rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietung von Gegenständen des Privatvermögens. Tatsächliche und betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer. Anwendung der amtlichen AfA-Tabellen
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter der „tatsächlichen Nutzungsdauer” i. S. von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist der Zeitraum zu verstehen, in dem das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß verwendet oder genutzt werden kann. Dieser Zeitraum ist durch Schätzung zu ermitteln.
2. Insbesondere wenn vermietete Gegenstände des Privatvermögens vom Mieter zu betrieblichen Zwecken genutzt werden, entspricht der Begriff der „tatsächlichen Nutzungsdauer” inhaltlich der „betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer” betrieblicher Wirtschaftsgüter.
3. Die vom BMF zur Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer bei Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens herausgegebenen amtlichen AfA-Tabellen kommen auch im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG für die Ermittlung der tatsächlichen Nutzungsdauer vermieteter Gegenstände des Privatvermögens – im Streitfall einer zu betrieblichen Zwecken des Mieters genutzten Lagerhalle – zur Anwendung.
Normenkette
EStG 1997 § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, S. 2
Tenor
1. Unter Änderung des Bescheides vom 13. September 2000 in Form der Einspruchsentscheidung vom 26. September 2006 wird dem Beklagten aufgegeben, die Einkommensteuer 1998 unter Berücksichtigung einer AfA für die streitige Halle i.H.v. 4 % neu zu berechnen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt. Der als Urteil wirkende Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer einer Werkstatt- und Lagerhalle (Fertigbau-Stahlkonstruktion), die er seit dem 1. März 1998 an die A GmbH vermietet hat. Der Kläger erzielt hieraus – eine Betriebsaufspaltung liegt wegen fehlender personeller Verflechtung nicht vor – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
In seinen Einkommensteuererklärungen 1998 bis 2002 hat der Kläger die lineare Gebäude-AfA mit 4 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten angesetzt. Bei der Durchführung der Veranlagung gewährte der Beklagte lediglich eine AfA i.H.v. 2 % und erließ dementsprechende Einkommensteuerbescheide. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein.
Nachdem der Beklagte den Einspruch zurückgewiesen hatte, erhob der Kläger am 20. Oktober 2003 Klage und beantragte sinngemäß (Bl. 24),
unter Änderung des Bescheides vom 13. September 2000 in Form der Einspruchsentscheidung vom 26. September 2006 die Einkommensteuer 1998 unter Berücksichtigung einer AfA für die streitige Halle i.H.v. 4 % (statt 2 %) festzusetzen.
Nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG sei die tatsächliche Nutzungsdauer zugrunde zu legen. Die AfA-Tabelle sei anwendbar, denn aufgrund der gleichen Nutzung und der daraus folgenden gleichen Abnutzung mache es keinen Unterschied, ob das Gebäude im Privat- oder im Betriebsvermögen gehalten werde (Bl. 26). Nach der amtlichen AfA-Tabelle des BMF vom 18. April 1997 (Bl. 34 ff. Rbh) liege der AfA-Satz für derartige Massivbauhallen bei 4 % (Nutzungsdauer: 25 Jahre). Dieser Satz stehe dem Steuerpflichtigen mindestens zu. Entsprechende Belege oder Grundlagen einer auf den Einzelfall bezogenen Schätzung der Nutzung bedürfe es insoweit nicht (Bl. 38 Rbh).
Der Beklagte beantragt (Bl. 38),
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die AfA-Tabelle finde nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, nicht aber im Rahmen des § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG Anwendung. Sie beinhalte eine Privilegierung, damit die Bautätigkeit im Betriebsbereich gefördert werde. Dies sei dort unbedenklich, weil im Betriebsvermögen spätestens bei der Veräußerung der Halle die stillen Reserven in Form des tatsächlichen Mehrwertes aufgedeckt und versteuert würden (Bl. 37 f.). Eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer nach § 7 Abs. 4 S. 2 sei zwar grundsätzlich denkbar; dazu genüge aber der bloße Hinweis auf die AfA-Tabelle nicht. Die Nutzungsdauer sei vielmehr im Einzelfall nachzuweisen (Bl. 38).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Akten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und auch begründet. Die AfA-Tabellen für betrieblich genutzte Wirtschaftsgüter finden auch im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG Anwendung.
1. Bei Gebäuden sind als Absetzung für Abnutzung die folgenden Beträge bis zur vollen Absetzung abzuziehen:
- bei Gebäuden, soweit sie zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen und für die der Bauantrag nach dem 31. März 1985 gestellt worden ist, jährlich 4 vom Hundert,
bei Gebäuden, soweit sie die Voraussetzungen der Nummer 1 nicht erfüllen und die
a. nach dem 31. Dezember 1924 fertiggestellt worden sind, jährlich 2 %,
b. vor dem 1. Januar 1925 fertiggestellt worden sind, jährlich 2,5 %
der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Beträgt die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes in den Fällen der Nummer 2 Buchstabe a weniger als ...