Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietaufwendungen nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung
Leitsatz (redaktionell)
Mietaufwendungen für eine ursprünglich für eine doppelte Haushaltsführung genutzte Wohnung können auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer einer neuen Arbeitsplatzsuche als (vorweggenommene) Werbungskosten abgezogen werden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, S. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, bis wann Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses abzugsfähig sind.
Der Kläger wurde für das Streitjahr 2015 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Seinen Lebensmittelpunkt hatte er unstreitig ganzjährig in A-Stadt (NRW), ging aber einer Beschäftigung in Berlin nach. Zu diesem Zweck hatte er dort eine Wohnung angemietet. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber zum 31.8.2015 gekündigt. Bis Dezember 2015 bewarb sich der Kläger bei insgesamt 72 Arbeitgebern im gesamten Bundesgebiet und in der Schweiz. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Beklagten angefertigte Aufstellung (Bl. 25 f. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Drei dieser Arbeitgeber hatten ihren Sitz in Berlin und Umgebung. Diesbezüglich wird auf die vom Kläger eingereichten Bewerbungen vom 21.9.2015, 1.11.2015 und 6.11.2015 (Bl. 17R ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Nachdem der Kläger im Dezember 2015 eine Zusage für eine Stelle in C-Stadt (Hessen) zum 1.1.2016 erhalten hatte, kündigte er die Mietwohnung in Berlin fristgemäß zum 29.2.2016.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2015 machte der Kläger Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Berlin in folgendem Umfang geltend:
Miete 1-9/2015: 9 * 225,99 € |
2.033,91 € |
Miete 10-12/2015: 3 * 240,11 € |
720,33 € |
Stadtwerke |
294,00 € |
Rundfunkgebühr |
105,00 € |
Zweitwohnungsteuer |
82,05 € |
Nachzahlung Betriebskosten |
185,45 € |
Stapelkarre |
52,50 € |
Saturn |
139,00 € |
Summe |
3.612,24 € |
Auf Nachfrage des Beklagten im Veranlagungsverfahren gab der Kläger an, die Wohnung in Berlin erst zu Ende Februar 2016 gekündigt zu haben, da er gehofft habe, in Berlin eine neue Stelle zu erhalten und verwies auf die noch im November 2015 erfolgten Bewerbungen.
Der Beklagte berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 2015 lediglich folgende Werbungskosten des Klägers in Bezug auf seine doppelte Haushaltsführung:
Miete 1-11/2015: 11 * 225,99 € |
2.500,01 € |
Stadtwerke |
294,00 € |
Rundfunkgebühr |
80,00 € |
Zweitwohnungsteuer |
82,05 € |
Summe |
2.956,06 € |
Zur Begründung führte er aus, dass Mietkosten lediglich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für den Mietvertrag und damit noch für drei Monate nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses anerkannt werden könnten. Die Mieterhöhung ab Oktober, die Betriebskostennachzahlung und über 80 € hinausgehende Rundfunkgebühren seien nicht nachgewiesen. Kosten der Stapelkarre und der Saturn-Rechnung seien nicht nachvollziehbar.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, dass die Miete auch über den 30.11.2015 hinaus als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig sei. Hierfür spreche, dass er unmittelbar nach Zusage einer neuen Arbeitsstelle die Wohnung in Berlin gekündigt habe. Ferner verweist er auf das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 1.6.2017 (3 K 3278/14).
Der Kläger reicht ferner Zahlungsnachweise nach, aus denen sich die Mietzahlung in der beantragten Höhe (bis einschließlich September 225,99 € und ab Oktober 240,11 € monatlich) sowie die Betriebskostennachzahlung in Höhe von 185,45 € ergeben. Einen über die belegten Rundfunkgebühren in Höhe von 80 € hinausgehenden Beleg reicht er nicht ein. Die Kosten der Stapelkarre und der Saturn-Rechnung macht er nicht mehr geltend.
Daraus ergibt sich folgende begehrte Werbungskostenerhöhung:
beantragte WK laut Erklärung |
3.612,24 € |
Stapelkarre |
-52,50 € |
Saturn |
-139,00 € |
verbleiben |
3.420,74 € |
vom Beklagten berücksichtigt |
2.956,06 € |
Differenz |
464,68 € |
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 23.2.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6.12.2017 dahingehend zu ändern, dass um 464,68 € höhere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit als bisher berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist darauf, dass sich der Kläger bei einer Vielzahl von Firmen im gesamten Bundesgebiet beworben habe und nur ein Bruchteil davon auf Berlin entfallen sei. Das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg, gegen das ein Revisionsverfahren (VI R 1/18) anhängig sei, betreffe einen anderen Fall, in dem eine Wohnung während des Mutterschutzes und der Elternzeit bei einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis beibehalten worden sei.
In der Sache hat am 27.5.2019 ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet gemäß § 94a Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nach billigem Ermessen ohne mündliche Verhandlung, ...