rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nur eingeschränkte Bilanzänderung, wenn Antrag erst nach dem 1.1.1999 gestellt worden ist
Leitsatz (redaktionell)
Die die Bilanzänderung einschränkende Vorschrift des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG n.F. ist bei verfassungskonformer Einschränkung des § 52 Abs. 9 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 jedenfalls dann für Veranlagungszeiträume vor 1999 anzuwenden, wenn der Antrag auf Bilanzänderung erst nach dem 1.1.1999 gestellt worden ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2, 2 S. 2, §§ 52, 52 Abs. 9, § 6b; AO §§ 180, 180 Abs. 1, 1 Nr. 2a; EStG § 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob nachträglich eine Rücklage nach § 6b Einkommensteuergesetz
(EStG) steuermindernd berücksichtigt werden kann.
Der Kläger (Kl.) war Kommanditist der Firma C KG mit Sitz in … Durch Auseinandersetzungsvertrag vom 03.06.1998 schied er aus der KG aus. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarung wird auf die bei den Steuerakten befindliche Fotokopie des notariellen Vertrages vom 03. Juni 1998 (Urkundenrollen-Nr. 52/1998 des Notars …) vollinhaltlich Bezug genommen.
Am 28.06.1999 reichte die KG die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie die zugrundeliegenden Bilanzen beim beklagten Finanzamt ein. In der Feststellungserklärung erklärte sie im Sonderbetriebsvermögen des Kl. einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn i.H.v. 858.066 DM. Neben dem Veräußerungsgewinn wurde weiter ein Anteil am Gesamtgewinn der KG von 23.000 DM, ein Anteil an dem Ergebnis aus dem Grundstück Langestraße von 2.239,37 DM und anteilige Zinsen aus der Sonderbilanz von ./. 4.611,94 DM erklärt.
Am 06.07.1999 erließ der Beklagte (Bekl.) antragsgemäß einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) stehenden Feststellungsbescheid, den er an den Empfangsbevollmächtigten der KG adressierte und diesem zustellte.
Mit Schreiben vom 08.10.1999 wandte sich der Kl. an den Bekl. und teilte mit, dass er bereits im Laufe des Jahres 1998 aus der KG ausgeschieden sei. Der in der Feststellungserklärung der KG ausgewiesene Veräußerungsgewinn entfalle im Wesentlichen auf die Veräußerung von Grundbesitz. Er beantrage deshalb, den Gewinn i.H.v. 807.929 DM in eine Rücklage nach § 6 b Einkommensteuergesetz (EStG) einzustellen. Daneben seien bisher noch nicht geltend gemachte Rechts- und Beratungskosten i.H.v. 35.000 DM steuermindernd zu berücksichtigen.
Am 26.10.1999 gab der Bekl. den inhaltlich nicht geänderten Feststellungsbescheid vom 06.07.1999 auch dem Kl. bekannt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kl. am 05.11.1999 Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, wegen Meinungsverschiedenheiten habe er keinen Kontakt mehr mit den übrigen Gesellschaftern der KG. Er habe deswegen nicht gewusst, dass ein Jahresabschluss für die KG beim Finanzamt eingereicht worden sei. Aus diesem Grund habe er keine Gelegenheit gehabt, der KG die von ihm beabsichtigte Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG mitzuteilen. Die geltend gemachte Rückstellung sei der Höhe nach auf den Betrag von 713.014 DM zu beschränken, da sie ausschließlich aus dem Veräußerungsgewinn des Grundstücks … gebildet werden könne.
Der Bekl. erließ aufgrund des Einspruchs am 31.03.2000 einen Änderungsbescheid nach § 164 AO, indem er die vom Kl. nachträglich geltend gemachten Rechts- und Beratungskosten als Sonderbetriebsausgaben i.H.v. 35.100,00 DM berücksichtigte.
Der Bekl. wies den Einspruch des Kl. im Übrigen mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 20.11.2000 als unbegründet zurück. Er vertrat dabei die Auffassung, die Rücklage könne nicht mehr berücksichtigt werden, da die Gesamthandsbilanz der KG nach ihrer Einreichung nicht mehr geändert werden könne. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die EE Bezug genommen.
Mit der am 18.12.2000 erhobenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Er vertritt die Auffassung, § 4 Abs. 2 S. 2 EStG stehe weder in der früheren noch in der jetzt gültigen, rückwirkend anzuwendenden Fassung, der Bildung einer Rücklage nach § 6 b EStG durch den Kl. entgegen. Die Bildung der Rücklage führe nicht zu einer Änderung der Bilanz der KG, da er, der Kl., am Bilanzstichtag kein Gesellschafter der KG mehr gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe es für ihn deshalb keine Ergänzung oder Sonderbilanzen mehr geben können, die Bestandteil des Abschlusses der KG gewesen wären. Darüber hinaus sei im Streitfall zu berücksichtigen, das § 4 Abs. 2 S. 2 EStG neue Fassung (n.F.) wegen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot einer echten Rückwirkung auf den vorliegenden Fall ohnehin nicht anwendbar sei. Vorliegend gehe es um eine Bilanz per 31.12.1998, steuerlich also um den Veranlagungszeitraum 1998. Die verschärfende Änderung des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG sei jedoch erst durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 vorgenommen worden, das erst am 04.03.1999 ergangen sei. Gemäß § 52 Abs. 9 EStG sei es gleichwohl auf alle Änderungen auch früherer Bilanzen anwendbar. Der Streitfall sei daher zumindest nach der bishe...