Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergünstigte Darlehensgewährung an Schwesterpersonengesellschaft als gemeinnützigkeitsschädliche vGA
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemeinnützigkeitsschädliche Gewinnanteile im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO sind nicht nur offen ausgeschüttete Gewinne. Vielmehr verstoßen auch verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO.
2. Eine gemeinnützigkeitsschädliche vGA liegt vor, wenn die Körperschaft einer Personengesellschaft, an der ihre Anteilseigner ebenfalls beteiligt sind, ein Darlehen zu günstigeren als den von ihr am Markt erzielbaren Konditionen gewährt.
3. Gemeinnützigkeitsschädlich ist auch die Vergabe nahezu sämtlicher Mittel der Körperschaft als zehnjähriges, ungesichertes Darlehen.
Normenkette
AO §§ 51, 55 Abs. 1 Nr. 1, § 62 Abs. 3 Nr. 2, § 58 Nr. 1 Buchst. b; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9, § 8 Abs. 3 S. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie wurde am …. 2010 durch notarielle Urkunde als gemeinnützige GmbH errichtet und ist unter Nr. HRB … ins Handelsregister des Amtsgerichts X eingetragen. Ihr Stammkapital beträgt 51.000 EUR. Gemäß ihrer Satzung ist der Gesellschaftszweck der Klägerin die Förderung des Gesundheitswesens, insbesondere die Förderung von Forschung und Bildung im Gesundheitswesen sowie die Unterstützung von Krankenhäusern und Kliniken in X. Die Geschäftsanteile der Klägerin werden von A, B, C und D gehalten, B ist ihr Geschäftsführer. B, C und D waren in den Streitjahren auch Kommanditisten der E GmbH & Co. KG (E-KG), A war (neben der E GmbH) deren Komplementär. Die Beteiligung der Personengruppe am Festkapital der E-KG betrug zum 31.12.2010 und 31.12.2011 insgesamt jeweils 98 % (A = 49 %, B = 17 %, C = 16 %, D = 16 %).
Die vier Gesellschafter spendeten an die Klägerin am 21. Dezember 2010 und am 22. Dezember 2011 jeweils zusammen 3.000.000 EUR zur Anlage in den Vermögensstock nach § 58 Nr. 11b Abgabenordnung (AO). Ihnen wurden Spendenquittungen erteilt. Jeweils bereits kurz vor Erhalt der Mittel hatte die Klägerin Darlehensverträge mit der E-KG abgeschlossen. Darin verpflichtete sie sich in beiden Fällen, der E-KG 3 Mio. EUR als Darlehen für die Dauer von zehn Jahren zu gewähren. Nach den Darlehensverträgen vom 8. Dezember 2010 bzw. vom 5. Dezember 2011 ist der Darlehenszinssatz jährlich am 2. Januar des Jahres neu festzulegen. Er wird anhand des Festgeldsatzes auf der Basis des 1-Jahres-Euribor zuzüglich einer Marge von 0,6 % ermittelt. Die Zinsabrechnung erfolgt jährlich nachschüssig mit dem jeweils gültigen Zinssatz. Sicherheiten sind nicht vereinbart. Das Darlehensverhältnis kann aus wichtigem Grund gekündigt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Darlehensverträge Bezug genommen.
Die Vertragsparteien ermittelten den maßgeblichen Euribor zum 2. Januar 2010 mit 1,251 %. Bei einem Zuschlag von 0,6 % ergab sich ein Zinssatz von 1,851 % für 2010. Anfang 2011 lag der maßgebliche 12-Monats-Euribor bei 1,504 %, so dass die Verzinsung für das Jahr 2011 mit 2,104 % vorzunehmen war. Der Klägerin flossen Zinsen in Höhe von 1.833,34 EUR für 2010 und 67.650 EUR für 2011 zu. Zur Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks beschlossen die Gesellschafter am 18. Dezember 2012, Zinserträge in Höhe von 67.980 EUR an eine Kinderklinik zu spenden. Dieser Beschluss wurde im Jahr 2013 ausgeführt.
Der Beklagte (Finanzamt) erteilte der Klägerin am 20. Dezember 2010 eine auf 18 Monate befristete vorläufige Bescheinigung, wonach sie aufgrund der eingereichten Satzung ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen Zwecken dient. Die Bescheinigung wurde zur Beurteilung der Abziehbarkeit von Spenden im Sinne von § 10 b Einkommensteuergesetz (EStG) erteilt. Am 14. August 2013 widerrief das Finanzamt die vorläufige Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin sei im Überprüfungszeitraum vorrangig zur Förderung der eigenwirtschaftlichen Interessen der Gesellschafter tätig geworden und habe damit gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, § 55 AO, verstoßen. Die Konditionen der Darlehensvergabe an die E-KG entsprächen nicht denjenigen, die für die Vergabe von langfristigen Geschäftsgroßkrediten marktüblich seien. Der Widerruf der Auskunft vom 20. Dezember 2010 umfasse auch die Berechtigung, Zuwendungsbestätigungen auszustellen. Diese dürfte die Klägerin ab sofort nicht mehr ausstellen. Am 4. September 2013 ergingen die streitigen Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbescheide für 2010 und 2011. Dagegen legte die Klägerin fristgemäß Einsprüche ein, die mit Einspruchsentscheidung vom 9. April 2014 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Dagegen richtet sich die Klage.
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:
Der Zinssatz, zu dem sie ihr Vermögen angelegt habe, sei marktüblich und entspreche daher den Anforderungen des § 55 Abs. 1 AO und Nr. 15 des Anwen...