Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobes Verschulden im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei Beauftragung von verschiedenen Steuerberatern im privaten und betrieblichen Bereich.
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Steuerpflichtiger, der als Kommanditist im Zuge einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen die Verpflichtung zur Zahlung einer Versorgungsrente als dauernde Last übernommen hat, handelt grob fahrlässig i.S. des §173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn er seinen privaten Steuerberater nicht über die entsprechenden Zahlungen informiert.
2. Die grobe Fahrlässigkeit entfällt nicht dadurch, dass bei einer mit ElsterFormular abgegebenen elektronischen Steuererklärung die nachträgliche Überprüfung, ob sämtliche im Erklärungsformular ausdrücklich gestellte Fragen beantwortet worden sind, dadurch erschwert wird, dass das Programm nach der Eingabe keinen Ausdruck des vollständigen Formulars liefert, sondern nur die Kennziffern aufführt, zu denen Werte eingetragen worden sind.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
A.
Streitig ist, ob das beklagte Finanzamt (FA) verpflichtet ist, die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide für 2008 bis 2010 aufgrund neuer Tatsachen zu ändern.
I.
1. Der Kläger ist seit 1999 an dem Familienunternehmen A GmbH & Co KG (KG) als Kommanditist und an deren Komplementärin, der B GmbH (GmbH), beteiligt. Im Jahr 2006 übertrug der Vater dem Kläger und dessen Bruder Teile seiner Beteiligungen an der KG und der GmbH im Rahmen der vorweggenommenen Erfolge als Schenkung (notarielle Urkunde vom ... 12.2006, Einkommensteuerakte -EStA- Bd. IV, Bl.1ff.).
2.
- Mit notarieller Urkunde vom ... 05.2008 übertrug der Vater des Klägers jeweils 24,5 % der Anteile an der KG und an der GmbH auf den Kläger und dessen Bruder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Gewährung von Versorgungsleistungen. In der notariellen Urkunde verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder unter Punkt V., dem Vater monatlich eine Versorgungsrente/dauernde Last beginnend ab ... 2008 in Höhe von jeweils ...Euro zu zahlen (Einkommensteuerakte -EStA- Bd. V, vor Bl.1).
- Am 08.07.2008 ging beim beklagten Finanzamt (FA) eine Kontrollmitteilung ein über die ertragsteuerliche Behandlung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, der eine Kopie der notariellen Urkunde vom ... 05.2008 beigefügt war.
- Die Versorgungsrente wurde unmittelbar vom betrieblichen Konto der KG an den Vater des Klägers gezahlt und in der Buchführung der KG dem Verrechnungskonto des Klägers und dem seines Bruders hälftig belastet.
- Die KG wurde steuerlich von einer Steuerberatungskanzlei in C betreut, die auch die Schenkungsteuererklärungen für die Anteils-Übertragungen in 2006 und vom ... 05.2008 erstellte. Mit seiner einkommensteuerlichen Beratung hat der Kläger eine Sozietät aus D beauftragt.
II.
1. In seinen durch seinen Steuerberater mit dem elektronischen ElsterFormular erstellten und übermittelten Einkommensteuererklärungen für 2008 bis 2010 erklärte der Kläger keine dauernden Lasten. Die für die Streitjahre verwendeten ElsterFormulare enthielten in Zeile 42 (2009 und 2010) bzw. Zeile 78 (2008) jeweils unter der Rubrik Sonderausgaben die Angabe Dauernde Lasten und verlangten jeweils die Angabe des Rechtsgrunds sowie das Datum des Vertrages. Der Hilfstext zu den entsprechenden Zeilen lautet: Versorgungsleitungen aufgrund von Vermögensübergaben im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge nach dem 31.12.2007 können als Sonderausgaben berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, eines Betriebs oder Teilbetriebs (…) stehen (…).
Das beklagte Finanzamt (FA) veranlagte die Erklärungen erklärungsgemäß und setzte mit Bescheid vom 29.12.2009 die Einkommensteuer für 2008, mit Bescheid vom 22.03.2011 und Änderungsbescheid vom 27.04.2011 die Einkommensteuer für 2009 und mit Bescheid vom 22.09.2011 die Einkommensteuer für 2010 fest. Der Kläger legte gegen die Bescheide keine Einsprüche ein.
2. Mit Schreiben vom 05.11.2012 beantragte der Kläger die Änderung der Bescheide nach § 173 Abgabenordnung (AO) für die Streitjahre dahingehend, dass Aufwendungen für eine dauernde Last als Sonderausgaben in Höhe von ...Euro in 2008 und in Höhe von jeweils ... Euro in 2009 und 2010 zu berücksichtigen seien. Die Beträge seien bislang nicht in den Einkommensteuererklärungen berücksichtigt worden, da die Beträge unmittelbar von der KG bezahlt worden seien (EStA Bd. IV Bl. 65). Ihn, den Kläger, treffe kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsache. Er sei davon ausgegangen, dass die Steuererklärungen der KG für 2008 bis 2010 alle für ihn relevanten Daten enthalten hätten. Er habe als Kommanditist grundsätzlich nur geringe Einsichten in die Buchführung des Unternehmens erhalten. In der Kapitalkontenentwicklung seien die Entnahmen und Einlagen saldiert dargestellt worden. Ein Hinweis auf die Zahlungen an den Vater sei in dem Bilanzbericht nicht enthalten gewesen.
3. Das FA le...