Währungskursverluste bei Gesellschafterdarlehen

Währungskursverluste bei Fremdwährungs-Gesellschafterdarlehen mindern vor dem Inkrafttreten des § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG i. d. F. des Gesetzes v. 25.6.2021, BGBl 2021 I S. 2050 das Einkommen der darlehensgewährenden Kapitalgesellschaft – vorbehaltlich einer unionsrechtlichen Prüfung – nicht, da sie in den sachlichen Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG fallen.

Hintergrund: Gesetzliche Vorgaben

§ 8b Abs. 3 Satz 4 KStG knüpft an die Regelung in § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG an, die ihrerseits auf § 8b Abs. 2 KStG Bezug nimmt. Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen.

Sachverhalt: Währungskursverluste bei Fremdwährungs-Gesellschafterdarlehen

  • Die A-AG, eine in Deutschland ansässige Aktiengesellschaft und Rechtsvorgängerin der Klägerin, steuerte im Streitjahr 2009 als Konzernobergesellschaft 4 Geschäftsbereiche, die sie jeweils in Holdinggesellschaften zusammengefasst hatte, und gewährte mehreren ausländischen mittelbaren Tochtergesellschaften Darlehen in deren Landeswährung, ohne entsprechende Währungskurssicherungsgeschäfte abzuschließen.
  • Aus diesen Darlehen resultierende Zahlungsansprüche an die X-AB, Y-AB und Z-AB, an der die A-AG im Zeitpunkt der Darlahensausreichung und des Währungsverlusts (Zeitpunkt) zu jeweils 100 % mittelbar beteiligt war, führten im Streitjahr zu Währungskursverlusten.
  • Die X-AB und die Y-AB waren zu dem v. g. Zeitpunkt mittelbare Tochtergesellschaften der Konzernbereichsholdinggesellschaft B-KG.
  • Die Klägerin erhielt am 11.5.2011 von der B-KG eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Vorausklage, Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit, die u. a. ihre Forderungen gegen die X-AB und die Y-AB absicherte.
  • Die Z-AB war im v. g. Zeitpunkt Tochtergesellschaft einer weiteren Konzernbereichsholdinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Deren Rechtsnachfolgerin, eine GmbH & Co. KG, erklärte gegenüber der Klägerin am 1.6.2011 ebenfalls eine unbefristete, selbstschuldnerische Bürgschaft unter Verzicht auf die Vorausklage, Anfechtbarkeit und Aufrechenbarkeit, die u. a. die Forderungen der Klägerin gegen die Z AB absicherte.

Das Finanzamt (FA) vertrat nach einer Außenprüfung die Auffassung, dass die Währungskursverluste der Klägerin für das Streitjahr nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG nicht zu berücksichtigen seien. Der Nachweis eines Fremdvergleichs i. S. d. § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG sei nicht erbracht worden. Die Darlehen seien jeweils ohne Sicherheiten gewährt worden.

FG gibt Klägerin Recht

Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt und änderte den angefochtenen Bescheid über Körperschaftsteuer 2009 dahin, dass das Einkommen der Klägerin um die Währungskursverluste gemindert wurde. Zwar seien die Voraussetzungen des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG nach dessen Wortlaut erfüllt. Die Vorschrift sei aber teleologisch zu reduzieren, so dass Währungskursverluste nicht erfasst seien.

Entscheidung: BFH hebt Entscheidung des FG mangels Spruchreife auf

Der BFH hat die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.

Die Entscheidung, § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG teleologisch zu reduzieren und – unabhängig vom Unionsrecht – Gewinnminderungen durch Währungskursverluste nicht als von dieser Vorschrift erfasst anzusehen, ist rechtsfehlerhaft. Die Sache war nicht spruchreif, da das FG keine Feststellungen zum Fremdvergleich nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG getroffen hatte.

Regelungszweck des § 8 Abs. 3 Satz 3 und 4 KStG

§ 8b Abs. 3 Satz 4 KStG knüpft an die Regelung in § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG an, die ihrerseits auf § 8b Abs. 2 KStG Bezug nimmt. Nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG sind Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit einem in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteil entstehen, bei der Ermittlung des Einkommens nicht zu berücksichtigen.

Der in Bezug genommene § 8b Abs. 2 KStG erfasst u. a. Anteile an einer Körperschaft, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören. Gewinne aus der Veräußerung eines solchen Anteils bleiben ebenso wie Gewinne aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG bezeichneten Werts (Gewinn aus Wertaufholung nach Teilwertabschreibung) bei der Ermittlung des Einkommens der beteiligten Körperschaft außer Ansatz (§ 8b Abs. 2 Satz 1 und 3 KStG). Dies gilt auch für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften.

§ 8b Abs. 3 Satz 3 KStG verfolgt den Zweck, für die Aufwandseite eine Korrespondenz zu der in § 8b Abs. 2 KStG statuierten Steuerbefreiung herzustellen. Folglich erfasst § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG vor allem Vorgänge, die (auch) § 8b Abs. 2 KStG unterfallen und nicht zu einem Gewinn, sondern zu einem (Substanz )Verlust führen. Dies betrifft insbesondere Verluste aus der Veräußerung von Anteilen und der Auflösung (Liquidation) der Gesellschaft sowie Gewinnminderungen, die durch den Ansatz des niedrigeren Teilwerts (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG) des in § 8b Abs. 2 KStG genannten Anteils entstehen.

Erweiterung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG

Durch das JStG 2008 ist das auf Eigenkapitalfinanzierungen der Gesellschafter beschränkte Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG auf bestimmte Fremdkapitalfinanzierungen erweitert worden.

Nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gehören zu den Gewinnminderungen i. S. d. Satzes 3 auch Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung oder aus der Inanspruchnahme von Sicherheiten, die für ein Darlehen hingegeben werden, wenn das Darlehen oder die Sicherheit von einem Gesellschafter gewährt wird, der zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar am Grund- oder Stammkapital der Körperschaft, der das Darlehen gewährt wurde, beteiligt ist oder gewesen ist. Da diese Regelung den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG erweitert, gilt sie nicht nur für Beteiligungen an inländischen, sondern auch für Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften.

§ 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ist allerdings nicht anzuwenden, wenn nachgewiesen wird, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen bei sonst gleichen Umständen gewährt oder noch nicht zurückgefordert hätte („Escape“ durch Fremdvergleich); dabei sind nur die eigenen Sicherungsmittel der Gesellschaft zu berücksichtigen (§ 8b Abs. 3 Satz 6 KStG).

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) ist § 8b Abs. 3 KStG um einen neuen Satz 6 ergänzt worden, der ausdrücklich regelt, dass Währungskursverluste nicht als Gewinnminderungen i. S. v. Satz 4 gelten. Allerdings erstreckt sich der zeitliche Anwendungsbereich dieser Regelung nicht auf das Streitjahr, sondern erst auf Gewinnminderungen, die nach dem 31.12.2021 eintreten.

Rechtsfehlerhafte Auffassung des FG

Die Auffassung des FG, § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG i. d. F. des KöMoG habe lediglich klarstellende Wirkung und die streitigen Währungskursverluste aus Fremdwährungsdarlehen seien – unabhängig vom Unionsrecht und vom zeitlichen Anwendungsbereich des KöMoG – nicht von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG erfasst, ist rechtsfehlerhaft.

Die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auf Währungskursverluste ist umstritten. Während die Finanzverwaltung und ein Teil der Literatur eine Einbeziehung der Wertminderungen durch Währungskursverluste befürworteten, vertritt ein anderer Teil der Literatur – ebenso wie das FG – die Auffassung, § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG müsse in Bezug auf Währungskursverluste teleologisch reduziert werden.

Der Senat schließt sich der zuerst genannten Auffassung an. Ausgangspunkt ist der Wortlaut der Vorschrift. Die allgemeine Formulierung „Gewinnminderungen“ enthält keine Anhaltspunkte für eine Einschränkung in Bezug auf Gewinnminderungen durch Währungskursverluste. Zwar lässt sich aus dem Zusammenhang mit § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG entnehmen, dass die Gewinnminderungen im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung „entstehen“ müssen. Dies bedeutet aber nur, dass sich der Veranlassungszusammenhang an dem Entstehen der Gewinnminderung orientiert und ein allgemeiner wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang nicht genügt. Dass nur solche Gewinnminderungen zu erfassen sind, bei denen korrespondierende Gewinnerhöhungen – wie beim Anteil nach § 8b Abs. 2 KStG – steuerfrei sind, kann dem nicht entnommen werden. Vielmehr beschränkt sich der Normbefehl des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ausdrücklich auf die Einbeziehung weiterer „Gewinnminderungen“ in den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG. Die steuerliche Behandlung damit korrespondierender Gewinnerhöhungen (hier: Währungskursgewinne) spielt nach dem Wortlaut weder auf der Tatbestands- noch auf der Rechtsfolgenebene eine Rolle.

Die Einbeziehung von Währungskursverlusten wird durch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung bestätigt, in der ausdrücklich „alle“ Gewinnminderungen angesprochen werden. Zwar bezieht sich die anschließende Aufzählung lediglich auf Gewinnminderungen, die aus der Teilwertabschreibung auf Gesellschafterdarlehen, dem Ausfall eines Gesellschafterdarlehens oder dem Verzicht auf Forderungen aus einem Gesellschafterdarlehen resultieren. Durch den Zusatz „insbesondere“ wird aber deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine abschließende Aufzählung handelt.

Konkrete Ausformung der „Escape“-Regelung

Die konkrete Ausformung der „Escape“-Regelung in § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG steht dem nicht entgegen. Insbesondere ist der Einwand, der Fremdvergleich könne wegen des zweiten Halbsatzes („eigenen Sicherungsmittel der Gesellschaft“) im Fall von Fremdwährungsdarlehen niemals gelingen, da eine Absicherung des Währungskursrisikos nur durch separate Kurssicherungsgeschäfte des Darlehensgebers (Gesellschafters) möglich sei, nicht erfolgreich. Vielmehr kann der von § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG geforderte Fremdvergleich auch unabhängig vom Abschluss eines Währungskurssicherungsgeschäfts erbracht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das zusätzliche Währungskursrisiko – ähnlich wie die Erhöhung des Bonitätsrisikos bei unbesicherten Darlehen – Einfluss auf die Höhe der fremdüblichen Zinsen hat. Die Höhe der fremdüblichen Zinsen richtet sich in einem solchen Fall nicht nach den Kapitalmarktverhältnissen für Euro-Darlehen, sondern nach den Kapitalmarktverhältnissen für Darlehen in der jeweils genutzten Fremdwährung. Die durch die Gewährung eines Fremdwährungsdarlehens zusätzlich übernommenen Währungskursrisiken können somit ggf. durch eine Anpassung des Zinssatzes kompensiert werden, ohne dass es auf den Abschluss eines Währungskurssicherungsgeschäfts ankommt. Die Beschränkung des § 8b Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 2 KStG auf eigene Sicherungsmittel der Gesellschaft zielen nicht auf Währungskursrisiken ab, sondern insbesondere auf Bonitätsrisiken. Dass Währungskursrisiken dadurch aus dem (umfassenden) Fremdvergleich nach § 8b Abs. 3 Satz 6 Halbsatz 1 KStG ausgenommen werden sollen, lässt sich daraus aber nicht herleiten. Vielmehr macht Halbsatz 1 deutlich, dass das Darlehen insgesamt unter fremdüblichen Bedingungen gewährt bzw. stehengelassen worden sein müsse, damit der „Escape“ gewährt werden kann.

FG wird im zweiten Rechtsgang Feststellungen zum Fremdvergleich treffen müssen

Im Rahmen der Prüfung des § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG wird nach Ansicht des BFH zu berücksichtigen sein, dass das bei Fremdwährungsdarlehen zusätzlich übernommene Währungskursrisiko Einfluss auf die Höhe der fremdüblichen Zinsen haben und es zur konkreten Bestimmung der fremdüblichen Zinsen nicht auf die Kapitalmarktverhältnisse für Euro-Darlehen, sondern auf die Kapitalmarktverhältnisse für Darlehen in der jeweils genutzten Fremdwährung ankommt. In diesem Zusammenhang kann für den Fremdvergleich nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG aus Gründen der Praktikabilität grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sich die Währungskursrisiken im Sinne einer Zinsparität in dem jeweiligen Zinsniveau widerspiegeln. Sofern ein Verfall der genutzten Fremdwährung droht, hat dies somit grundsätzlich eine Erhöhung der fremdüblichen Zinsen zur Folge.

Für den Fall, dass der Nachweis eines Fremdvergleichs nach § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG im zweiten Rechtsgang nicht gelingt, wird das FG zu prüfen haben, ob und ggf. welche wirtschaftlichen Gründe bestanden haben, dass die A-AG ihre (mittelbaren) Tochtergesellschaften nicht durch Euro-Darlehen finanziert hatte, sondern durch (nicht fremdübliche) Fremdwährungsdarlehen, die mit der Übernahme eines zusätzlichen Währungskursrisikos verbunden waren. Denn für die ggf. vom EuGH vorzunehmende Prüfung, ob bei Währungskursverlusten die vom nationalen Gesetzgeber in § 8b Abs. 3 Satz 6 und 8 KStG vorgesehenen Einschränkungen des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG ausreichen oder insoweit aus unionsrechtlichen Gründen weitere Einschränkungen erforderlich sind, kann es auf entsprechende wirtschaftliche Gründe ankommen.

BFH, Urteil v. 24.4.2024, I R 11/23; veröffentlicht am 29.8.2024

Alle am 29.8.2024 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen



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