Leitsatz (redaktionell)
Bei einer überhöhten Vorabausschüttung ist die Ausschüttungsbelastung auch insoweit herzustellen, als verwendbares Eigenkapital nicht zur Verfügung steht (gg FG Berlin, EFG 1998, 1540).
Normenkette
KStG §§ 27-28, 35, 47
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 23.08.2000; Aktenzeichen I R 94/99) |
Tatbestand
Streitig sind die Rechtsfolgen einer überhöhten Vorabausschüttung.
Die seit 1991 bestehende Klägerin erbringt Dienstleistungen im Bereich Mediaberatung und -abwicklung. Sie bezieht von den Werbekunden Provisionen in Höhe von ca. 1 % der Werbeumsätze. Daneben erhält sie von den Werbeträgern 2% Skonto auf Anzahlungen, die sie von den Kunden angefordert und an die Werbeträger weiterleitet. Wegen Mängeln in in der Buchhaltung wurden von der Klägerin angeforderte Anzahlungen teilweise irrtümlich als Rechnungen über erbrachte Leistungen (und nicht erfolgsneutral) behandelt. Deshalb gingen die Gesellschafter der Klägerin im Dezember 1994 von einem höheren als dem bis dahin tatsächlich erzielten Gewinn aus. Wegen der bevorstehenden Einführung des Solidaritätszuschlags beschlossen die Gesellschafter am 15. Dezember 1994 einstimmig eine Vorabausschüttung für das laufende Geschäftsjahr in Höhe von 100.000 DM (Bl. 11 KESt-Akten). Einen ausdrücklichen Vorbehalt, daß die Ausschüttung zurückzugewähren ist, wenn sie nicht durch den tatsächlich erzielten Gewinn gedeckt wird, enthält der Beschluß nicht. Die Nettodividende wurde am 27. bzw. am 28. Dezember 1994 in Höhe von jeweils 37.500 DM an die Gesellschafter A und B überwiesen (Bl. 51 f. Finanzgerichtsakten -FGA–); beide waren (und sind, Bl. 13 FGA) auch Geschäftsführer. Am 15. Dezember 1994 wurde die Kapitalertragsteuer-Anmeldung – 25.000 DM – beim seinerzeit für die Besteuerung der Klägerin zuständigen Finanzamt abgegeben (Bl. 10 KESt-Akten).
Im Rahmen der Abschlußarbeiten stellte sich heraus, daß tatsächlich ein geringerer Jahresüberschuß erzielt worden war. In der Gesellschafterversammlung vom 28. September 1995 wurde ein Jahresabschluß vom 10. Juli 1995 festgestellt, der einen Jahresüberschuß von 52.094,66 DM auswies. Am 5. Oktober 1995 gab die Klägerin eine berichtigte Kapitalertragsteuer-Anmeldung für Dezember 1994 ab, wonach an vier Gesellschafter, nämlich neben den Herren A und B auch die Herren C und D, jeweils 13.023 DM ausgeschüttet wurden (Bl. 13 ff. KESt-Akten). Die teilweise unterschiedlichen Angaben der Klägerin zum Gesellschafterbestand beruhen auf Treuhandvereinbarungen und teilweise wirtschaftlich rückwirkenden Geschäftsanteilsübertragungsverträgen (siehe Akte Allgemeines, unpaginiert), zu denen die Klägerin trotz richterlicher Aufforderung (Bl. 32 FGA) nicht näher vorgetragen hat.
Nach der berichtigten Bilanz für 1994 vom 17. April 1996 belief sich der Jahresüberschuß auf 71.768 DM. Dem Finanzamt gegenüber wurde die Bilanzberichtigung mit Wertberichtigungen aufgrund eines außergerichtlichen Vergleichs begründet (Anschreiben vom 25. Juni 1996, Bl. 81 KSt-Akten). Da die Vorabausschüttung nicht durch den Gewinn gedeckt war, enthielt die Bilanz eine Forderung gegen die Gesellschafter in Höhe von 21.172 DM. Daneben wurde eine Rückstellung wegen Tantiemeverbindlichkeiten gegenüber den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern A und B gebildet, deren Höhe den Rückforderungsanspruch überstieg. Die Klägerin berichtigte am 19. April 1996 ihre Kapitalertragsteuer-Anmeldung für Dezember 1994 nochmals und ging von Ausschüttungen an die vier vorgenannten Gesellschafter (und nicht nur an die Herren A und B) in Höhe von jeweils (71.768/4 =) 17.942 DM aus.
Das Finanzamt lehnte mit Bescheid vom 5. Juni 1996 eine Änderung der Kapitalertragsteuer-Anmeldung ab (Bl. 42 KESt-Akten), nachdem es bereits am 1. Dezember 1995 den Änderungsantrag vom 5. Oktober 1995 bestandskräftig abgelehnt hatte. Gegen die Ablehnung wurde am 21. Juni 1996 Einspruch eingelegt (Bl. 44 KESt-Akten).
Das verwendbare Eigenkapital wurde am 19. August 1996 auf den 31. Dezember 1994 in Höhe von 56.389 DM – ausschließlich EK 45 – festgestellt (Bl. 27 vEK-Akten). Der von der Klägerin aktivierte Rückforderungsanspruch wurde dabei nicht als Zugang erfaßt. Am 19. August 1996 veranlagte das Finanzamt die Körperschaftsteuer und stellte dabei die Ausschüttungsbelastung für die Vorabausschüttung in Höhe von 100.000 DM her. Wegen Verwendung von EK 02 ergab sich eine Erhöhung der Körperschaftsteuer um (28.232 * 30/70 =) 12.099 DM. Gegen den Körperschaftsteuerbescheid wurde am 9. September 1996 Einspruch eingelegt; der vEK-Bescheid wurde bestandskräftig.
Beide Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung des zwischenzeitlich für die Besteuerung der Klägerin zuständig gewordenen Beklagten vom 6. Juli 1998 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 4. August 1998 beim Gericht eingegangene Klage.
Die Klägerin trägt vor, die überhöhte Vorabausschüttung hätte sie nicht benachteiligt. Die Vorabausschüttung sei als Einlagenrückgewähr und nicht als Ausschüttung eines nicht vorhanden gewesenen Gewinns zu...