Entscheidungsstichwort (Thema)
Verluste aus gewerblicher Tierzucht
Leitsatz (redaktionell)
- Ein gesondertes Feststellungsverfahren zur Feststellung nicht ausgeglichener Verluste aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung ist in § 15 Abs. 4 EStG nicht vorgeschrieben und damit entbehrlich.
- Die von einer Organgesellschaft erzielten Verluste aus gewerblicher Tierzucht können mit dem in nachorganschaftlicher Zeit erzielten Gewinn aus gewerblicher Tierzucht verrechnet werden.
- Die Verlustabzugsbeschränkung des § 8 Abs. 4 KStG (sog. Mantelkauf) ist für die Verrechnung der Verluste aus gewerblicher Tierzucht nicht einschlägig.
Normenkette
EStG 1997 §§ 10 d, 15 Abs. 4; KStG 1996 § 8 Abs. 4, § 14 Abs. 1; AO § 179 Abs. 1
Streitjahr(e)
1998
Tatbestand
Gegenstand der am 05. Dezember 1990 gegründeten Klägerin ist der Im- und Export von Lebensmitteln. Außerdem war die Klägerin befugt, innerhalb und außerhalb des Landes gleiche oder ähnliche Unternehmungen zu erwerben, sich an solchen zu beteiligen oder Niederlassungen zu eröffnen. Alleinige Anteilseignerin war die „H1-GmbH”, die später in „H2-GmbH” umfirmierte. Das Stammkapital der Klägerin betrug 50.000 DM. Zwischen der „H2-GmbH” als Organträgerin und der Klägerin bestand seit dem 1. Januar 1991 eine körperschaftsteuerliche Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag.
Zum 1. September 1998 erfolgte ein Gesellschafterwechsel, wobei die „H2-GmbH” ihre Anteile an der Klägerin an die „H3-BV” „(Niederlande)” veräußerte, die ihrerseits alleinige Anteilseignerin der „H2-GmbH” war. Im zeitlichen Zusammenhang wurde der Ergebnisabführungsvertrag (mit Wirkung zum 31. August 1998) aufgehoben. Die Klägerin erwarb zugleich mehrere zuvor von der „H2-GmbH” gehaltene Beteiligungen an anderen Unternehmen.
Seit dem 14. März 1995 war die Klägerin zunächst mit 10 % an der „M-GmbH” und an der „M-GmbH & Co. KG” als Kommanditistin beteiligt. Die „M-GmbH” war Komplementärin dieser KG. Die „M-GmbH & Co. KG” erzielte Einkünfte aus gewerblicher Tierzucht und Tierhaltung im Sinne des § 15 Abs. 4 Einkommensteuergesetz – EStG –. Für 1997 war durch das Finanzamt „D-Stadt” hieraus ein Beteiligungsverlust der Klägerin in Höhe von 1.101.726 DM und für 1998 in Höhe von 2.047.903 DM festgestellt worden. Die Klägerin, die seit dem 15. Dezember 1997 alleinige Anteilseignerin geworden war, veräußerte diese Beteiligungen am 23. Dezember 1998, wobei die Klägerin laut Feststellungsbescheid des FA „D-Stadt” für 1998 vom 17. April 2000 einen der Höhe nach unstreitigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 4.706.094 DM erzielte.
Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung „E-Stadt” gelangte die Prüferin zu der Auffassung, dass die Klägerin nach dem Gesellschafterwechsel ab dem 01. September 1998 nicht mehr wirtschaftlich mit der bis zum 31. August 1998 bestehenden Gesellschaft identisch war. Seien in der Handels- und Steuerbilanz zum 31. Dezember 1997 lediglich die Beteiligungen an der „M-Beteiligungs-GmbH” und der „M-GmbH & Co. KG” mit einem Bilanzansatz von 390.685 DM enthalten gewesen, so seien in den Bilanzen zum 31. Dezember 1998 weitere Beteiligungen an der „I4-GmbH”, der „L-GmbH”, der „C-GmbH”, der „I5-GmbH” sowie der „T- GmbH” mit einem Wert von 17.555.002 DM (Handelsbilanz) bzw. 16.578.182 DM (Steuerbilanz) enthalten. Daher sei hinsichtlich der bis zum 31. August 1998 erzielten Verluste aus der Beteiligung an der „M-GmbH & Co. KG” ein Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 4 KStG nicht mehr möglich. Zwar beziehe sich die Vorschrift ihrem Wortlaut nach nur auf § 10 d EStG. Die Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 EStG sehe aber eine Verlustvortragsregelung nur nach Maßgabe des § 10 d EStG vor, was auch eine Bindung an die verfahrensrechtliche Regelung zur Folge habe. Der für 1997 insoweit festgestellte Verlust von 1.101.726 DM sowie 8/12 des Verlustes aus 1998 in Höhe von 2.047.902 DM (= 1.365.267) seien daher nicht mit dem Veräußerungsgewinn zu verrechnen.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung der Prüferin an und änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheide für 1998, in dem er die Verluste aus der Beteiligung an der „M-GmbH & Co. KG” mit einer Summe von 2.466.993 DM nicht zum Abzug zuließ.
Mit ihrer Sprungklage, der der Beklagte fristgemäß zugestimmt hat, macht die Klägerin geltend, § 8 Abs. 4 KStG finde keine Anwendung. Nach seinem Wortlaut regele die Vorschrift die Voraussetzungen für den Verlustabzug nach § 10 d EStG. § 15 Abs. 4 Satz 1 EStG schließe die Anwendung des § 10 d EStG indessen aus. Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 EStG könnten die Verluste nur nach Maßgabe des § 10 d EStG mit Gewinnen aus gewerblicher Tierzucht verrechnet werden. Von der Gesetzessystematik her sei bei Verlusten aus gewerblicher Tierzucht ein Verlustabzug nach § 10 d EStG ausgeschlossen. Des Weiteren führe die Anteilsübertragung bei der „I3-BV” von einer mittelbaren Beteiligung an der Klägerin zu einer unmittelbaren nicht zum Verlust der wirtschaftlichen Identität im Sinne des § 8 A...