Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Handel oder verarbeitendes Gewerbe
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Produktion von Saatgut durch Vermengung von ungebeiztem Saatgut (Getreide) mit einem Pflanzenschutzmittel in Form von flüssiger Beize, stellt das Beizen lediglich eine sog. handelsübliche Be- und Verarbeitung im Rahmen der ausgeübten Handelstätigkeit dar.
Normenkette
InvZulG 2005 § 2 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Einstufung der Betriebsstätte der Klägerin (Klin.) in I als Handel oder verarbeitendes Gewerbe für die Gewährung von Investitionszulage.
Die Klin. ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz in N. Gegenstand des Unternehmens ist der Betrieb eines Großhandels mit Saatgut, Futtermitteln und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Für diesen Unternehmensgegenstand unterhält die Klin. mehrere Betriebsstätten, u.a. eine solche in I in Mecklenburg-Vorpommern. In dieser Betriebsstätte produziert die Klin. zum Einen eigenes Saatgut. Zum Anderen handelt sie dort mit Tiernahrung und mit eingekauftem Saatgut. Im Streitjahr 2005 erzielte die Klin. in der Betriebsstätte I einen Gesamtumsatz i. H. v. … EUR, wovon … EUR auf den Verkauf selbst produzierten Saatguts, … EUR auf den Verkauf von Handelsware (überwiegend Tierfutter) und … EUR auf ein gesondertes Großhandelsgeschäft entfielen. Von der gesamten Wertschöpfung der Betriebsstätte im Jahr 2005 i. H. v. insgesamt … EUR entfielen … EUR auf den Verkauf von selbst produziertem Saatgut (65 %), … EUR auf den Verkauf von Handelsware (27 %) und … EUR auf das Großhandelsgeschäft (7 %). Dabei belief sich im Jahr 2005 die Handelsspanne beim Verkauf des selbst produzierten Saatgutes auf … %, die Handesspanne auf den Verkauf der Handelsware auf … % und die Handelsspanne im Großhandelsgeschäft auf … %.
Aufgrund eines Bauantrages vom 30.09.2004 errichtete die Klin. ab November 2004 auf dem Betriebsgelände an der … Straße in I eine neue Lagerhalle mit ca. 3.620 m². Die Herstellungskosten der im Jahr 2005 fertiggestellten Lagerhalle beliefen sich auf (netto) … EUR. Mit Zulagenbescheid vom 20.07.2005 bewilligte das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Fischerei des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den Bau der Lagerhalle eine Zuwendung in Höhe von … EUR. Gestützt auf § 2 Investitionszulagengesetz (InvZulG) 2005 beantragte die Klin. am 06.02.2006 die Gewährung einer Investitionszulage (InvZul) i. H. v. … EUR für 2005.
Mit Bescheid vom 06.03.2006 lehnte der Beklagte (Bekl.) den Antrag auf Festsetzung der InvZul für das Kalenderjahr 2005 ab. Zur Begründung führte der Bekl. aus, dass für die Festsetzung der InvZul Voraussetzung sei, dass die Klin. dem verarbeitenden Gewerbe und nicht dem Handel zuzurechnen sei. Welche Betriebe dem verarbeitendem Gewerbe zuzurechnen seien, ergäbe sich aus dem Abschnitt D Unterabschnitt DA bis DN Abteilung 15 – 37 der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2003 (WZ 2003) des Statistischen Bundesamtes. Unter die dort genannten Betriebe sei die Klin. nicht einzuordnen.
Mit Schreiben vom 04.04.2006 erhob die Klin. gegen den Bescheid vom 06.03.2006 Einspruch. Zur Begründung verwies sie auf ein Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 13.11.2003 (IV 1294/00), in welchem das Gericht die Tätigkeit der Getreideaufbereitung für Zwecke der InvZul dem verarbeitenden Gewerbe zugeordnet habe. Am 28.07.2006 übersandte die Klin. der Bekl. eine Wertschöpfungsberechnung für die Betriebsstätte in I für das Jahr 2005. Auf das Schreiben vom 28.07.2006 nebst Anlage wird hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen.
Mit Verfügung vom 28.08.2006 wurde das Einspruchsverfahren gem. § 363 Abs. 2 AO einvernehmlich bis zur Entscheidung des BFH in dem Revisionsverfahren III R 49/04 – dem Revisionsverfahren zu dem Urteil des Thüringer FG vom 13.11.2003 – ruhend gestellt. Mit Urteil vom 24.03.2006 hob der BFH das Urteil des Thüringer FG auf und wies die Klage ab, weil die dortige Getreideaufbereitung noch als handelsübliche Manipulation dem Handel zuzuordnen sei (BFH/NV 2006, 1709). Daraufhin teilte die Klin. dem Bekl. mit, dass der Sachverhalt im vorliegenden Verfahren mit jenem, über welchen der BFH zu entscheiden hatte, nicht vergleichbar sei. Während sich die Verarbeitung des Getreides im dortigen Verfahren auf das sogenannte Weißreinigen (reinigen und entfernen der äußersten Schalenschicht des Getreides) beschränke, führe die Klin. mit dem sogenannten Beizen des Getreides einen weiteren Arbeitsschritt durch, welcher die stoffliche Zusammensetzung des Produktes erheblich verändere. Beim Beizen werde das Saatgut vollflächig mit Chemikalien versetzt, welche das Saatgut insbesondere vor Schädlingen schütze. Durch das Beizen würden zudem alternative Verwendungsmöglichkeiten, z. B. in der Nahrungsmittelproduktion für Mensch und Tier ausgeschlossen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben der Klin. vom 17.11.2006 Bezug genommen....