Elektronische Dienstleistungen aus einem Drittland
In den letzten Jahren, insbesondere auch durch die Corona-Beschränkungen, ist die Nachfrage nach elektronischen Dienstleistungen gestiegen. Deshalb ist es in einem ersten Schritt wichtig zu wissen, was genau eine elektronische Dienstleistung darstellt.
Elektronische Dienstleistung im Sinne des UStG
Elektronische Dienstleistungen sind Leistungen, die über ein elektronisches Medium oder das Internet erbracht werden. Indiz für das Vorliegen solcher elektronischen Leistungen ist der minimale Eingriff menschlichen Handelns sowie, dass die Erbringung der Leistung auf ein hohes Maß an Informationstechnologie angewiesen ist und die Leistung damit weitestgehend automatisiert erbracht wird.
Insbesondere fallen unter die elektronischen Dienstleistungen:
- Bereitstellung von Software,
- Bereitstellung von Websites,
- Bereitstellung von Online-Speicherplatz,
- Gewährung des Zugangs zu Bildern, Texten, Videos, Musik, aber auch das Herunterladen dieser,
- Bereitstellung von Datenbanken,
- Bereitstellung von Spiele-Apps (Glücksspiel, Lotterie etc.),
- Bereitstellung von Sendungen und Veranstaltungen aus den Bereichen Kultur, Politik, Sport, Kunst, Unterhaltung und Wissenschaft,
- Online-Versteigerungen über automatisierte Datenbanken und mit Dateneingabe durch den Leistungsempfänger,
- Erbringung von Fernunterricht (u. a. virtuelles Klassenzimmer) und
- Fernwartung und Hosting der zur Verfügung gestellten Software, Website, Apps usw. (hierunter zählen z. B. auch sog. Bannerblocker sowie die automatisierte Online-Installation von Firewalls oder Filtern auf Websites).
Es handelt sich hierbei um keine abschließende Aufzählung. Damit fällt jeder Bezug einer elektronischen Zeitung, der Bezug von E-Books, das Herunterladen von Musik auf das eigene Handy aber auch die Benutzung von Suchmaschinen im Rahmen einer Online-Recherche über eine Datenbank zum Bezug elektronischer Dienstleistungen.
Umsatzsteuerliche Behandlung elektronischer Dienstleistungen
Grundsätzlich gilt eine sonstige Leistung
- an einen Nichtunternehmer an dem Ort als ausgeführt, an dem der Leistungserbringer seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 1 Satz 1 UStG) und
- bei Ausführung an einen Unternehmer an dem Ort, an dem der Leistungsempfänger seinen Sitz hat (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG).
Eine elektronische Dienstleistung nach § 3a Abs. 5 UStG wird hingegen abweichend hiervon am Sitz des Leistungsempfängers ausgeführt, wenn dieser
- kein Unternehmer ist, der die Leistung für sein Unternehmen bezieht,
- keine nicht-unternehmerisch tätige juristische Person mit zugeteilter Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist und
- keine juristische Person ist, unabhängig davon, ob ihr Handeln unternehmerisch oder nicht-unternehmerisch ist.
Daraus folgt, dass im Falle der Erbringung von elektronischen Leistungen an Nichtunternehmer auch für diese das Bestimmungslandprinzip anzuwenden ist und Leistungsort der Sitz des Leistungsempfängers ist.
Eine Ausnahme sieht das Gesetz nur für bestimmte elektronische Leistungen eines in einem EU-Mitgliedstaat ansässigen Unternehmers vor.
Beispiel: Vereinigtes Königreich
Da das Vereinigte Königreich mit seinem Verlassen der EU zum 31.3.2020 und dem Ablauf der eingeräumten Übergangsfrist seit dem 1.1.2021 auch aus umsatzsteuerlicher Sicht den Status eines Drittlandgebietes trägt, greifen hier die Ausnahmen für EU-Unternehmer nicht und das Bestimmungslandprinzip findet auch hier weiterhin bei elektronischen Leistungen an Nichtunternehmer Anwendung. Zum Vereinigten Königreich sind die Gebiete Großbritannien und Nordirland zu zählen.
Praxis-Tipp: Nordirland Ausschließlich bezüglich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Warenverkehr für Nordirland gelten Sonderregelungen, wonach Nordirland umsatzsteuerlich als EU-Gebiet zu betrachten wäre. |
Rechnungslegung
Der Unternehmer, der die elektronische Dienstleistung erbringt, sollte dem Leistungsempfänger, egal ob Unternehmer oder Privatkunde, immer eine Rechnung ausstellen. Die Rechnung muss gem. § 14 Abs. 4 UStG folgende Angaben enthalten:
- Name und Anschrift des leistenden Unternehmers,
- Name und Anschrift des Leistungsempfängers,
- Steuernummer des leistenden Unternehmers,
- fortlaufende Rechnungsnummer,
- Rechnungsdatum,
- Zeitpunkt der Leistungserbringung,
- ggf. Zeitpunkt des vereinnahmten Entgelts, wenn dieses vor der Ausführung der Leistung gezahlt wurde,
- Art und Menge der in Anspruch genommenen elektronischen Dienstleistung.
Wichtig: Leistungsempfänger im EU-Gebiet ist Unternehmer Sollte es sich bei dem Leistungsempfänger um einen Unternehmer handeln, der im EU-Gebiet ansässig ist, sollte zu den vorgenannten Angaben noch die USt-ID des Leistungsempfängers auf der Rechnung vermerkt sein. Die Angabe der USt-ID des Leistungsempfängers impliziert den Bezug für das Unternehmen des Leistungsempfängers. Darüber hinaus ist der Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger zu vermerken. |
Wichtig: Leistungsempfänger im EU-Gebiet ist Privatperson Ist der Leistungsempfänger hingegen eine Privatperson mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im EU-Gebiet, ist zu den vorgenannten Aufzählungen auch der angewandte Umsatzsteuersatz sowie der zu entrichtende Umsatzsteuerbetrag in der Rechnung auszuweisen. |
Der Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers richtet sich nach den Voraussetzungen des § 15 UStG. Erfolgt der Leistungsbezug an einen Unternehmer für sein Unternehmen gem. § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG ist der Vorsteuerabzug – unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG - auch ohne Vorliegen einer Eingangsrechnung des leistenden Unternehmers möglich.
Beispiel Vereinigtes Königreich: Meldepflichten für Leistungserbringer
Für den Fall, dass der im Vereinigten Königreich ansässige Unternehmer eine elektronische Dienstleistung an eine im EU-Gebiet ansässige Privatperson erbringt, ist Steuerschuldner der Leistungserbringer (Unternehmer im Vereinigten Königreich). Der Unternehmer aus dem Vereinigten Königreich muss sich dann entweder im jeweiligen EU-Mitgliedstaat für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren lassen oder kann alternativ auch am OSS-Verfahren teilnehmen.
OSS-Verfahren für Leistungserbringer aus Drittland
Das OSS-Verfahren ist am 1.7.2021 in Kraft getreten und soll den bürokratischen Aufwand des leistenden Unternehmers erheblich mindern und damit den Dienstleistungsverkehr über die EU-Grenzen hinaus vereinfachen.
Um seinen Melde- und Abführungspflichten nachzukommen, ist die Registrierung des Unternehmens im Gebiet der EU notwendig. Dies erfolgt im Rahmen des "One-Stop-Shop" Verfahrens. In Deutschland kann der Unternehmer eine entsprechende Registrierung beim Bundeszentralamt für Steuern durchführen lassen. Anschließend kann er die betreffenden Umsätze in einer besonderen Steuererklärung elektronisch anmelden und die Umsatzsteuer an die Finanzverwaltung abführen.
Praxis-Tipp: Einortregistrierung Dem leistenden Unternehmer steht aufgrund weiterer EU-Sonderregelungen grundsätzlich offen, in welchem EU-Land er sich für die Verfahrensteilnahme registrieren lässt, um seinen steuerlichen Pflichten nachzukommen (Einortregistrierung). Eine Mehrfachregistrierung ist nicht zulässig. |
Besteuerungszeitraum für die digitalen Steuererklärungen des One-Stop-Shop Verfahrens ist regelmäßig das Kalendervierteljahr. Bei einer Registrierung in Deutschland sind die Erklärungen bis zum Ende des Monats, der auf den Ablauf des Besteuerungszeitraums folgt, an das Bundeszentralamt für Steuern elektronisch zu übermitteln. Damit gelten folgende Abgabefristen:
Besteuerungszeitraum | Abgabefrist |
I. Kalendervierteljahr | bis zum 30.4. |
II. Kalendervierteljahr | bis zum 31.7. |
III. Kalendervierteljahr | bis zum 31.10. |
IV. Kalendervierteljahr | bis zum 31.1. des Folgejahres |
Wichtig: Sollte der Unternehmer keine Umsätze im Besteuerungszeitraum ausführen, entbindet ihn dies nicht von der Erklärungspflicht. Vielmehr sind zu den vorgenannten Terminen Nullmeldungen einzureichen.
Angaben des Unternehmers in der elektronischen Steuererklärung
Folgende Angaben sind vom Unternehmer in der elektronischen Steuererklärung anzugeben:
- die Registrierungsnummer,
- der Besteuerungszeitraum und
- getrennt für jeden Mitgliedstaat, in dem der Sonderregelung unterliegende Leistungen an Nichtunternehmer erbracht wurden, folgendes einzutragen:
- Gesamtumsatz (an Nichtunternehmer) ohne Steuer,
- Umsatzsteuertyp (Standard / Reduziert),
- Steuersatz,
- Steuerbetrag (wird automatisiert berechnet).
- Außerdem ist die Gesamtsteuerschuld anzuführen (wird automatisiert berechnet).
- Angaben zu Korrekturen vorangegangener Besteuerungszeiträume (betrifft nicht die Sonderregelung "VAT on e-Services").
Alle Beträge sind hierbei unabhängig von der Währung im Land des Leistungserbringers in Euro zu erfassen. Maßstab für die Umrechnung sind die festgestellten Umrechnungskurse der Europäischen Zentralbank zum letzten Tag des jeweiligen Besteuerungszeitraums.
Wird die elektronische Dienstleistung an einen Unternehmer erbracht, der die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich bezieht, kann die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergehen. Hierzu muss eine dem deutschen §13b UStG vergleichbare Regelung z.B. im Vereinigten Königreich oder der Schweiz vorhanden sein. Ob dies der Fall ist, lässt sich nur über einen steuerlichen Berater klären. Da die elektronische Dienstleistung nicht für den unternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers bezogen wurde, kann das Vorsteuervergütungsverfahren nicht in Anspruch genommen werden.
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