Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VIII B 157/18)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Nutzung: 1%-Regelung bei einem Gesellschafter - Vereinbarung eines privaten Nutzungsverbots
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einem Gesellschafter ist die auf den Beweis des ersten Anscheins gestützte Annahme, er habe einen ihm zur Verfügung stehenden Dienst-Pkw privat genutzt, auch dann möglich, wenn formal ein Nutzungsverbot zwischen den Gesellschaftern vereinbart worden ist. Bei einem Gesellschafter, der zu 100 % am Gewinn beteiligt ist, sind an den Nachweis fehlender Privatnutzung strenge Anforderungen zu stellen.
2. Macht der Unternehmer umsatzsteuerlich von der 1%-Regelung keinen Gebrauch oder werden die pauschalen Wertansätze durch die sog. Kostendeckelung auf die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten begrenzt und liegen die Voraussetzungen der sog. Fahrtenbuchregelung nicht vor, ist der private Nutzungsanteil für Umsatzsteuerzwecke anhand geeigneter Unterlagen im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Fehlen geeignete Unterlagen für die Schätzung, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu schätzen, soweit sich aus den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles nichts Gegenteiliges ergibt; aus den Gesamtaufwendungen sind die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe auszuscheiden.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine steuerpflichtige private Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter der Klägerin erfolgt ist.
Die Klägerin ist eine in 2008 gegründete aus einem Rechtsanwalt und einer Rechtsanwältin bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Auf der Gesellschafterversammlung vom ... 2016 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin für 2015, dass für das Hamburger Büro Rechtsanwalt A 100 % und Rechtsanwältin B 0 % erhält, der Gewinn aus dem Büro in C stand Rechtsanwältin B alleine zu. Für 2016 wurde auf der Gesellschafterversammlung vom ... 2018 die gleiche Gewinnverteilung beschlossen.
Für das Jahr 2015 gab die Klägerin ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung am 3. Januar 2017 ab. Sie erklärte einen Jahresüberschuss in Höhe von ... €, wovon ... € auf den Gesellschafter A entfielen. In der Anlage EÜR wurde Eigenverbrauch für eine private Kfz-Nutzung in Höhe von ... € erklärt. Die Klägerin erklärte Kfz-Kosten in Höhe von ... € und AfA für den Pkw in Höhe von ... €.
Mit Bescheid für 2015 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 29. Juni 2017 stellte der Beklagte Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von ... € unter Berücksichtigung eines Verlustes aus Sonderbetriebsvermögen in Höhe von ... € fest. Er berücksichtigte Einnahmen aus der privaten Kfz-Nutzung (A) wie in den Vorjahren mit der 1%-Regelung in Höhe von ... € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von ... €. Am selben Tag erging der Umsatzsteuerbescheid 2015.
Für das Jahr 2016 gab die Klägerin ihre Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung am 16. Januar 2018 ab. Sie erklärte einen Gewinn in Höhe von ... €. In der Anlage EÜR wurde keine private Kfz-Nutzung erklärt. Die Klägerin erklärte Kfz-Kosten in Höhe von ... € und AfA für den Pkw in Höhe von ... €.
Mit Bescheid für 2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 14. März 2018 stellte der Beklagte Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. H. v. ... € fest. Wie für die Vorjahre berücksichtigte der Beklagte Einnahmen aus der privaten Kfz-Nutzung (A) mit der 1%-Regelung in Höhe von ... € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von ... €. Am selben Tag erging der Umsatzsteuerbescheid 2016.
Am 28. Juli 2017 und am 27. März 2018 legte die Klägerin Einsprüche ein. Diese Einspruchsverfahren ruhten zunächst, da für die Vorjahre 2013 und 2014 beim FG Hamburg ein Verfahren mit dem Aktenzeichen 6 K 172/17 wegen derselben Frage anhängig war. Mit Urteil vom 19. Februar 2018 wies das Finanzgericht die Klage als unbegründet ab. Die zunächst von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde nahm sie zurück. Durch Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2018 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen.
Am 20. Juli 2018 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt die Klägerin vor, dass keine private Nutzung des Pkws zu berücksichtigen sei, weil eine solche nicht stattgefunden habe. Der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass sie, die Klägerin, den Anscheinsbeweis, den der Beklagte für die Anwendung der 1%-Regelung anführe, nicht widerlegt habe. Denn eine private Nutzung sei ausgeschlossen. Eine Kontrolle eines solchen Nutzungsverbots sei nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht erforderlich. Das FG sei in seinem Urteil für die Vorjahre 2013 und 2014 von falschen Voraussetzungen ausgegangen, weil es die Rechtsprechung des BFH verkannt habe. Dem FG sei es verwehrt, Urteile auf Grund von Vermutungen zu fällen. Es müsse sich seine Überzeug...