Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbst getragene Krankheitskosten zur Erlangung einer Beitragsrückerstattung der Krankenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1) Krankheitskosten, die der Steuerpflichtige zur Erlangung einer Beitragsrückerstattung der Krankenversicherung selbst trägt, können nicht als Krankenversicherungsbeiträge bei den Sonderausgaben berücksichtigt werden.
2) Gegen die Berücksichtigung einer zumutbaren Eigenbelastung bei den außergewöhnlichen Belastungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 3, § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a
Tatbestand
Streitig ist, ob Krankheitskosten, die die Kläger zur Erlangung einer Beitragsrückerstattung ihrer Krankenversicherungen selbst getragen haben, als Sonderausgaben bzw. außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigungsfähig sind.
Die Kläger werden als Eheleute gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt, sie haben zwei Kinder. Der Kläger ist als Steuerberater freiberuflich tätig, die Klägerin erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In ihren Einkommensteuererklärungen für 2011 und 2012 machten die Kläger für sich und ihre Kinder Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung als Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben geltend. Wegen der Höhe der Beträge wird auf die Darstellung in der Einspruchsentscheidung vom 12.12.2013 Bezug genommen.
Gegen die daraufhin ergangenen Steuerbescheide legten die Kläger jeweils fristgemäß Einspruch ein. Sie trugen vor, dass zusätzlich zu den an die Krankenversicherung geleisteten Beiträgen ein Betrag in Höhe von 241,08 EUR als Sonderausgaben zu berücksichtigen sei. Hierbei handele es sich um Krankheitskosten, welche die Kläger selbst getragen und der Krankenversicherung nicht zur Abrechnung vorgelegt hätten, um in den Genuss einer Beitragsrückerstattung zu kommen. Die tatsächlich angefallenen Krankheitsaufwendungen hätten 803,58 EUR betragen. Hieraus hätte sich bei Geltendmachung gegenüber der Krankenversicherung ein Erstattungsanspruch gegenüber der Versicherung in Höhe von 241,08 EUR (=30%) ergeben. Der Versicherer habe in 2012 eine Beitragsrückerstattung von 519,41 EUR gezahlt.
Die Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 12.12.2013 zurück.
Dagegen richtet sich die Klage.
Die Kläger sind der Auffassung, dass der Betrag in Höhe von 241,08 EUR entweder im Veranlagungszeitraum 2011 (Abflussprinzip) oder im Veranlagungszeitraum 2012 (Saldierung mit den KV-Beiträgen) zu berücksichtigen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe mit Urteil vom 13.02.2008 festgestellt, dass die existenznotwendigen Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung steuerfrei gestellt werden müssten. Hieraus folge, dass alles, was der Steuerpflichtige für die Erlangung einer existenznotwendigen Absicherung gegen Krankheits- und Pflegekosten aufwende, steuerlich verschont werden müsse. Der Gesetzgeber habe die Regelung des Sonderausgabenabzugs mit Wirkung zum 01.01.2010 gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts reformiert, dabei jedoch keine Regelungen zum Umgang mit Beitragsrückerstattungen getroffen. Die Finanzverwaltung sei der Auffassung, dass Krankheitskosten, die im Rahmen eines Selbstbehaltes oder zur Erlangung einer Beitragsrückerstattung selbst getragen würden, keine Beiträge zur Krankenversicherung darstellen würden. Hiermit verkenne die Finanzverwaltung jedoch, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben habe die, zur Erlangung eines sozialhilfegleichen Lebensstandards erforderlichen Aufwendungen zur berücksichtigen. Dies bedeute, dass alle Aufwendungen der Steuerpflichtigen steuerfrei gestellt werden müssten, die zur Erlangung einer Absicherung notwendig seien. Daher müssten nicht lediglich die Versicherungsbeiträge, sondern zusätzlich auch solche Aufwendungen des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, die der Reduzierung der Gesamtaufwendungen dienten. Hierunter fielen auch die von den Klägern selbst getragenen Krankheitskosten. Die Auffassung der Finanzverwaltung führe zu dem widersinnigen Ergebnis, dass die wirtschaftlich sinnvolle Inanspruchnahme der Beitragsrückerstattung – von der auch der Fiskus durch den insgesamt niedrigeren Sonderausgabenabzug profitiere – für den Steuerpflichtigen unter Einbeziehung der steuerlichen Folgen wirtschaftlich nachteilig sein könne.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 19.11.2012 und den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 19.09.2013, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.12.2013, dergestalt zu ändern, die Einkommensteuer für 2011 auf 53.080,00 EUR und die Einkommensteuer für 2012 auf 62.230,00 EUR festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt – unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vom 12.12.2013 – vor, dass die aufgrund eines tariflichen Selbstbehaltes oder wegen der Wahl einer Beitragsrückerstattung selbst getragenen Krankheitskosten keine Beiträge zur Krankenversicherung im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a EStG seien. Schon begrifflich handele ...