Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG und Verpflichtung zur Einbringung von Anteilen einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft im Schenkungsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Eine Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist nach dem Grundsatz der isolierten Betrachtung nicht deshalb als Grundstücksschenkung unter Lebenden nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, weil die Verpflichtung zur Einbringung in eine Personengesellschaft zuvor in einem Schenkungsvertrag über Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft von den Zuwendungsempfängern übernommen worden ist (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 23.05.2012 II R 21/10, BFH/E 237,466, BStBl II 2012, 793).
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 1, § 3 Nr. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2013
Nachgehend
Tatbestand
Der inzwischen verstorbene A war Alleingesellschafter der grundbesitzhaltenden B GmbH in C. Mit notariell beurkundetem Vertrag des Notars D vom 24. November 2008 (UR Nr. …) teilte er seinen an der Gesellschaft bestehenden Geschäftsanteil im Nennbetrag von 50.000 DM in vier Teilgesellschaftsanteile im Nennbetrag von je 12.500 DM auf und verschenkte je einen dieser Teilgeschäftsanteile im Wege vorweggenommener Erbfolge an seine Töchter. Diese sind zugleich mit gleichen Anteilen die Beteiligten der Klägerin. Die persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin, die E Immobilienverwaltungsgesellschaft mbH, hat keine Einlage geleistet.
Nach 4.4 des Vertrages waren die Töchter im Wege einer Auflage verpflichtet, binnen einer Frist von drei Monaten ab dem Tag der Beurkundung ihre schenkweise übertragenen Teilgeschäftsanteile in die Klägerin einzubringen, und zwar entweder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten oder unentgeltlich. Nach 5.1f war der Schenker bei nicht fristgerechter Erfüllung der Auflage berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten und das Geschenkte zurückzufordern.
Mit notariell beurkundetem Vertrag desselben Notars vom 23. Januar 2009 (UR Nr. …) brachten die Beschenkten ihre Teilgeschäftsanteile an der B GmbH in die Klägerin ein. Die Klägerin gewährte für die Einbringung der Geschäftsanteile keine Gegenleistung (verdeckte Einlage). Die Anschaffungskosten der Geschäftsanteile sollten auf einem neu einzurichtenden gesamthänderisch gebundenen Kapitalrücklagenkonto verbucht werden. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin stimmte am selben Tage zu. Der Übergang erfolgte mit Wirkung zum 1. Februar 2009.
Der Vorgang wurde als schenkungsteuerpflichtiger Erwerb betrachtet und nicht der Grunderwerbsteuer unterworfen.
Eine im Jahr 2011 durchgeführte Betriebsprüfung sah hingegen den Tatbestand der Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG für gegeben. Eine Befreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG komme nicht in Betracht, weil die Anteilsvereinigung nicht in uno actu mit der Annahme der Schenkung vollzogen worden sei.
Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 26. April 2012 Grunderwerbsteuer mit Stichtag 23. Januar 2009, mithin also dem Tag der Einbringung bzw. der angenommenen steuerpflichtigen Anteilsvereinigung, i.H.v. 52.202 € fest nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG.
Mit Einspruchsentscheidung vom 7. Mai 2013 wies der Beklagte einen Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
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Die Klägerin hat am 6. Juni 2013 Klage erhoben.
Sie trägt vor, der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, Urteil vom 23. Mai 2012 II R 21/10, BStBl II 2012, 793, sei die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG auch dann zu gewähren, wenn Gegenstand einer freigebigen Zuwendung ein Anteil an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft sei und durch die Übertragung des Anteils der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt werde. Der Anwendbarkeit der Steuerbefreiung solle dabei nicht entgegenstehen, dass in diesem Fall grunderwerbsteuerrechtlich ein Grundstückserwerb von der Gesellschaft und schenkungsteuerrechtlich ein Erwerb des Gesellschaftsanteiles von dem früheren Gesellschafter besteuert werde. Für die Anwendung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG auch auf Anteilsvereinigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG sei insoweit maßgebend, dass nur ein Lebenssachverhalt – die freigebige Zuwendung eines Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft – gegeben sei, der der Schenkungsteuer unterliege. Die durch die schenkweise Zuwendung eines Anteils ausgelöste Anteilsvereinigung sei zur Vermeidung der Doppelbelastung insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf dieser freigebigen Zuwendung beruhe. Die Anteile seien weiterhin damit behaftet, dass ihr Erwerb der Schenkungssteuer unterlegen habe. Nach dem Gesetzeszweck des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG sei es deshalb gerechtfertigt, die durch den letzten Anteilserwerb ausgelöste Anteilsvereinigung auch insoweit von der Grunderwerbsteuer zu befreien, als sie auf den früheren freigebigen Zuwendungen von Anteilen beruhe. Dabei sei unbeachtlich, dass der Lebenssachv...