Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Entschädigungszahlung für vorzeitige Vertragsauflösung
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn ein Steuerpflichtiger auf eine ihm auf vertraglicher Grundlage (Pachtvertrag) zustehende Rechtsposition gegen Entgelt verzichtet, liegen die Voraussetzungen für einen entgeltlichen Leistungsaustausch vor.
2. Die Kosten für die vorzeitige Aufhebung eines Pachtvertrages haben ihren ausschließlichen Entstehungsgrund in der steuerpflichtigen Verpachtungstätigkeit.
3. Gegenüber dem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang der vom Verpächter bezogenen Verzichtsleistungen zu seiner Verpachtungstätigkeit tritt der lediglich mittelbare Zusammenhang zu einer beabsichtigten Grundstücksveräußerung zurück.
4. Auf die beabsichtigten Verwendungsumsätze ist nur dann abzustellen, wenn zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs noch keine Ausgangsumsätze ausgeführt werden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9 Buchst. a, Nr. 12 Buchst. a; MwStSystRL Art. 168
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 17. März 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2014 wird die Umsatzsteuer für 2011 auf -32.663,78 EUR festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Berechtigung des Klägers zum Vorsteuerabzug aus einer Pachtaufhebungsvereinbarung.
Der Kläger war Eigentümer eines Grundstücks in T, A-Str. 28, das er bis März 2020 an die Brauerei X (Pächterin) und diese an Frau Y (Unterpächterin) verpachtet hatte. Am 4. März 2011 schloss er mit den Pächtern eine Aufhebungsvereinbarung, nach deren Vorbemerkung der Kläger beabsichtigte, seinen Grundbesitz in der A-Str. 28 zum Zwecke einer künftig anderweitigen Nutzung zu veräußern und er sich an der angemessenen wirtschaftlichen Verwertung seines Eigentums durch die langfristigen Pachtverträge gehindert sehe.
Die Vertragsparteien vereinbarten eine vorzeitige Beendigung der Pachtverhältnisse zum 30. April 2012 mit der Möglichkeit für die Beteiligten, das Pachtverhältnis schon während der verkürzten Vertragslaufzeit zu kündigen. Als pauschale Entschädigung für die Bereitschaft zur Verkürzung der Vertragslaufzeit verpflichtete sich der Kläger, der Pächterin 36.957,09 EUR zzgl. 19 % Mehrwertsteuer i.H.v. 7.021,85 EUR und der Unterpächterin 100.000,– EUR zzgl. 19 % Mehrwertsteuer i.H.v. 19.000,– EUR zu zahlen.
Nachdem die Pächterin das bestehende Pachtverhältnis mit Schreiben vom 14. April 2011 zum 31. Mai 2011 gekündigt hatte, stellte sie dem Kläger mit Rechnung vom 12. Mai 2011 die in der Aufhebungsvereinbarung vom 4. März 2011 für sich und die Unterpächterin vereinbarten Entschädigungsleistungen in Höhe von insgesamt 136.957,09 EUR zzgl. 26.021,85 EUR Mehrwertsteuer in Rechnung.
Mit Kaufvertrag vom 11. November 2011 wurde das Grundstück in der A-Str. 28 umsatzsteuerfrei veräußert.
Der Beklagte (das Finanzamt) ließ den aus der Rechnung vom 12. Mai 2011 geltend gemachten Vorsteuerabzug im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für das II. Kalendervierteljahr 2011 nicht zu und setzte die Umsatzsteuer für 2011 mit Bescheid vom 17. März 2014 auf -6.641,94 EUR fest.
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2014 als unbegründet zurück.
Mit der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Entschädigungsleistungen an die Pächter seien dem Ausgangsumsatz steuerpflichtige Verpachtung zuzuordnen. Der Aufhebungsvereinbarung könne kein Ausgangsumsatz steuerfreie Grundstücksveräußerung zugeordnet werden, da dieser Umsatz nicht vorgelegen habe. Zwischen dem Zeitpunkt der Aufhebungsvereinbarung und dem Verkauf habe ein Zeitraum von acht Monaten gelegen. Da zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung für die streitgegenständliche Entschädigungsleistung noch kein konkreter Käufer bekannt gewesen sei und auch ein Verkauf des Grundstücks mit dem Verzicht auf die Steuerfreiheit möglich gewesen wäre, wäre für einen Käufer des Grundstücks auch eine unternehmerische Nutzung mit Umsätzen möglich gewesen, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen würden.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 17. März 2014 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2014, die Umsatzsteuer für 2011 auf -32.663,78 EUR festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es bringt vor, dass für die Frage, ob ein Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Pächterin in Betracht komme, auf den Zeitpunkt der Vereinbarung der Entschädigung abzustellen sei, da bereits zu diesem Zeitpunkt festgestanden habe, dass das Grundstück veräußert werden sollte. Die Eingangsleistung, also das Akzeptieren der vorzeitig...