Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung der Organgesellschaft: Mittelbares Organschaftsverhältnis, Beschränkung des Haftungsumfangs nach Maßgabe der Verursachung, Vermögensbewegungen zwischen Organgesellschaft und Organträger
Leitsatz (redaktionell)
- Die Haftung gemäß § 73 AO greift auch bei mittelbaren Organschaftsverhältnissen ein (z. B. im Verhältnis der Enkelgesellschaft zur Muttergesellschaft).
- Die Organgesellschaft haftet nicht nur für Steuern, die in ihrem eigenen Betrieb verursacht worden sind, sondern für die gesamten vom Organträger geschuldeten Steuern.
- Die Beschränkung des Haftungsumfangs der einzelnen Organgesellschaften auf die durch diese verursachten Steuern ist im Rahmen einer Ermessensentscheidung der Finanzbehörde vorzunehmen.
- Vermögensbewegungen zwischen Organgesellschaft und Organträger im Zeitablauf müssen für eine Haftungsinanspruchnahme der Organgesellschaft nicht ermittelt und berücksichtigt werden.
Normenkette
AO §§ 73, 191; KStG § 14
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der vom Beklagten (Finanzamt --FA--) auf § 191 i.V.m. § 73 sowie § 45 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) gestützte, an die A GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin der B GmbH gerichtete Haftungsbescheid vom 18.7.2011 (Haftungssumme € betreffend einen Teil der rückständigen Körperschaftsteuer 2001 und 2002 sowie Solidaritätszuschlag 2001 und 2002 der Organträgerin C AG i.L.) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.2.2012 rechtmäßig ist.
Die A GmbH (im Folgenden kurz: A) hatte mit Klageschrift vom 6.3.2012 fristgerecht die vorliegende Klage erhoben. Mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) D vom 4.3.2014 wurde über das Vermögen der A das Insolvenzverfahren eröffnet und zugleich der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 20.11.2014 erklärt, dass er den vorliegenden Rechtsstreit aufnehme. Der Kläger hatte zuvor mit Schriftsatz vom 7.5.2014 ausgeführt, dass das Klageverfahren entgegen der im Schriftsatz vom 27.3.2014 vertretenen Ansicht des FA gemäß § 240 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen sei; für den Fall, dass der Haftungsbescheid "unwirksam" sein sollte, wären nämlich sämtliche Zahlungen, die von Seiten der Insolvenzschuldnerin auf die Haftungsschuld geleistet worden seien, nunmehr an die Insolvenzmasse zu erstatten. Hierzu haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend darauf hingewiesen, dass das FA die Haftungssumme vor der Eröffnung des Insolvenzverfahren über das Vermögen der A in vollem Umfang beigetrieben hat.
A wurde aufgrund einer Verschmelzung Gesamtrechtsnachfolgerin der B GmbH. In dem Haftungsbescheid (s. dort S. 2) heißt es, dass aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 25.7.1990 und der Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 14 des Körperschaftsteuergesetzes a.F. (KStG a.F.) zwischen der B GmbH und der C AG i.L. mittelbar über die E GmbH und die F AG eine körperschaftsteuerliche Organschaft bestanden habe.
Die "Rechtsverhältnisse der betroffenen Gesellschaften" stellten sich ausweislich des Schreibens des FA vom 7.1.2011 ferner wie folgt dar: Der vorerwähnte Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 25.7.1990 bestand zwischen der B GmbH und der E GmbH. Die nachfolgende, im Jahre 2000 erfolgte Verschmelzung des Organträgers (E GmbH) auf die F AG führte nicht zum Wegfall der Organschaft zwischen der B GmbH und der E GmbH. Zwischen der F AG und der G AG (der späteren C AG) als herrschendem Unternehmen bestand --u.a. in den haftungsrelevanten Jahren 2001 und 2002-- ein Gewinnabführungsvertrag mit Wirkung vom 1.1.2001.
Die C AG stellte am 9.6.2009 beim AG H einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Am 1.9.2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C AG eröffnet.
Bei der B GmbH war eine mit Prüfungsbericht vom 9.1.2008 abgeschlossene Außenprüfung durchgeführt worden. Dementsprechend erließ das zuständige FA I am 2.5.2008 nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide für 2001 und 2002 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag. Wegen der Einzelheiten der Besteuerungsgrundlagen wird auf diese Bescheide Bezug genommen. Das "dem Organträger" zuzurechnende Einkommen der B GmbH wurde i.H. von DM () für 2001 und i.H. von € für 2002 festgesetzt/ festgestellt.
Das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung H führte bei der C AG (vormals G AG, J AG) ab dem 5.1.2004 eine Betriebsprüfung durch, die aufgrund einer Prüfungserweiterung letztlich die Jahre 1999 bis 2002 betraf. Tag der Schlussbesprechung war der 29.1.2009. Der Prüfungsbericht erging erst am 30.9.2009.
In der Folge ergingen u.a. nach § 164 Abs. 2 AO geänderte "Bescheide" bzw. Berechnungen für 2001 und 2002 über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag der C AG i.L., die jeweils an den seinerzeitigen Insolvenzverwalter gerichtet und Grundlage für Anmeldungen zur Insolvenztabelle waren.
Zuletzt ergingen --maschinell bedingt unter Änderung der (inhaltsgleichen) "Bescheide" v...