Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmtheit des Grunderwerbsteuerbescheids bei Erwerb mehrerer Grundstücke durch einheitlichen Vertrag. Ausschluss der Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 GrEStG bei vorangegangener Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft innerhalb der Sperrfrist
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden durch einen einheitlichen Vertrag mehrere Grundstücke erworben, so verstößt es grundsätzlich nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des § 119 Abs. 1 AO, wenn die Grunderwerbsteuer dafür in nur einem Steuerbescheid in einem Betrag festgesetzt wird.
2. Zweck des § 6 Abs. 4 S. 1 GrEStG ist die Verhinderung objektiver Steuerumgehungen, die sich aus der Kombination eines nicht steuerbaren Wechsels im Personenbestand der Gesamthand und der anschließenden, von der Grunderwerbsteuer befreiten Übernahme eines Grundstücks aus dem Vermögen der Gesamthand ergeben.
3. Als rechtsgeschäftlicher Erwerb eines Anteils an der Gesamthand i. S. d. § 6 Abs. 4 S. 1 GrEStG gilt auch die formwechselnde Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. Dem Umstand, dass die Gesamthänder der durch die Umwandlung entstandenen Personengesellschaft zuvor Gesellschafter der umgewandelten Kapitalgesellschaft gewesen sind, kommt in Bezug auf § 6 Abs. 4 S. 1 GrEStG keine Bedeutung zu.
4. Die Sperrfrist des § 6 Abs. 4 S. 1 GrEStG beginnt erst mit Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1; AO § 119 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Erwerb mehrerer Immobilien durch die Klägerin der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in … (Landkreis …) und wurde am xx. Dezember 20xx im Handelsregister beim Amtsgericht xxx eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ohne Kapitalanteil ist die XY Verwaltungs GmbH. Kommanditisten der Klägerin sind die XY Holding GmbH mit einer Einlage von 9.400 EUR sowie Z mit einer Einlage von 600 EUR.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 29. September 2014 (URNr. XXX) erwarb die Klägerin von der ABC GmbH & Co. KG, (…) umfangreichen Grundbesitz zu einem einheitlichen Gesamtkaufpreis von 6 Mio. EUR. Bei den veräußerten Immobilien handelte es sich im Einzelnen um
(1) Eigentumswohnungen bzw. Teileigentum in …,
(2) Teileigentum in …,
(3) Teileigentum in …,
(4) Teileigentum in …,
(5) Bebautes Grundstück, …,
(6) Verschiedene teilweise bebaute Grundstücke, …,
(7) Bebautes Grundstück, …und
(8) Verschiedene teilweise bebaute Grundstücke, …
Als Alleineigentümer des Grundbesitzes unter (1) waren teilweise die DEF GmbH … und teilweise die GHI GmbH, … im Grundbuch eingetragen. Als Alleineigentümerin des Grundbesitzes unter (2) bis (5) und des Grundbesitzes unter (7) war die GHI GmbH im Grundbuch eingetragen. Als Alleineigentümerin des Grundbesitzes unter (6) und (8) war die DEF GmbH im Grundbuch eingetragen. Zusammen mit dem o.g. Grundbesitz erwarb die Klägerin im Rahmen des Wohnungs- bzw. Teileigentums auch eine Instandhaltungsrücklage von insgesamt 74.110,46 EUR, die mit dem Objekt Nr. 1 … in Höhe von 69.248,89 EUR und mit dem Objekt Nr. 3 … in Höhe von 4.861,57 EUR im Zusammenhang stand.
Ausweislich des Handelsregisters beim Amtsgericht München hatte die DEF GmbH kraft Gesellschafterbeschlusses vom x. Februar 20xx ihre Firma in GHI GmbH geändert. Die Eintragung im Handelsregister hierzu war am xx. Februar 20xx erfolgt. Durch Gesellschafterbeschluss vom 27. Mai 2014 war die umfirmierte Gesellschaft formwechselnd in die ABC GmbH & Co. KG, d.h. in die den Grundbesitz veräußernde Gesellschaft, umgewandelt worden. Der Formwechsel war zum 30. Juni 2014 im Handelsregister eingetragen worden. Im Zeitpunkt des Grunderwerbs am 29. September 2014 waren an der veräußernden Gesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin ohne Kapitalanteil die XY GmbH und als Kommanditisten die XY Holding GmbH mit einer Einlage von 24.030,72 EUR (= 90,462 %), Z mit einer Einlage von 1.533,87 EUR (= 5,774 %) sowie die B GmbH und die C GmbH mit jeweils einer Einlage von 500 EUR (= jeweils 1,882 %) beteiligt. Die beiden letztgenannten Kommanditisten der veräußernden Personengesellschaft waren erst nach der formwechselnden Umwandlung, jedoch vor dem Grundstückserwerb, in die Gesellschaft eingetreten (Eintragung im Handelsregister am 17. September 2014).
Das beklagte Finanzamt (FA) besteuerte den Grunderwerb aufgrund des Kaufvertrages vom 29. September 2014 als drei voneinander getrennte Erwerbsvorgänge, betreffend zum ersten den Grundbesitz in … (d.h. die Immobilien Nr. 1 bis 3 und 6 bis 8; StNr. …), zum zweiten den Grundbesitz in … (d.h. die Immobilie Nr. 4; StNr. …) und zum dritten den Grundbesitz in … (d.h. die Immobilie Nr. 5; StNr. …). Außerdem sah das FA alle Erwerbsvorgänge als in vollem Umfa...