Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksübertragung zwischen Muttergesellschaft und 100 % - Tochtergesellschaft – Mittelbarer Gesellschafterwechsel
Leitsatz (redaktionell)
- Es bestehen keine durchgreifenden Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs.2a GrEStG n. F. im Hinblick auf die fiktive Übertragung von Grundbesitz zwischen einer Muttergesellschaft und deren 100 % - Tochtergesellschaft durch mittelbaren Gesellschafterwechsel.
- Ausschlaggebend für den Übergang von mindestens 95 vom Hundert der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter ist nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, sondern allein die Änderung in der Rechtsträgerschaft zwischen rechtlich verschiedenen Körperschaften.
- Ein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Defizit in der Durchsetzung des § 1 Abs. 2a GrEStG ist nicht zu erkennen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2a; GG Art. 3 Abs. 1
Streitjahr(e)
2008
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist seit dem Jahre 1999 Eigentümerin des Grundstückes Y Str. in Y-Stadt. Bei Gründung der Klägerin waren an ihr zu 94 v.H. die F KG beteiligt. Weitere 6 v.H. gehörten der A Vermietungsgesellschaft mbH (A GmbH). Der 94 v.H. - Anteil ging zunächst im Wege einer Rechtsnachfolge auf die G Gruppe AG über und wurde am 16.3.2006 auf die H GmbH übertragen. Die streitigen Änderungen im Gesellschafterbestand der Alleingesellschafterin der A GmbH, der C GmbH (C GmbH), entwickelten sich wie folgt: Zunächst stand die C GmbH zu 100 v.H. im Alleineigentum der I AG. Die I AG veräußerte hiervon zum 1.1.2005 einen Anteil von 50 v.H. an der C GmbH an die J Bank. Die J Bank brachte wiederum am 12.8.2005 ihren 50 v.H. - Anteil an der C GmbH in eine 100 % - Tochtergesellschaft, die J Bank K-Beteiligungsholding GmbH (J K GmbH) ein. Die weiteren 50 v.H. übertrug die I AG am 31.3.2006 auf ihre Tochtergesellschaft, die J Beteiligungen GmbH, an der die J Bank zu 100 v.H. beteiligt ist. Nach einer Anzeige durch die Klägerin erließ der Beklagte mit Bescheid vom 3.9.2008 einen auf § 17 GrEStG gestützten Bescheid, in dem ein (fiktiver) Erwerbsvorgang am 31.3.2006 durch den Gesellschafterwechsel i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG in Folge der Übertragung des 50 v.H. Anteils an der C GmbH von der I AG auf die Tochtergesellschaft I Beteiligungen GmbH festgestellt wird. Den mit Schreiben vom 9.9.2008 erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 6.3.2009 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 9.4.2009 Klage erhoben und trägt zu deren Begründung im Wesentlichen vor, bei einer wörtlichen Auslegung des § 1 Abs. 2a GrEStG, wonach auch die Übertragungen auf 100 % - Tochtergesellschaften einen mittelbaren Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG darstellten, sei diese Vorschrift verfassungswidrig. Derartige Übertragungen verstießen gegen das im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Gebot der Folgerichtigkeit der Besteuerung. Dieses Gebot verpflichte den Gesetzgeber dazu, bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Tatbestands eine einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umzusetzen. Durch die Einfügung des § 1 Abs. 2a GrEStG habe der Gesetzgeber neben den reinen Eigentumsübertragungsvorgängen auch solche Vorgänge erfassen wollen, die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Grundstücksübertragung gleichkommen. Erfasst sei auch der wesentliche Wechsel im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft, wobei es nicht darauf ankomme, ob dieser Wechsel unmittelbar oder nur mittelbar erfolge. Die Klägerin vertritt die Ansicht, ein mittelbarer Gesellschafterwechsel setze voraus, dass die Übertragung zwischen solchen Personen erfolge, die nicht nur zivilrechtlich unterschiedlich seien. Erforderlich sei des Weiteren, dass diese Personen auch wirtschaftlich verschieden seien. Eine solche „wirtschaftliche” Verschiedenheit bestehe nicht bei der bloßen Zwischenschaltung einer 100% Tochtergesellschaft eines vormaligen Gesellschafters. Bei solchen Übertragungen habe der bisherige Anteilseigner mit seiner 100% Beteiligung nach wie vor die Möglichkeit, seinen Willen durchzusetzen, und behalte seine dem Eigentum vergleichbare Position. § 1 Abs.2a GrEStG sei daher verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass hiervon ausschließlich solche Änderungen im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft erfasst seien, bei denen die Gesellschaftsanteile mittelbar oder unmittelbar auf solche Personen übergehen, die von den bisherigen Gesellschaftern wirtschaftlich verschieden seien. Folge man dieser Auffassung nicht, sei § 1 Abs. 2a GrEStG jedenfalls deshalb verfassungswidrig, weil der Besteuerungsanspruch bei mittelbaren Anteilsübertragungen weitgehend nicht durchgesetzt werden könne, so dass ein dem Gesetzgeber zuzurechnendes strukturelles Erhebungsdefizit vorliege. Weder die bestehende Anzeigepflicht, noch die weiteren Kontrollmöglichkeiten der Finanzverwaltung reichten aus, um eine glei...