Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG: Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung der Unterentnahmen vor 1999 – Ermittlung der Entnahmen bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge
Leitsatz (redaktionell)
- Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001, nach der bei der Ermittlung des Betrags der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in dem ersten nach dem 31. Dezember 1998 endenden Wirtschaftsjahr von einem Kapitalkonto mit dem Anfangsbestand „0 DM” auszugehen ist und demnach Unterentnahmen vor diesem Zeitpunkt nicht zu berücksichtigen sind, verstößt weder gegen das Rückwirkungsverbot noch gegen den Gleichheitssatz und gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Anschluss an BFH-Urteil vom 09.05.2012 X R 30/06, BStBl II 2012, 667).
- Bei der unentgeltlichen Übertragung eines Kommanditanteils gehen auch die getätigten Über- und Unterentnahmen auf den Rechtsnachfolger über (Anschluss an BFH-Urteil vom 12.12.2013 IV R 17/10, BStBl II 2013, 316).
- Die Einlagenüberschüsse des jeweiligen Wirtschaftsjahrs sind zunächst mit den Verlusten dieses Jahres auszugleichen (vgl. BFH-Urteil vom 22.02.2012 X R 27/10, BFH/NV 2012, 1420).
- Die Kreditfinanzierung einer Einlage hindert nicht ihre Einbeziehung in die Ermittlung der Über- und Unterentnahmen.
Normenkette
EStG i.d.F. des StÄndG 2001 § 4 Abs. 4a; EStG i.d.F. des StÄndG 2001 § 52 Abs. 11 S. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wurde im Jahr () als A GmbH & Co. KG gegründet. Kommanditisten waren A () zu 60 % und B zu 40 %. Mit Kaufvertrag aus dem Juni 2001 übernahm A alle Anteile von B. Am 03.12.2003 übertrug A seine Kommanditbeteiligung unentgeltlich auf die C Stiftung. Zum Jahresschluss 1998 betrugen bei der Klägerin bei dem Kommanditisten A die Einlagen bzw. Unterentnahmen € xx.
Vor der Übertragung auf die Stiftung entnahm A im Dezember 2003 € xx.
Bei der Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG zum Bilanzstichtag 28.02.2013 berücksichtigte die Beklagte nur die ab dem 01.01.1999 entstandenen Unterentnahmen, sie beruhten auf nicht entnommenen Gewinnen und betrugen € xx.
Zum Bilanzstichtag 03.12.2013 gelangte die Beklagte daher unter Einbeziehung eines anteiligen Jahresergebnisses 2013 von € xx und der Entnahme aus dem Dezember 2003 zu einer Überentnahme von € xx. Unter Berücksichtigung der Unterentnahmen vor 1999 hätte sich dagegen eine Unterentnahme ergeben.
Diese Überentnahme führte die Beklagte für die Stiftung als unentgeltliche Rechtsnachfolgerin fort, obwohl diese per Saldo bei der Übertragung ein positives Kapitalkonto erhalten hatte von € xx. Dies führte zu nicht abziehbaren Zinsen.
Im Geschäftsjahr 2004/2005 übertrug die Stiftung € xx vom Sonderbetriebsvermögen als „Einlage” in ihr Gesamthandsvermögen. Die Beklagte behandelte den Vorgang zunächst als bei der Berechnung des § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigende Einlage. Im Einspruchsverfahren erklärte die Klägerin, die Einlage der Kommanditistin sei fremdfinanziert und machte Schuldzinsen geltend. Nachdem der erkennende Senat im Verfahren 7 K 1770/12 F mit Urteil vom 13.03.2013 angenommen hatte, die Erfüllung einer gesellschaftsrechtlichen Einlageverpflichtung durch Übertragung der Geldmittel aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen stelle keine Entnahme dar, weil die Darlehensvaluta durch die Umbuchung dem steuerlichen Betriebsvermögen nicht für betriebsfremde Zwecke entzogen werde, änderte die Beklagte ihre Berechnung in der Anlage zur Teil- Einspruchsentscheidung vom 18.04.2013 und nahm insoweit keine Einlage mehr an. Erst in der Ablösung des Darlehens im Geschäftsjahr 2006/2007 läge eine Einlage ins Sonderbetriebsvermögen vor.
In der Teileinspruchsentscheidung vom 18.04 2013 entschied der Beklagte wegen des vor dem BVerfG anhängigen Verfahrens 2 BvR 1868/12 nicht über die Berücksichtigung von Unterentnahmen vor 1999.
Die Klägerin hat am. 21.05.2013 Klage erhoben. Unter dem 26.02.2016 hat die Beklagte einen Änderungsbescheid für 2004 erlassen, unter dem 02.03.2016 eine abschließende Einspruchsentscheidung. Mit Schriftsatz vom 01.04.2016, bei Gericht eingegangen am 13.04.2016, hat die Klägerin die Klage im Hinblick auf die Einspruchsentscheidung erweitert. Mit einem am 19.04.2016 eingegangenen Schriftsatz hat sie Wiedereinsetzung beantragt, weil der Schriftsatz vom 01.04.2016 versehentlich nicht erfolgreich versandt worden sei, sie hat dies glaubhaft gemacht durch eine eidesstattliche Versicherung der mit der Versendung beauftragten Angestellten.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Nichtberücksichtigung der Unterentnahmen vor 1999 stelle eine verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 GG dar. Entscheidend sei dabei, dass ihr — und einer Vielzahl von Unternehmen mit einem positiven Kapitalkonto per 31.12.1998 — durch die Anwendungsre...