rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Realsplitting - Steuerpflicht der Unterhaltsleistungen beim Empfänger nur bei Vorliegen aller Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug beim Leistenden
Leitsatz (redaktionell)
1. Unterhaltsleistungen sind als sonstige Einkünfte beim Empfänger nur in dem Umfang anzusetzen, in dem der Geber innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Rahmens den Abzug der Zahlungen als Sonderausgaben beantragt hat und diesem Antrag tatsächlich entsprochen worden ist.
2. Werden Unterhaltsleistungen im Wege des Realsplittings vom Geber als Sonderausgaben geltend gemacht und berücksichtigt, so wird durch die zeitlich nachfolgende Einkommensteuerveranlagung des Gebers beim Empfänger der Tatbestand des § 175 Abs 1 Nr 2 AO 1977 erfüllt.
3. Der Antrag des Gebers, die Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben abzuziehen, kann auf einen Teil der Zahlungen beschränkt werden.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2; AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 22 Nr. 1a
Tatbestand
Streitig ist die Höhe des Ansatzes von Unterhaltsleistungen als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Klägerin erhielt im Streitjahr 1995 von ihrem geschiedenen Ehemann … … (J. K.) Unterhaltsleistungen in Höhe von 16.800 DM. Sie unterschrieb am 26.10.1991 für das Kalenderjahr 1992 eine Anlage U. In der Anlage U beantragte J. K. mit Unterschrift vom 25.10.1991, die nachfolgend in der Anlage U aufgeführten, von ihm geleisteten Unterhaltsleistungen an die Klägerin in Höhe von voraussichtlich 16.800 DM für das Jahr 1992 als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzuziehen. Die Klägerin stimmte in der Anlage U dem Antrag auf Abzug der bezeichneten Unterhaltsleistungen bei J. K. zu. Außerdem nahm sie die in der Anlage U enthaltenen Hinweise zur Kenntnis, daß die Zustimmung erstmals für das Jahr 1992 gültig sei und sie – solange sie nicht widerrufen sei – auch für alle darauffolgenden Jahre gelte.
Das Finanzamt legte ebenso wie bereits im Vorjahr im Einkommensteuerbescheid 1995 vom 09.04.1996 bei den sonstigen Einkünften einen Betrag in Höhe von 16.600 DM (Einnahmen aus Unterhaltsleistungen in Höhe von 16.800 DM abzüglich eines Werbungskostenpauschbetrages in Höhe von 200 DM) zugrunde.
Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete die Klägerin damit, eine Steuerpflicht für Unterhaltsleistungen gemäß § 22 Nr. 1 a EStG könne nur soweit gehen, wie die Unterhaltsleistungen gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abgezogen werden könnten. Dies sei 1995 voraussichtlich nur in Höhe von 2.000 DM der Fall. Wieviel hänge letztlich von der noch durchzuführenden Veranlagung bei J. K. aufgrund der von ihm noch zu erstellenden Einkommensteuererklärung 1995 ab. Durch einen Hausneubau habe sich dessen steuerliche Lage so verändert, daß er eventuell bei sich weniger Steuern sparen könne als er an sie erstatten müsse, wenn er die volle Höhe von 16.800 DM geltend mache.
Mit Schreiben vom 15.05.1996 forderte das Finanzamt die Klägerin auf, eine Bescheinigung (ggf. Steuerbescheid) über die Höhe der beim Geber „insoweit” abzugsfähigen Unterhaltsleistungen bis zum 10.06.1996 vorzulegen. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach. Daraufhin wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück, weil die Unterlagen nicht eingereicht worden seien und vom Finanzamt auch anderweitig nicht beschafft werden könnten (Einspruchsentscheidung vom 21.06.1996).
Zur Begründung der hiergegen eingelegten Klage wiederholt die Klägerin ihre im Einspruchsverfahren geäußerte Rechtsauffassung und wies ergänzend darauf hin, daß ihr Prozeßbevollmächtigter, der auch Bevollmächtigter von J. K. sei, in einem unmittelbar an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom 25.07.1996 darauf hingewiesen habe, daß J. K. an sie zwar 16.800 DM Unterhalt gezahlt habe, in seiner beim Finanzamt … unter der Steuernummer … eingereichten Einkommensteuererklärung 1995 nur 668 DM Sonderausgaben für Unterhaltszahlungen geltend gemacht habe. Jeder höhere Betrag hätte sich zum Nachteil von J. K. ausgewirkt wie ein Belastungsvergleich zeige. Zu den Einzelheiten des Belastungsvergleichs wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 14.08.1996 verwiesen.
Die Klägerin trug im übrigen vor, das Finanzamt meine zu Unrecht, die Einkünfte seien bei ihr in Höhe der zugeflossenen Beträge zu versteuern, weil der Leistende seinen Antrag (auf Sonderausgabenabzug) gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht zurücknehmen könne. Hier verkenne das Finanzamt, daß der Leistende seinen Antrag nicht zurückgenommen oder eingeschränkt habe, sondern ihn in der Steuererklärung 1995 in Höhe von 668 DM gestellt habe. Er könne doch nicht gezwungen sein, einen für ihn ungünstigen Antrag zu stellen, nur weil er im Vorjahr einen Antrag in Höhe von 16.800 DM gestellt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 14.08.1996 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1995 vom 09.04.1996 sowie unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21.06.1996 d...