Entscheidungsstichwort (Thema)
Einordnung einer Online-Partnervermittlung als elektronisch erbrachte Dienstleistung; Leistungsort
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Betrieb einer Onlinedatenbank zum Zweck der Vermittlung sexueller Kontakte stellt eine elektronisch erbrachte Dienstleistung i.S.d. § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG dar. Zu einer solchen Dienstleistung gehört die Bereitstellung von Bildern, Texten und Informationen in einer Datenbank. Dies entspricht auch Art. 9 Abs. 2 Buchst. c RL 77/388/EWG, nach der elektronisch erbrachte Dienstleistungen solche sind, die über das Internet erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologien nicht möglich wäre.
2. Selbst bei Überprüfung jedes neu eingestellten oder abgeänderten Mitgliederprofils vor der Freischaltung von einem Mitarbeiter des Datenbankbetreibers ändert dies nichts an der Einordnung als elektronisch erbrachte Dienstleistung, da diese menschlich erbrachten Leistungen lediglich der Vorbereitung und der Sicherung der Hauptleistung dienen. Der Datenbankkunde zahlt seine Mitgliederbeiträge nicht für die Überprüfung seines Profils, sondern für die Möglichkeit der Partnersuche auf der jeweiligen Datenplattform.
Normenkette
UStG § 3a Abs. 1, 4 Nr. 14
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Leistungen erbracht hat, für die sich der Leistungsort nach dem durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz mit Wirkung zum 1. Juli 2003 eingeführten § 3 a Abs. 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung – im Folgenden UStG – bestimmt (elektronisch erbrachte Dienstleistungen).
Die Klägerin ist eine amerikanische Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Staaten. Das Unternehmen wird von den USA aus betrieben und hat in Europa bzw. in Deutschland keine Betriebs- oder Managementpräsenz. Geschäftsbetrieb der Klägerin ist das Betreiben von Kontaktbörsen, die Verbrauchern weltweit in den verschiedensten Ländern, unter anderem auch in Deutschland, zur Verfügung stehen. Die entgeltliche Mitgliedschaft berechtigt zum Zugriff auf persönliche Informationen anderer Mitglieder und ermöglicht eine Kontaktaufnahme im Sinne einer Partnervermittlung. Um registriertes Mitglied in einer von der Klägerin angebotenen Gemeinschaft (Community) zu werden, zahlen die Nutzer eine monatliche Mitgliedsgebühr, die in aller Regel per Kreditkarte oder Bankeinzug entrichtet wird. Die Klägerin unterhielt im Streitjahr verschiedene, ausschließlich auf sexuelle Kontakte ausgerichtete Communitis wie beispielsweise A oder B. Das Portal B hatte 2010 weltweit 32.796.088 Mitglieder, davon 1.804.138 in Deutschland.
Allen Angeboten liegt das Prinzip zu Grunde, dass die Mitglieder sich über andere Mitglieder ihrer Community informieren, mit diesen kommunizieren und gegebenenfalls in Kontakt treten können. Zu diesem Zweck sind auf den Webseiten schriftliche Mitgliederprofile und Videoprofile hinterlegt. Die Portale enthalten Suchfunktionen mit denen Mitglieder nach bestimmten Kriterien wie beispielsweise Geschlecht, Wohnort, Interessenschwerpunkte, sexuelle Neigungen, usw. herausgefiltert werden können. Dabei besteht die Möglichkeit der Kontaktaufnahme über verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten auf den jeweiligen Portalen und auch außerhalb der Webseiten über Telefon, E-Mail oder einem persönlichen Treffen, das – wie bei Partner- und Freundschaftsvermittlungen üblich – ein wesentliches Ziel der Mitglieder darstellt. Hinsichtlich der Möglichkeiten, die beispielsweise die Webseite B bietet, um Partner der unterschiedlichsten sexuellen Neigungen an den unterschiedlichsten Orten der Welt zu finden oder von anderen Mitgliedern nach dem eigenen, auf der Webseite hinterlegten Profil gefunden zu werden, wird auf die Ausdrucke der Online-Seiten der Homepage B, aus denen sich das Leistungsangebot der Klägerin im Einzelnen ergibt, verwiesen (Anlagen zum Schreiben des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung C an den Beklagten vom 20. April 2010 in der Rechtsbehelfsakte „UStG 2003 – 2007, Hefter „Stellungnahme zur Klagebegründung/Stellungnahme OFD”).
Darüber hinaus enthalten die Webseiten Nachrichtenmagazine mit Inhalten, die für die Mitglieder der Communities zugänglich sind. Ferner besteht für die Nutzer die Möglichkeit Blogs einzustellen und Chat-Räume zu besuchen.
Neben den verschiedenen Plattformen unterhält die Klägerin zudem Beschwerde-Hotlines sowie eine Abteilung, die die Mitgliederaktivitäten kontrolliert und Verletzungen der Privatsphäre oder sonstigem Missbrauch vorbeugt oder abhilft. Dabei werden die Mitgliederprofile auf ihre Geeignetheit bzw. die Möglichkeit der Verletzung der Rechte anderer Mitglieder überprüft und unpassende oder missbräuchliche Profile deaktiviert.
Davon ausgehend, dass der Ort der von ihr erbrachten Leistungen in den USA liege, gab die Klägerin für...