Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Herausgabeanspruch nach bürgerlichem Recht oder öffentl.-rechtl. Erstattungsanspruch; Düsseldorfer Verfahren; Haftung für USt
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn sich die Frage, ob jemand etwas "ohne rechtlichen Grund" erlangt hat, sowohl im öffentl. wie im bürgerlichen Recht stellt, kann sie nur nach demjenigen Recht entschieden werden, das Grundlage für Vermögensverschiebung gewesen ist.
2. Beruhen die Zahlungen - wie im Streitfall - auf der durchgehenden Teilnahme des Klägers am Düsseldorfer Verfahren, sind diese dem öffentl. und nicht dem bürgerlichen Recht zuzuordnen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 3 Abs. 9 S. 1; AO § 37 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger betrieb von November 2004 bis November 2010 (Streitzeitraum) in A den Sauna- und Erotik-Club „B”. Dieser verfügte über eine Bar und 14 Zimmer, in denen weibliche Prostituierte auf Honorarbasis ihre Dienste anboten. Die Damen waren nicht in den Betrieb des Clubs eingegliedert, sondern arbeiteten selbständig. Sie entschieden insbesondere, ob, an welchem Tag und wie viele Stunden sie im Club arbeiten wollten. Die Honorare mussten sofort mit Bargeld bezahlt werden. Zu diesem Zweck sowie zur Bezahlung der Getränkerechnungen ließen sich viele Kunden beim Betreten des Clubs vom Kläger gegen Vorlage ihrer Kreditkarten Bargeld auszahlen. Die Honorare wurden später zwischen den Damen und dem Kläger aufgeteilt. Die Empfangs- und Bardamen, die Reinigungskräfte und der Hausmeister des Clubs waren beim Kläger fest angestellt.
Am 02.11.2004 führte der Beklagte im Club eine Umsatzsteuer-Nachschau durch. Der Kläger wurde seinerzeit durch die C Treuhand- und Steuerberatungsgesellschaft mbH aus A und diese durch die Geschäftsführerin, die Steuerberaterin D, vertreten. Der Prüfer machte ihr dabei den Vorschlag, der Kläger solle am Düsseldorfer Verfahren teilnehmen. Er übergab ihr ein an die „Damen” adressiertes Merkblatt, einen Flyer des Finanzministeriums des Landes NRW und einen Erklärungsvordruck. Durch das an die Steuerberaterin adressierte Schreiben vom 17.11.2004 fasste der Prüfer die Modalitäten für die Teilnahme zusammen. Danach sollte der Kläger bei jeder Dame pro Anwesenheitstag einen Betrag von 15 € einbehalten, ihren Namen, ihre Anschrift sowie das Datum der Anwesenheit notieren und nach Ablauf eines Monats den Gesamtbetrag unter Beifügung des ausgefüllten Vordrucks an den Beklagten abführen. Dieser hatte die Beträge unter einer gesonderten Steuernummer (1) für den Betrieb des Klägers als Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Umsatzsteuern der Damen zu vereinnahmen und bei Erteilung etwaiger Jahressteuerbescheide anteilig auf die festgesetzten Steuern anzurechnen. Der Kläger hatte die Beträge als durchlaufende Posten zu erfassen. Der Beklagte erklärte, er wolle bei den Teilnehmern am Düsseldorfer Verfahren auf die sonst gebotenen und für alle Beteiligten besonders aufwendigen Außenprüfungen verzichten, da die spätere Steuererhebung durch die Vorab-Pauschale hinreichend gesichert sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Aktenvermerk über die Umsatzsteuer-Nachschau, den Flyer „Grundlegende Informationen zur Besteuerung für ein verschwiegenes Gewerbe. Januar 2005”, das Merkblatt für die Damen und das Schreiben des Beklagten an die Steuerberaterin vom 17.11.2004 verwiesen.
Erstmals unter dem 14.12.2004 übersandte die Steuerberaterin dem Beklagten die erbetene Aufstellung für den Monat November 2004, die mit einem Betrag in Höhe von 3.555 € abschloss, den der Kläger am selben Tag an den Beklagten überwies. Der Kläger nahm bis Ablauf des Monats November 2010 durchgehend am Düsseldorfer Verfahren teil. Er zahlte im Streitzeitraum insgesamt 113.047,50 € an den Beklagten. Die Zusammensetzung ergibt sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 22.07.2011.
Beim Kläger wurde für die Jahre 2004 bis 2006 und 2007 bis 2009 jeweils eine Steuerfahndungsprüfung durchgeführt. In beiden Fällen kam es wegen nicht ordnungsmäßiger Kassenführung zu Hinzuschätzungen. Wegen des letztgenannten Zeitraums wird auf den Prüfungsbericht vom 11.03.2011 Bezug genommen.
Danach übernahm der Prozessbevollmächtigte die steuerliche Beratung des Klägers. Er stellte sich auf den Standpunkt, für das Düsseldorfer Verfahren bestehe keine Rechtsgrundlage, und beantragte unter dem 28.03.2011 beim Beklagten die Erstattung der gezahlten Beträge. Durch Schreiben vom 29.04.2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe nach vorheriger Aufklärung auf freiwilliger Basis an dem Düsseldorfer Verfahren teilgenommen. Bei den Zahlungen handele es sich um Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Umsatzsteuer der bei ihm tätigen Prostituierten. Eine Rückerstattung an den Kläger sei daher nicht möglich. Dem Schreiben war keine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
Am 04.07.2011 legte der Kläger gegen die Ablehnung Einspruch ein und führte aus, dass Steueransprüche nur kraft...