Kinderbetreuung durch Großeltern: Fahrtkosten sind abziehbar

Eltern, die Großeltern Fahrtkosten zur Kinderbetreuung erstatten, können diese steuerlich geltend machen, sofern ein Betreuungsvertrag vorliegt. Dies funktioniert sogar dann, wenn Oma und Opa die Kinder kostenlos betreuen.

Das FG Nürnberg stellte in seinem Urteil vom 30.05.2018 - 3 K 1382/17 fest, dass auch die Kinderbetreuung durch Angehörige, z.B. die Großeltern, zu steuerlich abzugsfähigen Kinderbetreuungskosten führen kann. Voraussetzung dafür ist jedoch eine klare und eindeutige Vereinbarung, die zivilrechtlich wirksam zustande gekommen ist, inhaltlich dem zwischen fremden Dritten entspricht und tatsächlich so durchgeführt wird. Sind diese Vorgaben erfüllt, ist es unschädlich, wenn die Großeltern die Betreuung selbst unentgeltlich leisten und lediglich die entstandenen Fahrtkosten erstattet werden.

Kinderbetreuungskosten: Gesetzliche Regelung im Überblick

Aufwendungen für Kinderbetreuungskosten stellen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG abzugsfähige Sonderausgaben dar, wenn folgende Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind:

  • Das Kind muss zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören.
  • Das Kind darf das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
  • Über die Kinderbetreuungskosten müssen Rechnungen vorliegen.
  • Die Rechnungen müssen unbar bezahlt werden.

Liegen diese Tatbestandsvoraussetzungen vor, kommt es zu entsprechenden Rechtsfolgen:

  • Die Kindeseltern können zwei Drittel der Betreuungsaufwendungen,
  • höchstens 4.000 EUR pro Kind und Kalenderjahr,

als Sonderausgaben steuerlich geltend machen.

Aktuell: Die genannten Abzugsgrößen gelten bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 2024. Ab dem Veranlagungszeitraum 2025 können 80 Prozent der Betreuungsaufwendungen, höchstens 4.800 EUR pro Kind als Sonderausgaben geltend gemacht werden.

Hinweis: Ist das Kind nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (gem. § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG), ist der Höchstbetrag pro Kind und Kalenderjahr i. H. v. 4.000 EUR gemäß der entsprechenden Ländergruppe des Wohnsitzstaates des Kindes zu kürzen.

Fahrtkostenerstattungen an Großeltern können Kinderbetreuungskosten darstellen

Werden im Rahmen der unentgeltlichen Kinderbetreuung, z. B. durch die Großeltern, Fahrtkosten erstattet (nach Reisekostengrundsätzen mit 0,30 EUR, je gefahrenem Kilometer), können diese Erstattungen bei den Kindeseltern als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG geltend gemacht werden. Da es sich bei Fahrtkostenerstattungen lediglich um Aufwandsersatz handelt, führen diese Zahlungen nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen beim Zahlungsempfänger (BFH Urteil vom 28.03.2006 - VI R 24/03).

Weitergehende Aufwendungen für den Besuch von Freizeiteinrichtungen während der Betreuungszeit (z.B. Schwimmbadbesuch, Freizeitparkbesuch etc.) die den betreuenden Personen erstattet werden, können nicht als Kinderbetreuungskosten geltend gemacht werden.

Hinweis: Als Betreuer kann jede nicht zum Haushalt gehörende Person infrage kommen. Es müssen nicht zwangsläufig die Großeltern sein.

Um die Fahrtkostenerstattungen tatsächlich als Kinderbetreuungskosten geltend zu machen, müssen sowohl formale als auch inhaltliche Anforderungen betreffend Vereinbarung und Durchführung erfüllt werden. Diese hat das FG Nürnberg in seinem Urteil wie folgt dargestellt:

Bestehen eines gegenseitigen Schuldverhältnisses

Es muss ein ernstgemeintes, gegenseitig berechtigendes und verpflichtendes Schuldverhältnis in Abgrenzung zu Betreuungsleistungen auf familiärer Basis oder aus Gefälligkeit vorliegen. Dies tritt dann ein, wenn die Betreuung des Kindes aufgrund vertraglicher Vereinbarungen geregelt und sichergestellt ist. In der Praxis empfiehlt es sich daher bereits im Betreuungsvertrag die Tage und Zeiten festzuhalten, an denen eine Betreuung stattfinden soll.


Hinweis: Sollten sich die Betreuungszeiten aufgrund von Urlaub oder Schulferien vorübergehend ändern und dadurch zumindest zeitweise nicht dem vertraglich Vereinbarten entsprechen, hat dies keine Auswirkung auf das weiterhin bestehende, gegenseitige Schuldverhältnis (§ 665 BGB).

Vereinbarung und Durchführung müssen dem Fremdvergleich standhalten

Die getroffene Vereinbarung über die unentgeltliche Betreuung und den Fahrtkostenersatz sowie deren Durchführung müssen dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen. Dies erfordert zum einen, dass die Fahrtkosten nachweislich angefallen sind, zum anderen eine zeitnahe Erstattung der Kosten. In der Praxis empfiehlt es sich, eine monatliche Fahrtkostenaufstellung anzufertigen. Die in dieser Aufstellung genannten Aufwendungen sollten ebenso zeitnah erstattet werden, im besten Falle auch monatlich.

Erforderliche Angaben der Fahrtkostenaufstellung
Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 4 EStG ist das Vorliegen einer Rechnung über die entstandenen Aufwendungen für die Kinderbetreuung Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug. Der Begriff „Rechnung“ impliziert jedoch nicht die Anforderungen im Sinne des Umsatzsteuergesetzes, daher genügt eine Fahrtkostenaufstellung um das Tatbestandsmerkmal „Rechnung“ zu erfüllen.

Diese Aufstellung muss folgende Angaben enthalten:

  • Ausstellungszeitpunkt der Aufstellung;
  • Auflistung der durchgeführten Fahrten im Rahmen der Betreuung mit Datum;
  • Angaben zum Aussteller (unentgeltlicher Betreuer z. B. Großeltern);
  • Angaben zum Rechnungsempfänger (Kindeseltern).

Nachweisführung über die Fahrten
Über die Durchführung der Fahrten sollten Belege gesammelt werden. Dies können Tankquittungen, Kilometernachweise oder Belege über durchgeführte Freizeitaktivitäten mit den Kindern sein. Ein Indiz wäre auch der Nachweis, dass z. B. die Großeltern als Abholperson in der Kita/Kindergarten oder in der Schule hinterlegt sind.

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Beispiel zur praktischen Gestaltung

Die Ehegatten B und C haben einen vierjährigen Sohn. Sie vereinbaren mit der Großmutter, dass diese den Sohn viermal im Monat vom Kindergarten abholt und anschließend jeweils 5 Stunden beaufsichtigt. Hierüber schließen die Ehegatten mit der Großmutter einen Betreuungsvertrag. Die eigentliche Betreuung erfolgt unentgeltlich, nach den vertraglichen Vereinbarungen erhält die Großmutter lediglich einen Fahrtkostenersatz i. H. v. 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer.
Die Großmutter erfasst monatlich die vier Fahrten in einer datierten und umfassenden Fahrtkostenaufstellung (formale und inhaltliche Voraussetzungen sind erfüllt). In der Summe legt sie monatlich 400 Kilometer für die Fahrten im Rahmen der unentgeltlichen Betreuung zurück. Über diese Aufwendungen sammelt sie die Tankquittungen auf den Fahrtwegen, darüber hinaus ist die Großmutter auch als Abholperson im Kindergarten hinterlegt. Kilometernachweise liegen in Form von Kundendienstrechnungen vor. Gemäß der monatlichen Fahrtkostenaufstellung berechnet die Großmutter den Kindeseltern Aufwendungen i. H. v. 120 EUR. Die Fahrtkosten überweisen die Kindeseltern der Großmutter nach Erhalt der Fahrtkostenaufstellung monatlich per Bank.
Die Kindeseltern können durch diese steuerliche Gestaltung pro Veranlagungszeitraum 1.440 EUR (für 12 Monate à 120 EUR) als Kinderbetreuungskosten im Rahmen des Sonderausgabenabzugs geltend machen.

Hinweis: Aufteilung der Kosten bei Betreuung von mehreren Kindern

Werden mehrere Kinder unentgeltlich betreut, werden die Aufwendungen anteilig je Kind angesetzt. Der Höchstbetrag von 4.000 EUR gilt je Kind und Kalenderjahr.
 

Hinweis: Keine Abzugsmöglichkeit von Fahrtkosten der Kindeseltern

Führen die Kindeseltern selbst Fahrten im Rahmen der Kinderbetreuung durch, bringen z.B. das Kind zu den Großeltern um es dort betreuen zu lassen, stellen diese Fahrten keine Kinderbetreuungskosten dar. Sämtliche Aufwendungen der Kindeseltern diesbezüglich sind im Rahmen der Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG abgegolten.


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