Entscheidungsstichwort (Thema)
Entnahme vor Inkrafttreten des StEntlG 1999/2000/2002 keine Anschaffung; unwiderrufliches Verkaufsangebot als Veräußerung
Leitsatz (redaktionell)
- Gibt der Steuerpflichtige für ein im Jahre 1992 aus dem Betriebsvermögen entnommenes Grundstück im Jahre 1998 ein unwiderrufliches Verkaufsangebot ab, das im Jahre 1999 durch den Käufer angenommen wird, so stellt die Entnahme vor dem Inkrafttreten des StEntlG 1999/2000/2002 keinen Anschaffungstatbestand dar. Dies folgt sowohl aus der gesetzlichen Übergangsregelung wie aus dem verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbot.
- Ein zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des StEntlG 1999/2000/2002 bestehendes unwiderrufliches Verkaufsangebot ist dem Abschluss des Kaufvertrages gleichzustellen. Die Besteuerung des privaten Veräußerungsgeschäfts kann daher nur im Veranlagungszeitraum der Abgabe des Verkaufsangebots erfolgen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 52 Abs. 39 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin war Alleineigentümerin des Grundstücks in „A”. Das Grundstück gehörte seit längerem zu einem landwirtschaftlichen Betrieb und war hieraus zum 1. April 1992 zu einem Buchwert von 237.220 DM entnommen worden.
Am 29. April 1998 gab die Klägerin ein notariell beglaubigtes Verkaufsangebot über dieses Grundstück ab. Das Angebot war bis längstens 31. Dezember 1999 befristet und bis zum Ablauf dieser Frist unwiderruflich. Als Kaufpreis waren 2.281.430 DM vereinbart. Am 22. Dezember 1999 nahm der Käufer das Angebot durch notarielle Erklärung an. Mit Bescheid vom 3. November 2000 setzte der Beklagte unter Berücksichtigung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 2.044.210 DM eine Einkommensteuervorauszahlung für das Jahr 2000 von 1.012.944 DM fest. Mit ihrem am 30. November 2000 erhobenen Einspruch machten die Kläger u.a. geltend, ein Spekulationsgewinn sei nicht entstanden, weil die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 4. März 1999 verfassungswidrig sei. Jedenfalls sei bereits mit dem bindenden Verkaufsangebot ein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2000 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, die Rückwirkung sei nicht verfassungswidrig. Da der Vertrag erst durch die Annahme des Kaufangebotes im Dezember 1999, mithin nach dem Gesetzesbeschluss im März 1999 zu Stande gekommen sei, hätten sich die Kläger auf die geänderte Gesetzeslage einstellen können.
Die Kläger haben am 20. Dezember 2000 Klage erhoben, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholen und vertiefen. Ergänzend tragen sie vor, es könne dahinstehen, ob das bindende Verkaufsangebot bereits wirtschaftlich einer Veräußerung gleichstehe. Jedenfalls hätten sie sich noch außerhalb des Anwendungsbereiches des geänderten § 23 EStG unwiderruflich verpflichtet das Angebot aufrechtzuerhalten. Sie hätten alles getan, was von ihrer Seite aus erforderlich war, um den Vertragschluss zu erzielen. Sie hätten keine Möglichkeit mehr gehabt, von dem Angebot zurücktreten zu können.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid für das Jahr 2000 vom 3. November 2000 und die Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und nimmt im Wesentlichen auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung Bezug.
Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Februar 2001 im Verfahren 9 V 7770/00 A(E) auf Antrag der Kläger die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Vorauszahlungsbescheides angeordnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte auch in 9 V 7770/00 A(E) und der vom Antragsgegner vorgelegten Steuerakten Bezug genommen; alle Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Einkommensteuervorauszahlungsbescheid vom 3. November 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2000 ist rechtswidrig, verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO), und war daher aufzuheben. Die Kläger haben durch die Veräußerung des Grundstückes keinen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäft gem. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt. Zum einen stellt die Entnahme vor dem Inkrafttreten des Steuerentlastungsgesetzes im vorliegenden Falle keinen Anschaffungstatbestand dar. Darüber hinaus liegt auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles bereits mit dem unwiderruflichen Verkaufsangebot ein Veräußerungsgeschäft bereits im Jahre 1998, mithin vor dem Vorauszahlungszeitraum, vor.
1. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I, 402) sind private Veräußerungsgeschäfte im Sinne von § 22 Nr. 2 EStG u.a. Veräu...