Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung der Bemessungsgrundlage von Vermittlungsleistungen durch Preisnachlässe - Unabhängigkeit von der Steuerpflicht der vermittelten Umsätze
Leitsatz (redaktionell)
Die von einem Vermittler an die Kunden gewährten Preisnachlässe mindern, soweit sie auf steuerpflichtige Vermittlungsleistungen entfallen, die Bemessungsgrundlage der an die Veranstalter erbrachten Vermittlungsleistungen auch dann, wenn die vermittelte Leistung an den Endverbraucher im Inland nach § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei ist (entgegen UStR 2008, Abschnitt 224 Abs. 10, jetzt UStAE , Abschnitt 17.2. Abs. 10).
Normenkette
UStG § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1, § 25 Abs. 2; RL 77/388/EWG Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a
Streitjahr(e)
2002, 2003, 2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist als Vermittlerin tätig.
Mit Schreiben vom 30.08.2007 beantragte sie unter Vorlage von geänderten Umsatzsteuer-Erklärungen die Änderung der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuer-Bescheide für 2002 bis 2005 gem. § 164 Abs. 2 Satz 2 Abgabenordnung AO . Zur Begründung trug sie vor, dass sie Preisnachlässe in folgender Höhe gewährt habe:
2002 |
15.019,60 EUR |
2003 |
17.503,84 EUR |
2004 |
19.226,23 EUR |
2005 |
10.206,84 EUR |
Diese Preisnachlässe seien bisher ohne Vorsteuerabzug auf dem Konto 4760 gebucht worden. Mit Urteil vom 12.01.2006 V R 3/04, Bundessteuerblatt BStBl II 2006, 479 habe der Bundesfinanzhof - BFH - entschieden die Bemessungsgrundlage der Vermittlungsleistungen nach § 10 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG - i. V. m. § 17 Abs. 1 UStG entsprechend zu mindern. Die Preisnachlässe seien im Verhältnis von 80 % bei den bisher erklärten steuerpflichtigen und von 20 % bei den bisher erklärten steuerfreien Umsätzen als Entgeltsminderung zu berücksichtigen.
Die steuerpflichtigen Umsätze seien demnach um folgende Beträge zu mindern:
2002 |
12.015,68 EUR |
2003 |
14.003,07 EUR |
2004 |
15.380,98 EUR |
2005 |
8.165,47 EUR |
Im Rahmen einer daraufhin für den Zeitraum 2002 bis 2005 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung stellte die Prüferin fest, dass von den in 2005 gewährten Preisnachlässen in Höhe von insgesamt 10.206,84 EUR ausweislich der von der Klägerin für dieses Jahr erstellten Liste (Anlage zum Umsatzsteuer-Sonderprüfungsbericht) ein Betrag in Höhe von 7.043,51 EUR brutto auf steuerpflichtige Vermittlungsleistungen der Klägerin entfalle, d. h. 69 % statt von der Klägerin angesetzten 80 %.
Von dem Betrag in Höhe von 7.043,51 EUR brutto entfielen jedoch lediglich 3.478,25 EUR auf steuerpflichtige Vermittlungsleistungen, bei denen auch die vermittelten Leistungen beim Veranstalter umsatzsteuerpflichtig seien. Der Differenzbetrag betreffe steuerpflichtige Vermittlungsleistungen, bei denen die vermittelten Leistungen beim Veranstalter nach § 25 Abs. 2 UStG umsatzsteuerfrei seien. Nach dem BMF-Schreiben vom 08.12.2006 IV A 5-S 7200 -86/06, BStBl I 2007, 117 (= Umsatzsteuer-Richtlinien UStR 2008, Abschnitt 224 Abs. 10, jetzt Umsatzsteueranwendungserlass UStAE , Abschnitt 17.2. Abs. 10) sei die Bemessungsgrundlage für den Vermittlungsumsatz des Verkaufsagenten u. a. nur dann zu mindern, wenn auch die vermittelte Leistung an den Endverbraucher im Inland steuerpflichtig sei.
Die Prüferin rechnete für 2005 aus dem o. g. Betrag in Höhe von 3.478,25 EUR, der ca. 35 % der gesamten Preisnachlässe in Höhe von 10.206,84 EUR ausmacht, die Umsatzsteuer heraus und minderte die steuerpflichtigen Umsätze der Klägerin um 2.998,49 EUR. Da die Klägerin für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 keine entsprechenden detaillierten Listen über gewährte Preisnachlässe vorgelegt hatte, berücksichtigte die Prüferin für diese Jahre ebenfalls einen geschätzten Anteil von 35 % der gesamten Preisnachlässe als Entgeltsminderung bei den steuerpflichtigen Erlösen der Klägerin:
|
2002 |
2003 |
2004 |
Preisnachlässe insgesamt |
15.019,60 EUR |
17.503,84 EUR |
19.226,23 EUR |
35 % |
5.256,86 EUR |
6.126,34 EUR |
6.729,23 EUR |
netto = Minderung der Bemessungsgrundlage |
4.531,77 EUR |
5.281,32 EUR |
5.801,01 EUR |
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 14.01.2008 Bezug genommen.
Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ jeweils unter dem 19.03.2008 entsprechend geänderte Umsatzsteuer-Bescheide für 2002 bis 2005.
Den hiergegen gerichteten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 29.07.2008 als unbegründet zurück.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor:
Die Rechtsauffassung des Beklagten führe dazu, dass die Klägerin wirtschaftlich mit Umsatzsteuer für ein letztlich nicht vereinnahmtes Entgelt belastet werde. Die Auffassung widerspreche dem Neutralitätsgrundsatz, wonach die Umsatzsteuer für den Unternehmer, soweit er auf Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tätig sei, neutral sein müsse. Die Rechtssauffassung des Beklagten widerspreche auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 12.01.2006 V R 3/04, BStBl II 2006, 479). Sie finde auch im Ge...