Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Begrenzung des Verlustabzugs gemäß § 10a GewStG in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung
Leitsatz (redaktionell)
Vor dem Hintergrund der BFH-Beschlüsse vom 29.4.2005 XI B 127/04 und vom 15.3.2005 IV B 91/04 bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 10a GewStG n.F..
Normenkette
GewStG 2002 § 10a; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Unter Aufhebung des Beschlusses vom 14. Juni 2005 wird der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt.
2. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Beschwerde zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob die Begrenzung des Verlustabzugs gemäß § 10 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung verfassungswidrig ist. Der Senat hat zunächst die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Im Einzelnen wird auf den Beschluss 5 V 5107/04 vom 14. Juni 2005 Bezug genommen.
Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt –FA–) aus, bei summarischer Beurteilung bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 10 a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), soweit die Neuregelung im Streitjahr lediglich zu einem beschränkten Verlustausgleich des zum 31. Dezember 2003 festgestellten vortragsfähigen Verlustes führe. Die in der Literatur genannten Bedenken reichten nicht aus. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zu früheren gesetzlichen Begrenzungen des Verlustvortrags im Einkommensteuerrecht bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Neuregelung im Gewerbesteuerrecht, wonach der Vortrag der zu Ende des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten Verluste gemäß § 10 a GewStG ab 2004 zeitlich gestreckt werde. Das BVerfG habe sich bereits mehrfach, wenn auch noch nicht zu § 10 a GewStG in der ab dem Veranlagungszeitraum 2004 geltenden Fassung, zu Einschränkungen des Verlustabzugs geäußert. Nach dieser Rechtsprechung sei ein uneingeschränkter Verlustvortrag verfassungsrechtlich nicht garantiert. Nach der Rechtsprechung des BVerfG hätten unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine Beschränkung des Verlustabzugs auf einen einjährigen Verlustrücktrag und einen fünfjährigen Verlustvortrag bestanden. Dieser Rechtsprechung sei zu entnehmen, dass das aus dem Grundgesetz abgeleitete Leistungsfähigkeitsprinzip der Streckung des Verlustabzugs nicht entgegenstehe. Wenn für einzelne Einkunftsarten der Vortrag negativer Einkünfte vollständig ausgeschlossen werden könne, müsse dies erst recht für § 10 d Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gelten, der den Verlustvortrag nicht ausschließe, sondern nur – und zwar zeitlich unbegrenzt – strecke. Das Gleiche müsse für § 10 a GewStG gelten, denn mit der Einführung der Verlustbeschränkung sei das Gewerbesteuergesetz lediglich an die bereits einkommensteuerrechtlich geltenden Regelungen angepasst worden.
Das FA beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses vom 14. Juni 2005 5 V 5107/04 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) abzulehnen.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze des FA vom 30. Juni 2005 und 20. Juli 2005 Bezug genommen sowie auf das Schreiben des Berichterstatters an die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) vom 25. Juli 2005, mit dem auf die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 29. April 2005 XI B 127/04 und vom 15. März 2005 IV B 91/04 hingewiesen wurde.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Beschwerde ist begründet.
a) Angesichts der mittlerweile bekannt gewordenen BFH-Beschlüsse vom 29. April 2005 XI B 127/04, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH/NV) 2005, 1189, und vom 15. März 2005 IV B 91/04, BFH/NV 2005,1199, verneint der Senat das Vorliegen ernstlicher Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Auf die Ausführungen des BFH in diesen Beschlüssen sowie auf das gerichtliche Schreiben vom 25. Juli 2005 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
Hervorzuheben ist, dass im hier zu entscheidenden Streitfall – wie in dem Fall, der dem BFHBeschluss vom 29. April 2005 XI B 127/04 zu Grunde lag – keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass negative Einkünfte aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr vorgetragen werden können. Vielmehr beschränken sich hier die Auswirkungen der Mindestbesteuerung gem. § 10a GewStG n.F. bei einem für Zwecke der Vorauszahlungen angenommenen Gewinn i.H.v. 1.450.213 EUR auf den GewMB i.H.v. 8.690 EUR (der Hebesatz der Gemeinde Unterföhring beträgt 350 %) und die damit verbundenen Zinsnachteile.
b) Zu ergänzen ist im Hinblick auf die sog. unechte Rückwirkung des § 10a GewStG n.F., da...