz zwischen den Worten „nicht” und „angefochten” das Wort „erfolgreich” eingefügt.
Im übrigen wird der Antrag als unbegründet zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht endgültig.
Tatbestand
I.
Mit Urteil vom 14. Juli 2004, der Klägerin am 29. September 2004 durch Empfangsbekenntnis zugestellt, hat der Senat die Klage als unbegründet abgewiesen. Am 11. Oktober 2004 hat die Klägerin sinngemäß beantragt,
den Tatbestand des Urteils vom 14. Juli 2004 in den unter I. bis XIX. im einzelnen dargestellten Punkten zu berichtigen.
Wegen Einzelheiten wird auf die Antragsschrift vom 11. Oktober 2004 und den Schriftsatz vom 20. Oktober 2004 Bezug genommen (Bl. 626 ff., 668 ff.).
Entscheidungsgründe
II.
1. Sind in einem Urteil offenbare Unrichtigkeiten enthalten, so sind diese jederzeit vom Gericht zu berichtigen (§ 107 Abs. 1 FGO). Enthält der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten, so kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden (§ 108 Abs. 1 FGO). Der Antrag auf Urteilsberichtigung muss hinreichend bestimmt sein. Er muss die beanstandeten Passagen und deren zu berichtigende Fassung so konkret bezeichnen, dass das Gericht in die Lage versetzt wird, den Inhalt und Umfang des Antragsbegehrens – ggf. durch Auslegung – zu erkennen.
Die Tatbestandsberichtigung nach § 108 FGO ist vom Gesetzgeber mit Rücksicht auf die urkundliche Beweiskraft des Tatbestands (§§ 105, 118 Abs. 2 FGO) zugelassen worden; es soll verhindert werden, dass ein unrichtig beurkundeter Prozessstoff Grundlage für die Entscheidung des Revisionsgerichts wird (BFH vom 18. November 1997 V B 58/97, BFH/NV 1998, 710). Die §§ 105 Abs. 3, 118 Abs. 2 FGO setzen demzufolge die Maßstäbe dafür, ob und in welchem Umfang ein Urteilstatbestand „unrichtig oder unklar” i.S.d. § 108 Abs. 1 FGO ist.
Nach § 105 Abs. 3 FGO ist im Urteilstatbestand der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt. Die gesetzliche Anforderung, den Streitstand „seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen”, bedingt bereits, dass nicht der gesamte Beteiligtenvortrag ausführlich wiedergegeben wird, sondern nur „der langen Rede kurzer Sinn”. Alles soll auf eine knappe und gedrängte Form gebracht werden, wobei das Wesentliche und Charakteristische hervortreten muss (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, 1961/2003, § 105 FGO Rdn. 10). Die Fassung des Tatbestandes steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Schon wegen des Spielraums, der bei der Ausübung dieses Ermessens besteht, eröffnet das Antragsverfahren nach § 108 Abs. 1 FGO keine Betätigungsfelder für Rabulisten.
Zum „Tatbestand” i.S.d. § 108 FGO gehören alle Feststellungen tatsächlicher Art, auch wenn Sie sich nicht in dem in § 105 Abs. 2 Nr. 4 FGO bezeichneten Urteilsabschnitt, sondern in den Entscheidungsgründen finden („verschobene Tatsachen”; BFH vom 26. Oktober 1994, BFH/NV 1995, 1063 m.w.N.; v. Groll in Gräber, FGO, 5. Auflage, § 108 Rn. 2; Brandis a.a.O. Rdn. 5). Es handelt sich nicht nur um die tatsächlichen Feststellungen zu den Tatsachen im engeren Sinne, die das Finanzgericht als erwiesen angesehen hat, sondern auch ...