Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Beherbergungsleistungen – Zimmervermietung zur Ausübung der Prostitution
Leitsatz (redaktionell)
- Die Umsätze aus der Überlassung von Zimmern an Prostituierte zur Ausübung der Prostitution unterfallen nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG für Beherbergungsleistungen.
- Eine Aufteilung der an die Prostituierten erbrachten Leistung in eine dem Regelsteuersatz und eine dem ermäßigten Steuersatz unterliegende Leistung ist nicht möglich, da mit der Zimmervermietung eine wirtschaftlich einheitliche Leistung an die Prostituierten erbracht wird, mit der diesen die Ausübung ihres Gewerbes und damit gleichzeitig der laufende Betrieb eines Bordells ermöglicht werden soll.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 9, § 4 Nr. 12 a, § 12 Abs. 2 Nr. 11
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die von der Klägerin erzielten Umsätze aus der Überlassung von Zimmern zur Ausübung der Prostitution dem ermäßigten Umsatzsteuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG unterfallen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie wurde mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag vom 23.11.2007 gegründet (Stammkapital 25.000 EUR). Die Gesellschafter wurden zugleich als Geschäftsführer bestellt. Gegenstand des Unternehmens war ausweislich der Eintragungen im Handelsregister zunächst nur die Konzeptionierung und der Betrieb von Gaststätten, Unterhaltungs- und Freizeiteinrichtungen aller Art sowie von Catering-Leistungen. In der Gesellschafterversammlung vom 07.04.2008 wurde die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes u.a. auf gewerbliche Zimmervermietung beschlossen.
Die Klägerin eröffnete am 01.12.2007 in gemieteten Räumen (Raumkosten laut G+V 2008: 142.468 EUR) ein Eros-Center. Auf der Homepage sind Bilder von sieben als „Erotikzimmer” bezeichneten Räumen hinterlegt mit dem Hinweis, dass noch sechs weitere exklusive Erotikzimmer vorhanden seien. Die abgebildeten Zimmer sind mit einem Doppelbett, Waschbecken, WC, Bidet, Whirlpool und Spiegeln ausgestattet. Außerdem verfügt das Eros-Center noch über eine Kontakt-Lounge mit Bar und verschiedenen Sofas. Auf Wunsch organisiert die Klägerin auch Veranstaltungen mit „erotischen Highlights”, Junggesellenabschiede, Betriebs- und Weihnachtsfeiern. Als „VIP-Service” wird ein Limousinenservice mit Chauffeur und weiblicher Begleitung angeboten. Das Eros-Center ist eines von sieben in der Gegend angebotenen Bordellbetrieben.
Die Klägerin vermietet die Zimmer in dem Gebäude tage- und wochenweise an Prostituierte. Der übliche Tagespreis beläuft sich – je nach Art und Ausstattung des Zimmers – auf 110,00 EUR bis 170,00 EUR und beinhaltet Vollpension mit Heißgetränken und eine Flasche eines alkoholfreien Getränks pro Tag. Die Klägerin stellt auch Bettwäsche, Handtücher etc. zur Verfügung. Die Flure zu den Zimmern werden videoüberwacht. Zudem nimmt die Klägerin als Bordellbetreiberin am sogenannten Düsseldorfer Verfahren teil, in dem sie pro Prostituierte pro Anwesenheitstag einen bestimmten Tagessatz einbehält und diesen monatsweise als besonderen Vorauszahlungsbetrag auf die Einkommen- und Umsatzsteuer der Prostituierten an das Finanzamt abführt.
In den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008, die der Beklagte erklärungsgemäß verarbeitete, gab die Klägerin nur Umsätze zum Regelsteuersatz an. In den Umsatzsteuervoranmeldungen Januar und Februar 2010 meldete die Klägerin erstmalig Umsätze zu 7% (Jan. 91.577 EUR; Febr. 84.459 EUR) beim Finanzamt an.
Daraufhin ordnete der Beklagte nach § 193 Abs. 1 AO am 17.05.2010 zur Überprüfung der erklärten Umsätze mit ermäßigtem Steuersatz eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin für die Voranmeldungszeiträume Januar bis März 2010 an. Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht gerechtfertigt sei, die Leistungen der Klägerin vielmehr dem umsatzsteuerlichen Regelsteuersatz unterliegen. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG setze neben der Kurzfristigkeit voraus, dass die Umsätze unmittelbar der Beherbergung dienten. Sonstige Leistungen eigener Art, wie sie von der Klägerin erbracht würden, bei denen die Beherbergung nicht charakterbestimmend sei, unterlägen auch hinsichtlich ihres Beherbergungsanteils nicht der Steuerermäßigung (Hinweis auf BMF, Schreiben vom 05.03.2010 IV D 2 – S 7210/07/1003). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht zur Umsatzsteuersonderprüfung vom 02.06.2010 Bezug genommen.
Auf Grund der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 14.06.2010 entsprechend geänderte Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheide für die Monate Januar bis März 2010 und erhöhte die dem vollen Steuersatz unterliegenden Umsätze für Januar 2010 um 91.577 EUR, für Februar 2010 um 84.459 EUR und für März 2010 um 93.633 EUR.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Sie trug vor: Die Umsatzsteuersonderprüfung ignoriere schlicht die ab 01.01.201...