rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Lohnsteuer im Krisenfall

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Haftungsinanspruchnahme eines Geschäftsführers für Lohnsteuer ist auch dann nicht treuwidrig, wenn der Geschäftsführer von „politischer Seite” bestärkt wurde, sein in der Krise befindliches Unternehmen fortzuführen.

 

Normenkette

AO §§ 69, 34 Abs. 1, § 191 Abs. 1 S. 1; EStG § 42d

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage der Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids für die Lohnsteuer-Haftungsschulden der E-GmbH (künftig: GmbH).

Die GmbH wurde im November 1998 vom Kläger und seiner Ehefrau mit einem Stammkapital in Höhe von 50.000 DM als Auffanggesellschaft gegründet, um den Geschäftsbetrieb der in Insolvenz geratenen F & G GmbH zu übernehmen. Ab 1. Juli 1999 übernahm die GmbH die Arbeitnehmer der F & G GmbH. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH war der Kläger.

Am 18. Mai 2001 wurde über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzantrag gestellt, ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt (Bl. 166 Vollstr). Am 1. Juli 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Mit Haftungsbescheid vom 23. Mai 2001 nahm der Beklagte den Kläger für die in den Anmeldungszeiträumen November 1999 bis April 2001 angemeldeten, aber nicht abgeführten Lohnsteuern und Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 845.091 DM in Anspruch (Bl. 14 HA; Bl. 2 ff Rbh). Die im Nachgang übersandte Anlage zu dem Haftungsbescheid enthielt eine Aufstellung der für die jeweiligen Voranmeldungszeiträume geschuldeten Steuern und Nebenleistungen (Bl. 2 ff Rbh). Den Einspruch gegen den Haftungsbescheid (Bl. 1 Rbh) wies der Beklagte mit seiner Einspruchsentscheidung vom 16. November 2001 als unbegründet zurück (Bl. 30 Rbh).

Am 17. Dezember 2001 hat der Kläger Klage erhoben. Der Beklagte hat mit Bescheid vom 7. Februar 2002 den Haftungsbescheid eingeschränkt, indem er ihn bezüglich des Monats April 2001 aufgehoben hat (Bl. 18 HA).

Der Kläger beantragt,

den Haftungsbescheid vom 7. Februar 2002 aufzuheben.

Der Haftungsbescheid sei bereits wegen mangelnder Bestimmtheit nichtig, weil er nicht die einzelnen Arbeitnehmer benenne. Überdies habe der Kläger seine Pflichten als Geschäftsführer nicht schuldhaft verletzt, weil er letztlich zu der Fortführung des Unternehmens gedrängt worden sei. Das Geschehen sei über die gesamte Zeit hinweg von dem Insolvenzverwalter der F & G GmbH, Herrn Rechtsanwalt H, den Banken und dem Wirtschaftsministerium bestimmt worden. Der Kläger habe sich lediglich als deren „Marionette” gefühlt. H habe ihn davon überzeugt, dass der Gewerbebetrieb des insolventen Unternehmens fortführungsfähig sei, und habe dies durch eine Unternehmensberatungsgesellschaft untermauern lassen. Zudem sei der Kläger auch durch einen Bediensteten des saarländischen Wirtschaftsministeriums bestärkt worden, den Gewerbebetrieb fortzuführen, wofür dieser ihm Landeszuschüsse und Fördermittel zugesagt habe. Aufgrund dessen habe er sich letztlich überzeugen lassen und zusammen mit seiner Ehefrau die Auffanggesellschaft gegründet. Auf einen an Wirtschaftsministerium gerichteten Antrag, der ein Gesamtinvestitionsvolumen in Höhe von 3.905.000 DM ausgewiesen habe, sei ihm die maximale Förderung durch das Saarland zugesagt worden. Da aber keine Hausbank habe gefunden werden können, sei es zu einer sehr starken Anspannung der finanziellen Situation gekommen. Dennoch sei Anfang Mai 1999 von einem Herrn I, der eng mit dem Wirtschaftsministerium zusammengearbeitet habe, eine positive Zukunftsprognose erstellt worden. Nachdem im Juli 1999, als die Betriebsgrundlagen von der Auffanggesellschaft übernommen worden seien, noch keine Fördermittel gewährt worden seien, hätten die Arbeitnehmer der GmbH, jeweils vertreten durch den Betriebsratsvorsitzenden, unter Mitwirkung des Insolvenzverwalters mit der K-Bank einen Forderungskaufvertrag abgeschlossen. Im Rahmen dieses Vertrags sei vereinbart worden, dass die K-Bank monatliche Beträge in Höhe der Nettolöhne gegen Abtretung der Lohnzahlungsansprüche gegenüber der GmbH an die Arbeitnehmer auszahle. Eine Verpflichtung zur Zahlung der öffentlich-rechtlichen Nebenleistungen, insbesondere von Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen, habe die K-Bank ausdrücklich nicht übernommen. Auf das Darlehenskonto habe ausschließlich der Betriebsratsvorsitzende, nicht aber der Kläger zugreifen können. Die aus den Lohnzahlungen resultierenden Lohnsteuerbeträge seien ab November 1999 rückständig geworden, jedoch durch Zahlungen und durch Aufrechnung mit Vorsteuer-Erstattungsansprüchen aufgerechnet worden. Den letztlich für das Wirtschaftsjahr 1999 verbleibenden Fehlbetrag in Höhe von 150.000 DM habe der Kläger nachgeschossen. Jedoch hätten die Liquiditätsschwierigkeiten fortbestanden. Daraufhin habe der Betriebsratsvorsitzende anlässlich einer Veranstaltung der saarländischen Landesregie...

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