Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Einkünften aus selbständiger Arbeit zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Die fehlende Eigenverantwortlichkeit einer in einem Amt zur Regelung offener Vermögensfragen tätigen Rechtsanwältin spricht entscheidend gegen die Einordnung der Tätigkeit als selbständige Arbeit
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 1; LStDV § 1 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin in den Streitjahren neben dem Betreiben ihrer Hamburger Rechtsanwaltspraxis aufgrund Honorarvertrages selbständig tätig war.
Die Klägerin arbeitete in den Streitjahren als Rechtsanwältin mit Praxisbetrieb in Hamburg. Von 1992 bis 1996 war sie zudem aufgrund von Honorarverträgen für den Landkreis ... (L) bzw. dessen Rechtsnachfolger, den Altmarkkreis ... (A), im Amt zur Regelung offener Vermögensfragen tätig.
Für die Beschäftigung von Rechtsanwälten in den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen in den neuen Bundesländern gab es von der Anwaltschaft gestaltete Musterverträge, zu denen das Bundesverwaltungsamt Merkblätter verfasst hatte. In dem Merkblatt Stand 21.02.1992 (Rechtsbehelfsakte - RbA) heißt es unter Ziff. 2 u.a.: " Grundsätzlich wird es angebracht sein, die Mitarbeiter im Beamten- oder Angestelltenverhältnis zu beschäftigen... Es hat sich aber herausgestellt, dass es die Wahrnehmung der Aufgaben in den Ämtern ... erfordert, Rechtsanwälte ...oder Fachkräfte mit vergleichbarer Qualifikation einzusetzen, die nicht in den Stellenplan und die Hierarchie der Behörde eingebunden sind. Diese Mitarbeiter werden aufgrund eines Vertrages auf Honorarbasis tätig." In der Anlage einer Kontrollmitteilung des Finanzamtes A vom 01.12.1994 (Einkommensteuerakte - EStA - II Bl. 130) heißt es zu den Vertragsmustern: "Eine neue Fassung dieser Verträge ist im April 1993 veröffentlicht worden, und es ist besonders darauf hingewiesen worden, daß nur bei Verwendung dieses neuen Honorarvertrages ... eine selbständige Tätigkeit nach steuerlichen Merkmalen gegeben ist, da hinsichtlich der Umsatzsteuer hier eindeutige Hinweise enthalten sind."
Die Klägerin schloss mit dem Landkreis L bzw. dem Altmarkkreis A Honorarverträge vom 21.09.1992 (EStA II Bl. 131) für die Zeit vom 15.10.1992 bis zum 31.12.1992, vom 14.12.1993 für die Zeit vom 01.01.1994 bis zum 31.12.1994 (RbA Bl. 65) sowie vom 14.12.1994 für die Zeit vom 01.01.1995 bis zum 31.12.1995 (Gerichtsakte - GA - Bl. 70ff). Der erste Honorarvertrag wurde ohne Änderung bis Ende 1993 verlängert. Die Klägerin erhielt jeweils ein im Vertrag festgelegtes pauschales monatliches Honorar nebst Aufwandsentschädigung. Gem. § 1 des ersten Vertrages gehörten zu dem Aufgabenbereich der Klägerin fachliche Entscheidungen, die Beratung der Mitarbeiter des Auftraggebers bei der Vorbereitung von Entscheidungen, gutachterliche Stellungnahmen, Durchführung von Schulungsmaßnahmen sowie die Herbeiführung gütlicher Einigungen. Auf die ständige Absprache mit dem Auftraggeber in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung der Tätigkeit wurde hingewiesen. Die Arbeitszeit war als flexible Arbeitszeit nach gemeinsamer Vereinbarung, aber mit einer festen Wochenstundenzahl von 40 Stunden geregelt (§ 2, § 11 Abs. 5). Gem. § 4 stellte der Auftraggeber einen Arbeitsraum mit der notwendigen Arbeitsplatzausstattung zur Verfügung. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestand nicht (§ 3 Abs. 8). Jedoch stand der Klägerin bezahlter Urlaub von 2 Tagen pro Monat zu (§ 8). Kosten für Altervorsorge und Krankenversicherung hatte die Klägerin selbst zu tragen, Unfallfürsorgeleistungen wurden demgegenüber gemäß den Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes erbracht; dem Auftragnehmer oblag es, die "entsprechenden Angaben nach den steuerlichen Vorschriften" zu machen (§ 10). Der Klägerin wurde die Verpflichtung zum Abschluss einer Vermögenshaftpflichtversicherung auferlegt (§ 9). Jede Vertragspartei war berechtigt, das Vertragsverhältnis mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende schriftlich zu kündigen (§ 7 Abs. 3). In dem im Jahre 1994 geltenden Vertrag war erstmals das vereinbarte monatliche Honorar mit dem Zusatz "einschließlich der gesetzlichen Umsatzsteuer" bezeichnet (§ 3). Der Aufgabenbereich der Klägerin wurde nunmehr in § 1 in Bezug auf die fachlichen Entscheidungen als bloße Mitwirkung an den Entscheidungen beschrieben. Eine bestimmte Anzahl der zu arbeitenden Wochenstunden war nicht mehr geregelt, jedoch hatte die Klägerin während der normalen Dienststunden im Amt zur Verfügung zu stehen (§ 2). Der Hinweis auf die flexible Arbeitszeit entfiel. Anders als in dem ersten Vertrag bestand kein Anspruch auf bezahlten Urlaub mehr, sondern verminderte sich der Honoraranspruch wegen Erholungszeiten ebenso wie bei krankheitsbedingter Abwesenheit (§ 3 Abs. 5). Zudem entfiel der Hinweis auf die Unfallfürsorgeleistungen nach dem Beamtenversorgungsgesetz. Weiter war nunmehr bestimmt, dass der Auftragnehmer erholungsbedingte Abwesenheit mit dem Auftraggeber abzustimmen ...