Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsbewertung
Leitsatz (redaktionell)
Die erbschaftsteuerliche Erfassung des Grundvermögens mit dem Bedarfswert ist verfassungsmäßig nicht zu beanstanden
Normenkette
GG Art. 3; BewG § 146
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Bedarfswert zutreffend ermittelt hat, insbesondere ob die Bedarfsbewertung verfassungsgemäß ist.
Am 04.12.2000 schenke Frau A. dem Antragsteller (Ast.) das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück A-Str. 44 in B-Stadt. Nach Aufforderung durch das FA gab der Ast. eine Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts ab, in der er die Mieteinnahmen für die vermieteten Wohnungen angab. Für die Zeiten des Leerstandes einiger Wohnungen erklärte der Ast. die übliche Miete; 1999 standen von den insgesamt acht Wohnungen fünf Wohnungen zwischen einem und vier Monaten leer, 1997 stand eine Wohnung sieben Monate lang leer.
Das FA folgte den Angaben des Ast. hinsichtlich der erklärten Mieten in vollem Umfang. Es stellte den Bedarfswert auf 453.004 EUR (886.000 DM) fest; wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 04.12.2000 für Zwecke der Schenkungsteuer vom 23.06.2004 Bezug genommen.
Der Ast. legte Einspruch ein und stellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV). Die Grundbesitzbewertung, so wie sie jetzt gesetzlich vorgesehen sei, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz von Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Es sei nicht gerechtfertigt eine fiktive Miete für die Zeiträume anzusetzen, in denen die Wohnungen nicht vermietet worden seien. Auch wenn eine Mietwohnung tatsächlich nicht vermietet sei, bedeute dies nicht, dass sie nicht genutzt worden sei. Sie habe zur Vermietung zur Verfügung gestanden, sei eben nur nicht vermietbar gewesen. Zum einen liege dies daran, dass in B-Stadt ein Überangebot an Wohnungen bestanden habe und noch bestehe, es liege aber auch daran, dass nach dem Auszug von Mietern Renovierungsarbeiten durchzuführen seien, die dazu führten, dass die Wohnung eine gewisse Zeit leerstehe. Auch das Mietrecht beeinflusse die Vermietbarkeit. So sei es nahezu unmöglich, eine gekündigte Wohnung Mietinteressenten vor Auszug des Vormieters zu zeigen. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts. Da ein neuer Mieter seine zukünftige Wohnung vorher sehen wolle und er anschließend noch mindestens drei Monate Kündigungsfrist für seine bisherige Wohnung habe, seien Leerstände von drei bis fünf Monaten vorprogrammiert. Es sei sittenwidrig, die aufgrund staatlich geschaffener Rechtssituation regelmäßig verursachten Mietausfälle bei der Berechnung von Grundbesitzwerten zusätzlich in Ansatz zu bringen.
Eine weitere Ungleichbehandlung bestehe darin, dass die Mietsituation in anderen Städten Deutschlands völlig anders sei als in B-Stadt. In München und Frankfurt seien die Wohnungen knapp und die Mieter stünden Schlange, so dass man als Vermieter trotz der dreimonatigen Kündigungsfrist Wohnungen sofort vermieten könne, ohne in der Regel noch Renovierungsarbeiten durchzuführen zu müssen. Solche ganzjährig und mit wenig Renovierungsaufwand voll vermieteten Objekte mit dem hier zu bewertenden Haus in B-Stadt gleichzusetzen, beinhalte eine massive Ungleichbehandlung, denn der Grundbesitzwert dieser Objekte liege weit mehr unter dem Verkehrswert als es bei dem Haus des Ast. der Fall sei.
Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass trotz gleicher Kaltmiete und Baujahr der Erhaltungsaufwand für verschiedene Mietshäuser unterschiedlich sei. In seinem Haus seien beispielsweise alle acht Wohnungen mit Gasetagenheizung ausgestattet. Dies verursache nach 10 – 15 Jahren nicht nur den Austausch von einer Heizungsanlage wie bei einer Zentralheizung, sondern von acht Heizungsanlagen. Es fehlen auch Reparatur- und Instandhaltungskosten für acht Heizungsanlagen an. Die Kosten seien nicht auf den Mieter umlegbar und ein Kaufinteressent würde dies bei der Werteinstufung des Hauses beachten. Entsprechendes gelte auch für die Böden; die Wohnungsräume des Hauses seien komplett mit Teppichböden ausgestattet, die wesentlich häufiger ausgetauscht werden müssten als beispielsweise Holz-, Laminat- oder Keramikböden.
Des weiteren sei noch zu bemängeln, dass Grundbesitzwerte beispielsweise aus den Bereichen gewerbliche Grundstücke und Land- und Forstwirtschaft nach steuerlich wesentlich günstigeren Verfahren berechnet würden. Auch dies verstoße gegen Artikel 3 des GG. Auch wenn dies bereits Gegenstand einer Vorlage des BFH beim Bundesverfassungsgerichts sei, solle dieser Punkt auch ausdrücklich Bestandteil seines Einspruchs sein.
Das FA wies den Einspruch und den Antrag auf AdV mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 14.10.2004, erneut am 17.11.2004 bekannt gegeben, als unbegründet zurück. Die Bewertung entspreche der gesetzlichen Regelung....