Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlungssteuerrecht: Rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II nach einer Aufwärtsverschmelzung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Veräußerungsbegriff des § 22 Abs. 2 UmwStG 2006 erfasst grundsätzlich auch Umwandlungen als tauschähnliche Vorgänge.
2. Die Verschmelzung auf den Anteilseigner (Aufwärtsverschmelzung) erfüllt nicht alle den Veräußerungsbegriff kennzeichnende Merkmale. Es fehlt aus Sicht des übertragenden Rechtsträgers an der Gegenleistung, weil dieser ohne Abwicklung untergeht.
3. Die Ausgestaltung des § 22 Abs. 2 UmwStG als typisierende Missbrauchsvorschrift rechtfertigt es, den Begriff der Veräußerung im Sinne des Regelungszwecks einschränkend dahingehend auszulegen, dass eine Folgeumwandlung wie die Aufwärtsverschmelzung, bei der es nicht zu einer missbräuchlichen Ausnutzung der Statusverbesserung kommen kann, nicht unter die Tatbestandsvoraussetzung fällt.
Normenkette
UmwStG § 22 Abs. 1-2, § 21 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Berücksichtigung eines Einbringungsgewinns II in Höhe von 1.310 € im Streitjahr 2011.
Mit notariellem Vertrag vom ... 2011 erwarben der Kläger und A jeweils 50 % der Geschäftsanteile einer Vorratsgesellschaft mit beschränkter Haftung. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 25.000 € und war in voller Höhe eingezahlt. Der Kaufpreis für die Geschäftsanteile betrug insgesamt 27.500 €. Noch am selben Tage benannten die Gesellschafter die Gesellschaft in B ... GmbH (im folgenden B GmbH) um und änderten den Gesellschaftszweck.
Der Kläger und A hielten darüber hinaus jeweils zur Hälfte die Anteile an der C ... Gesellschaft mbH (im folgenden C GmbH). Mit notariellem Vertrag vom ... 2011 wurde das Stammkapital der C GmbH von 25.600 € um 2.000 € auf 27.600 € erhöht. Die Kapitalerhöhung erfolgte durch Bildung zweier neuer Geschäftsanteile in Höhe von je 1.000 €, die die Gesellschafter zu gleichen Anteilen übernahmen. Der Kläger sowie A leisteten ihre Einlage jeweils durch Einbringung ihrer voll eingezahlten Geschäftsanteile an der B GmbH, so dass nunmehr die C GmbH alleinige Gesellschafterin der B GmbH war.
Der Beklagte stimmte am 14.11.2012 dem Antrag der Gesellschafter auf Einbringung zum Buchwert gemäß § 21 Abs. 1 S. 3 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG) zu. Der Buchwert der B GmbH betrug 27.500 €, der Teilwert zum 31.12.2011 31.121,74 €.
Mit notariellem Vertrag vom ... 2012 wurde die B GmbH mit steuerlicher Wirkung zum 31.12.2011 gemäß § 11 Abs. 2 UmwStG auf die C GmbH verschmolzen. Die Übertragung des Vermögens erfolgte zu Buchwerten.
Im Rahmen der Steuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger einen Veräußerungsgewinn aus diesem Vorgang i. H. v. 1.310 €, den er unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens mit 787 € ansetzte.
Mit Einkommensteuerbescheid vom 30.07.2012 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 67.456 € fest. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 21.08.2012 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 14.12.2012 änderte der Beklagte aus hier nicht streitigen Gründen die festgesetzte Einkommensteuer auf 67.096 € und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
Am 11.01.2013 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass die Verschmelzung der B GmbH auf ihre Muttergesellschaft, der C GmbH, zum steuerlichen Buchwert nicht zu einem steuerpflichtigen Einbringungsgewinn II im Sinne des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG führe. Weder habe die übernehmende Gesellschaft die Anteile an der B GmbH veräußert, noch stelle die Verschmelzung der Anteile an der B GmbH auf ihre Muttergesellschaft eine Veräußerung dar, noch habe die C GmbH durch die Aufwärtsverschmelzung einen der Ersatztatbestände des § 22 Abs. 2 S. 6 i. V. m. Abs. 1 S. 6 Nr. 1 bis 5 UmwStG erfüllt. Zwar seien die Anteile an der B GmbH mit der Sperrfrist des § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG behaftet, die übrigen Voraussetzungen für eine Besteuerung eines Einbringungsgewinns II lägen jedoch nicht vor. Es habe keine Veräußerung der vom ihm eingebrachten Geschäftsanteile durch die C GmbH stattgefunden. Es fehle an dem dinglichen Erfüllungsgeschäft, also einer Übertragung im Sinne des Wechsels des steuerlichen Zurechnungsobjektes.
Entgegen der von der Finanzverwaltung in dem Umwandlungssteuererlass (BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314 ff.) vertretenen Auffassung liege in der Aufwärtsverschmelzung kein Veräußerungsvorgang oder ein vergleichbarer steuerlicher Vorgang vor. Eine Gleichstellung von Verschmelzung und Veräußerung finde in § 22 UmwStG nicht statt, insbesondere werde die Verschmelzung in den Ersatztatbeständen des § 22 Abs. 1 S. 6 UmwStG nicht geregelt. Bei den Ersatztatbeständen handle es sich jedoch um eine abschließende Aufzählung. Das von der Finanzverwaltung zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 19.08.2008 IX R 71/07, BStBl II 2009, 13) sei nicht übertragbar, weil vorliegend ein anderer Sachverhalt zu entscheiden sei...